Mehr als „nur“ Solidarität: Städtepartnerschaft zwischen Dortmund und Schytomyr in der Ukraine

Der Stadtrat gibt mit großer Mehrheit grünes Licht für die elfte Partnerstadt

Der Dortmunder Stadtrat hat mit großer Mehrheit für die neue Städtepartnerschaft mit der ukrainischen Stadt Schytomyr gestimmt. Foto: Alex Völkel für nordstadtblogger.de

Der Rat der Stadt Dortmund hat mit großer Mehrheit grünes Licht für die Begründung einer offiziellen Städtepartnerschaft zwischen Dortmund und der ukrainischen Stadt Schytomyr gegeben. Die Partnerschaft ist als Ausdruck konkreter Solidarität mit der Ukraine zu verstehen, nachdem bereits seit März 2022 eine Solidaritätspartnerschaft zwischen beiden Städten besteht. Die offizielle Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde ist für Juli in Dortmund geplant. Schytomyr wird damit die elfte Partnerstadt Dortmunds.

„Unsere Solidarität mit der Ukraine ist kein Symbol, sie ist eine Haltung“

Fabian Erstfeld (SPD) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Fabian Erstfeld (SPD) eröffnete die Debatte mit einem eindringlichen Plädoyer: „Unsere Solidarität mit der Ukraine ist kein Symbol, sie ist eine Haltung.“ Er betonte, dass Dortmund bereits kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs aktiv geworden sei und dass Schytomyr eine Stadt sei, die Dortmund in vielerlei Hinsicht ähnele – als Industrie-, Technologie- und Wissenschaftsstandort. ___STEADY_PAYWALL___

Besonders bewegend sei für ihn, dass er noch heute täglich durch eine Luftalarm-App auf die Realität des Krieges aufmerksam gemacht werde. „Die Menschen in der Ukraine sind noch immer jeden Tag unermesslichen Leids ausgesetzt“, erinnerte er. Die Städtepartnerschaft sei daher nicht nur ein Zeichen der Freundschaft, sondern auch „ein Bekenntnis an unsere Dortmunder Bürger:innen“, von denen viele aus der Ukraine stammen, darunter auch Geflüchtete aus Schytomyr.

Katrin Lögering (Grüne) Foto: Alex Völkel für nordstadtblogger.de

Katrin Lögering (Grüne) erinnerte emotional an den Besuch einer Dortmunder Delegation im Sommer zuvor: „Wahre Freunde lernt man in der Not kennen“, habe der damalige Bürgermeister Schytomyrs gesagt – ein Satz, der ihr im Gedächtnis geblieben sei. Sie hob die bestehenden zivilgesellschaftlichen, medizinischen und kulturellen Verbindungen zwischen beiden Städten hervor – darunter Kooperationen des Klinikums Dortmund, der Jüdischen Gemeinde und des Vereins „Grenzenlose Wärme“.

Besonders hob sie die Nachhaltigkeitsbemühungen Schytomyrs hervor, etwa die vollständige Umrüstung auf LED-Straßenbeleuchtung. Auch sei die Stadt trotz der kriegerischen Lage stark von zivilgesellschaftlichem Engagement geprägt. „Diese Städtepartnerschaft ist für unsere Stadt etwas ganz Besonderes – ein lebendiges Zeichen für Frieden, Zusammenarbeit und internationale Verbundenheit.“

„Freiheit, Menschlichkeit und Solidarität – gerade im Krieg“

Manfred Sauer (CDU) Foto: Alex Völkel für nordstadtblogger.de

Dortmunds Ex-Bürgermeister Manfred Sauer (CDU) erinnerte an die Werte „Freiheit, Menschlichkeit und Solidarität – gerade im Krieg“.

Als jemand, der die Ukraine bereits vor dem Krieg kannte und mit in Schytomyr war, betonte der 80-jährige CDU-Politiker, dass man sich „von einem Kriegstreiber nicht unterstützen“ lasse. Dies war ein deutlicher Seitenhieb gegen die AfD, die sich in der Diskussion ablehnend positionierte.

