Mit 21 Objekten: Bewerbung „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ als UNESCO-Weltkulturerbe geplant

Luftaufnahme des Dortmunder Hafens aus 2013: Unterhalb der Hafenbecken ist der Autobahnzubringer OWIIIa, am oberen Rand ist im Hintergrund das IKEA-Europalager zu erkennen. Foto: Hafen AG
Luftaufnahme des Dortmunder Hafens 2013: Auch dieses Gebiet steht auf der Liste besonders repräsentativer und prägender Elemente, mit der sich die Stadt um den Status des UNESCO-Weltkulturerbes bewerben will.

Die „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ soll UNESCO-Weltkulturerbe werden. Die in Dortmund ansässige „Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur“ möchte das Projekt 2023 als Vorschlag des Landes NRW auf die deutsche Vorschlagsliste (die sogenannte „Tentativliste“) der Kulturministerkonferenz setzen, aus der die spätere Bewerbung bei der UNESCO resultiert. Der Verwaltungsvorstand unterstützt – im Grundsatz – die Bewerbung.

Ludger Wilde: „Wir machen das, um die Region nach vorne zu bringen.“

Dortmunds Planungsdezernent Ludger Wilde. Foto: Leopold Achilles

„Wir machen das, um die Region nach vorne zu bringen“, äußert sich Dortmunds Planungsdezernent Ludger Wilde zur geplanten Listenplatzierung. Der Status des Weltkulturerbes könnte zur Auszeichnung der bisherigen und geplanten Entwicklung der Region werden. Zudem sei eine identitätsstiftende Charakterisierung mit der Auszeichnung verbunden, die positive Auswirkungen beispielsweise auf den Tourismus und für Investor*innen in Dortmund haben könnte. ___STEADY_PAYWALL___

Die „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ ist eine der dichtesten und bedeutendsten Industrieregionen der Welt, die sich besonders in der Zeitepoche von 1870 bis 1950 entwickelte. Die durch ehemalige Steinkohlebergwerke, Kokereien und Eisenhütten geprägte Landschaft mit ihrem dichten Verkehrsnetz, einer wasserwirtschaftlichen Infrastruktur und industriebedingten Wohnsiedlungen ist ein herausragendes Beispiel für die technologischen und architektonischen Entwicklungen, die mit der Ansiedlung von Schwerindustrie einhergehen und die Region bis heute in vielerlei Hinsicht beeinflussen. Mit der Bewerbung soll die Einzigartigkeit dieser tiefgreifenden Ära aufgezeigt werden.

Liste mit 21 zumeist denkmalgeschützten Objekten mit hohem Repräsentationswert

Auf dem Dortmunder Stadtgebiet sind u.a. die Zechen Zollern II/IV, Gneisenau, die Kokerei Hansa, der Dortmunder Hafen und die Emscher als prägende Elemente und als Teil der „Industriellen Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ vorgesehen. Die Liste umfasst insgesamt 21 Komplexe auf dem Dortmunder Stadtgebiet (Auflistung am Ende des Artikels).

Zeche Zollern Dortmund
Ein Monument der Industriekultur in Dortmund, die Zeche Zollern. Archivfoto: Carmen Körner

„Die Liste umfasste ursprünglich mehr als 130 Objekte. Schließlich wurden für die Region besonders repräsentative Objekte ausgesucht. Hierbei wurde unter anderem auch auf infrastrukturelle Gegebenheiten wie beispielsweise Schiene-Wasser-Verbindung Wert gelegt“, erläutert Ludger Wilde einige Auswahlkriterien.

Denn für eine Erhebung der Region in den Status des Weltkulturerbes sei die Rolle der Verkehrsträger und -netze entscheidend. Diese Entwicklungen habe man in der Vergangenheit nicht derart im Fokus gehabt, jedoch gewinne die Planung einer Bandinfrastruktur, also der Bündelung von Verkehrs- und Versorgungssträngen in einer Region immer mehr an Bedeutung.

Die meisten der ausgewählten Objekte stehen unter Denkmalschutz. Sollte das Ruhrgebiet den UNESCO-Welterbestatus erhalten, wird es in Zukunft darum gehen, die unter Schutz gestellten Elemente zu erhalten und bei allen zukünftigen Planungen auch angemessen zu berücksichtigen. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt aber völlig offen, welches Projekt auf der „Tentativliste“ vorne steht und bei der UNESCO als bundesdeutsches Projekt vorgeschlagen wird. 

