NGG-SERIE (10): Kampf um Lohngleichheit für „Felix-Frauen“ – Ein beispielhaftes Verfahren für Gleichberechtigung

Die Kolleginnen von Felix hatten fünf Jahre lang für Lohngleichheit beim Schwerter Erdnussröster gekämpft.
Die Kolleginnen von Felix hatten fünf Jahre lang für Lohngleichheit beim Schwerter Erdnussröster gekämpft.

Anlässlich des 150. Jahrestages der Gründung der ersten deutschlandweiten Gewerkschaft  – dem Allgemeinen Deutschen Zigarrenarbeiterverein – wird Nordstadtbogger.de in den nächsten Wochen aus der 165-jährigen Geschichte der Dortmunder Sektion berichten, aus der später die NGG entstanden ist.

Der Kampf der „Felix-Frauen“ um mehr Lohngleichheit sorgte Anfang der 90er Jahre bundesweit für Aufsehen. Obwohl sie vor dem Bundesarbeitsgericht  verloren, war das Verfahren beispielhaft auch für andere Bereiche der NGG.

Ein fünfjähriger Kampf der Frauen „mit stumpfen Waffen“

Die Kolleginnen von „Felix“ waren wütend und enttäuscht. Sie hatten fünf Jahre lang für Lohngleichheit beim Schwerter Erdnussröster gekämpft und wurden wegen juristischer Finessen um die Früchte ihres Kampfes gebracht.

Sie hatten „mit stumpfen Waffen“ gekämpft, wie eine Zeitung spitzfindig feststellte. Dass sie also moralisch im Recht waren, konnte kein wirklicher Trost sein. Denn den 120 Frauen von Felix ging es um nichts geringeres als die Lohngleichheit zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

Der Rechtstreit begann im Jahr 1990. Damals stellte „Felix“ Männer für zusätzliche Nachtschichten im Verpackungsbereich ein, weil das Nachtarbeitsverbot für Frauen noch bestand. Ironie der Geschichte: Die Männer, die von ihren weiblichen Kolleginnen eingearbeitet wurden, bekamen nicht nur einen Nachtzuschlag, sondern wurden auch zwei Lohngruppen höher vergütet als die Frauen.

„Felix-Frauen“ waren nur moralisch im Recht, nicht juristisch

Das brachte die Kolleginnen auf die Barrikaden. Sie klagten vor dem Arbeitsgericht Dortmund auf Gleichbehandlung, wollten so gut bezahlt werden wie ihre männlichen Kollegen.

Was dann folgte, war eine fünfjährige juristische Karussellfahrt. Nachdem das Arbeitsgericht Dortmund in verschiedenen Kammern verschiedene Urteile fällte, gab das Landesarbeitsgericht Hamm 1993 den klagenden Frauen Recht. Im August 1995 wurde das LAG-Urteil vom Bundesarbeitsgericht (BAG) aufgehoben – die Frauen hatten endgültig verloren.

Sie mussten bitter erfahren, was es bedeutet, dass „Recht haben“ und „Recht bekommen“ verschiedene Dinge sind. Obwohl die BAG-Richter mehr oder weniger zugaben, dass „Felix“ die Frauen benachteiligte, folgten sie der Begründung der Firmenanwälte, die Männer seien nicht ausschließlich und auch nur vorübergehend in der Verpackung eingesetzt gewesen; in der übrigen Zeit hätten sie körperlich schwere Produktionsarbeiten erledigt.

In vielen Betrieben wurden Frauen ausschließlich in untere Lohngruppen eingestuft 

Bei aller Enttäuschung über das BAG-Urteil: Die Kolleginnen von „Felix“ haben stellvertretend für Frauen in anderen Betrieben auf ein wichtiges Problem aufmerksam gemacht: In vielen Betrieben werden Frauen ausschließlich in die unteren Lohngruppen eingestuft und allein darin liegt schon eine Diskriminierung.

Nicht zuletzt deshalb war dieser Prozess für die NGG ein beispielhaftes Verfahren. Die Klägerinnen hätten die diskriminierende Einstellungspraxis angreifen und nicht nur eine bessere Vergütung verlangen müssen.

HINTERGRUND:

  • Der Kampf der „Felix-Frauen“ sorgte dafür, dass Anfang der 90er Jahre die Eingruppierung von Frauen in unteren Lohngruppen („Leichtlohngruppen“) breit gewerkschaftlich aufgegriffen worden ( z.B. Heinze Frauen).
  • Es hat öffentlichkeitswirksame juristische Auseinandersetzungen gegeben und Auswirkungen auf die Gestaltung der Tarifverhandlungen gehabt. Betriebsräte haben sich engagiert.
  • Arbeitgeber haben danach eine derart krasse Ungleichbehandlung wie bei „Felix“ unterlassen. Aber auch die Schutzrechte für Frauen (Nachtarbeitsverbot) sind teilweise abgebaut worden.
  • Das Problem der Ungleichbehandlung von Frauen bei der Entlohnung ist nicht beseitigt, siehe Aktionen zum Equal-Pay-Day. Die Unterschiede in der Entlohnung zwischen Männern und Frauen betragen 22 Prozent.

Die früheren Teile der Serie auf nordstadtblogger.de:

 

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