Utz Kowalewski (Die Linke+) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Utz Kowalewski (Die Linke+) unterstrich, dass Solidarität mit der Zivilbevölkerung im Mittelpunkt stehe. Die Städtepartnerschaft sei Ausdruck dieser Haltung und unterstütze die kommunalen Strukturen vor Ort.

Zugleich würdigte er den Umgang mit der Partnerschaft zu Rostow am Don, die derzeit ruht, aber nicht aufgehoben ist: „Damit wir nach dem Krieg einen Beitrag zur Versöhnung leisten können.“ Besonders wichtig sei ihm, dass auch die gemeinsame NS-Vergangenheit als Teil dieser Partnerschaft aufgearbeitet werde.

Michael Kauch (FDP/ Bürgerliste) Foto: Alex Völkel für nordstadtblogger.de

Michael Kauch (FDP/Bürgerliste) lobte insbesondere die Arbeit des Teams für internationale Beziehungen und bezeichnete den professionellen Aufbau der Städtepartnerschaft als vorbildlich.

Zur Partnerschaft mit Rostow äußerte er jedoch Skepsis: „Ich bin nicht überzeugt, dass man einfach weitermachen kann, als sei nichts gewesen.“ Dies müsse der nächste Rat sorgfältig abwägen.

Eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit einer Stadt in Europa

Heiner Garbe (AfD) Foto: Alex Völkel für nordstadtblogger.de

Heiner Garbe (AfD) lehnte die Partnerschaft scharf ab. In einem provokanten Beitrag bezeichnete er die Fürsprecher der Partnerschaft als „Kriegstreiber“ und kritisierte sie als heuchlerisch.

Er äußerte sich auch abfällig über die Klimaschutzziele, die mit der Partnerschaft verbunden seien, und bezeichnete sie als „Spinnerei“. Oberbürgermeister Thomas Westphal wies ihn daraufhin zurecht und erteilte einen Ordnungsruf: „In diesem Rat sitzen keine Kriegstreiber.“

Christian Gebel (Volt) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Christian Gebel (Volt) betonte die Wichtigkeit der Partnerschaft auch jenseits der Nothilfe: „Diese Stadt ist sehr weit entwickelt, es geht nicht darum, nur die Basics abzuladen.“

Vielmehr ginge es um eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit einer Stadt in Europa, die modern und engagiert sei. Er sprach sich daher entschieden für eine Weiterentwicklung der Solidaritäts- zu einer formellen Städtepartnerschaft aus.

Olaf Schlösser (Die Partei) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Olaf Schlösser (Die Partei) sprach sehr persönlich über seine Erfahrungen bei einem Besuch in Schytomyr: „Wir waren gerade in einer Schule, als plötzlich die Sirenen heulten. Gemeinsam mit den Kindern flohen wir in einen engen Luftschutzkeller – es war keine Übung.“

Diese Erlebnisse hätten ihm die Bedeutung der Partnerschaft tief ins Bewusstsein gerufen. Sie sei ein Zeichen für Hoffnung, Austausch und eine gemeinsame Zukunft in Frieden und Freiheit.

Dortmund hat künftig elf Partnerstädte auf vier Kontinenten

Der Antrag zur offiziellen Städtepartnerschaft mit Schytomyr wurde mit großer Mehrheit angenommen – bei nur wenigen Gegenstimmen u.a. von der AfD. OB Thomas Westphal zeigte sich erfreut über das klare Votum und kündigte an, dass die Vorbereitungen zur feierlichen Unterzeichnung der Partnerschaft bereits liefen.

Stadtwappen und geographische Lage der Stadt Schytomyr.
Stadtwappen und geographische Lage der Stadt Schytomyr. Screenshot: Wikipedia

Die Stadt Dortmund pflegt mit bislang zehn Städten eine formelle Partnerschaft. In Europa bestehen Städtepartnerschaften mit Amiens (Frankreich), Leeds (Großbritannien), Zwickau (Deutschland), Novi Sad (Serbien) und Trabzon in der Türkei.

Darüber hinaus ist Dortmund offiziell mit Buffalo (USA), Netanya (Israel), Xi’an (China), Rostow am Don (Russland) und Kumasi (Ghana) verbunden. Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ruht der Kontakt nach Rostow am Don.


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