Wenn der Dortmunder Stadtrat im Februar zustimmt, geht die Vorschlagsliste über die Denkmalstiftung ans Land. Das Land wird dann die Tentativliste erstellen. Anschließend wird bundesweit geschaut, was man anmeldet.

Folgende Elemente, ganz oder teilweise auf dem Dortmunder Stadtgebiet, sind als Teil der „Industriellen Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ vorgesehen:

  1. Ruhr KM 0,0 (Mündung) – Grenze RVR-Gebiet (Fröndenberg) KM 124
  2. Zeche Zollern II/IV
  3. Zeche Gneisenau, Schacht 2 (Fördergerüst mit Schachthalle) und Schacht 4 (Fördergerüst mit Maschinenhäusern)
  4. Zeche Hansa, Schacht 3 (Fördergerüst mit Maschinenhaus)
  5. Kokerei Hansa (inkl. Eisenbahn, Emscherbrücke, Gasleitung)
  6. Dortmunder Union, Verwaltungsgebäude (Rheinische Straße)
  7. Spitzkegelhalden Hallerey
  8. Emscher Hauptlauf
  9. Oberer Verlauf der Emscher
  10. Pumpwerk Evinger Bach
  11. Köln-Mindener-Eisenbahn (Hauptlinie): Hamm – Duisburg (RVR-Grenzen)
  12. Bergisch-Märkische Eisenbahn (Stammlinie): Hagen Hbf – Witten – Dortmund Hbf
  13. Bergisch-Märkische Eisenbahn (Hellweglinie): Dortmund Hbf – Bochum – Essen – Mülheim – Duisburg Hbf
  14. Rheinische Bahn (Hauptlinie): Rheinhausen – Mülheim – Essen Nord – Bochum – Dortmund – Hagen (bis Haus Harkorten)
  15. Emschertalbahn
  16. Dortmund-Ems-Kanal (Dortmund – Henrichenburg – Lippe-Überführung)
  17. Hafen Dortmund
  18. Hafen Dortmund: Verwaltungsgebäude
  19. Verwaltungsgebäude der Schifffahrtsgesellschaft Rhenus/WTAG („Haus Schiffahrt“)
  20. Siedlung Kolonie Landwehr
  21. Polder Bergsenkungssee Hallerey

 

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Reaktionen

  1. CDU steht für Aufbruch, Innovation und Transformation – Ratsfraktion lehnt Bewerbung zum UNESCO-Weltkulturerbe ab (PM)

    CDU steht für Aufbruch, Innovation und Transformation –
    Ratsfraktion lehnt Bewerbung zum UNESCO-Weltkulturerbe ab

    Auf Initiative der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur plant die Stadt Dortmund, sich als Teil der „Industriellen Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ für den Titel UNESCO – Weltkulturerbe zu bewerben.
    Die CDU spricht sich gegen die Bewerbung aus und warnt vor Nachteilen für die zukünftige Stadtentwicklung. Ganz im Gegenteil, erwartet die CDU deutlich stärkere Aktivitäten der Stadt und der Region, um Dortmund und das Ruhrgebiet als Standort für Aufbruch, Innovation, Wissenschaft und Transformation in der Vermarktung in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit und von Investoren zu rücken.

    „Das Image des Ruhrgebiets wird in der Öffentlichkeit vielfach verzerrt und falsch dargestellt und wahrgenommen. Diese Bewerbung birgt sehr deutlich das Risiko, das Ruhrgebiet in der öffentlichen Wahrnehmung als Museum zu platzieren anstatt als Ort der Innovation, des Aufbruchs und der Transformation. Die CDU ist stolz auf die große Geschichte Dortmunds und der Region als In- dustrieregion mit den Themen Stahl, Kohle oder Bier. Genauso unterstützen wir alle sinnvollen Anstrengungen, den Strukturwandel nach dem Niedergang dieser Industrien zu bewältigen und begleiten diesen auch zukünftig.

    Die Region dem Diktat eines Weltkulturerbes und den damit verbundenen Restriktionen zu unterwerfen, ist aus Sicht der CDU dabei nicht hilfreich. Erfahrungen, die andere Orte wie Dresden mit der Feldschlößchenbrücke oder die Montanregion Erzgebirge gemacht haben bzw. machen, bestärken uns in unserer Haltung. So wer- den zum Beispiel die Einschränkungen durch Vorgaben bezüglich einzuhalten- der Pufferzonen und des Schutzes von Sichtachsen bei vorgeschlagenen Objekten aus Sicht der CDU auf Seiten der Verwaltung unterschätzt“, befürchtet Waßmann.

  2. Dirk Becker

    Ein Glückwunsch an die Verwaltung für diesen sinnvollen Bewerbungs-Vorschlag! Es wird Zeit, diese Schätze der Region wieder ins Bewusstsein zu holen. Für den Tourismus würde die Anerkennung als Weltkulturerbe einen enormen Schub bringen. Hinzu kämen UNESCO-Fördermittel, für Erhalt und Pflege der vielen denkmalgeschützten Gebäude. Wirtschaftlich würde die ganze Region davon profitieren. Ich hoffe der Rat erkennt diese großartige Chance und folgt dem Vorschlag zur Bewerbung! Erhalt und Wertschätzung des industriellen Erbes und der Aufbruch in eine neue Zukunft lassen sich hier ganz wunderbar verbinden!

  3. Ein JA für das Welterbe-Projekt „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ Ruhrparlament beschließt mehrheitlich die Unterstützung der Bewerbung (PM)

    Ein JA für das Welterbe-Projekt „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“
    Ruhrparlament beschließt mehrheitlich die Unterstützung der Bewerbung

    „Mit diesem positiven Votum hat das Ruhrparlament den Weg für ein großartiges, zukunftsbezogenes und in jeder Hinsicht nachhaltiges Gemeinschaftsprojekt des Ruhrgebiets geebnet“, freut sich Ursula Mehrfeld, Geschäftsführerin der federführenden Stiftung Industriedenkmalpflege Geschichtskultur zusammen mit ihren Projekt-Partnern. „Wir sind bereit, den Dialog mit der Region und den Kommunen fortzusetzen, um das Potenzial der Industriellen Kulturlandschaft Ruhrgebiet weiter zu heben mit dem Ziel einer Eintragung in die UNESCO-Welterbeliste.“

    Der mehrheitlich gefasste Beschluss des Ruhrparlaments (25.06.2021), der die Unterstützung der Bewerbung zusagt, ist ein klares Zeichen in Richtung NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach. Sie hatte im Rahmen des laufenden NRW-Interessenbekundungsverfahrens zur Fortschreibung der Deutschen Tentativliste für die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste die politischen Beschlüsse des Ruhrparlaments sowie der Kommunen erbeten. Auf dieser Grundlage und auf der Basis des Abschlussberichts der NRW-Fachjury will ihr Haus die Entscheidung treffen, ob der Ruhrgebietsvorschlag für das Verfahren auf Bundesebene an die Kultusministerkonferenz weitergeleitet wird.

    Die NRW-Fachjury bestätigt in ihrem Abschlussbericht das Potenzial zum außergewöhnlichen universellen Wert der Industriellen Kulturlandschaft Ruhrgebiet. Sie sieht zugleich die Notwendigkeit umfänglicher Modifizierungen, zweifelt aber deren Umsetzbarkeit bis Oktober 2021 an.

    „Unsere Bewerbung und der methodische Ansatz sind so konzipiert, dass wir flexibel und kurzfristig auf unterschiedliche Eingaben z.B. aus der Region und den Kommunen, aus Jury-Beurteilungen und später auch auf Empfehlungen von ICOMOS, dem Internationalen Rat für Denkmalpflege als beratende Organisation der UNESCO, reagieren können. Solche Eingaben sind“, so Mehrfeld, „stets Bestandteil eines Bewerbungsprozesses; sie werden jetzt und in Zukunft berücksichtigt.“ Aufgrund der datenbankgestützten Arbeitsmethode sowie einer detaillierten geodatenbasierten GIS-Kartierung können Hinweise schnell verarbeitet werden. Der Befürchtung, dass die Zeit für die Umsetzung von Empfehlungen zu knapp ist, widersprechen wir deshalb ausdrücklich“, so Mehrfeld.

    Nun gilt es, die Entscheidung der NRW-Heimatministerin abzuwarten. Die Bedeutung der Stätten der Industriekultur „für unsere nationale und auch europäische Geschichts- und Erinnerungskultur“ erfuhr mit dem vom Bundestag am 24.06.2021 angenommenen Antrag zur gezielten Förderung der Industriekultur in Deutschland eine besondere Würdigung. Ein JA von Seiten der Landesregierung zur Bewerbung „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“, die auf eine Inwertsetzung der Industriekultur und die damit verbundenen weltweit vorbildlichen Transformationsleistungen im Ruhrgebiet zielt, würde diese hohe Bedeutung einmal mehr bekräftigen.

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