Gelebte Soziokultur im Langen August: Das KCR erfindet sich in der Nordstadt seit Jahrzehnten neu

KommunikationsCentrum Ruhr e.V. oder kurz „KCR“

Das KommunikationsCentrum Ruhr e.V. oder kurz „KCR“ hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder neu erfunden oder erfinden müssen. Es ist als Schwulenzentrum am  Dorstfelder Markt im Mai 1972 gegründet worden und damit das älteste seiner Art in Deutschland. Mitte der 1980´er Jahre kamen dann auch die lesbischen Frauen dazu.

Seit 1982 ist es an seinem jetzigen Ort, dem  „Langen August“, einem soziokulturellen Zentrum in der Braunschweiger Straße in der Nordstadt, beheimatet.  Dort haben sich in Laufe der Jahrzehnte viele Gruppen angesiedelt und wieder aufgelöst, aber das KCR ist noch immer da. „Wir sind stolz, so lange Zeit unabhängig von institutioneller Förderung ein Zentrum aus eigener Kraft zu betreiben. Inzwischen bringen wir dafür immerhin mehr als 30.000 € jährlich auf“, betont Wolfgang, einer der drei Vorstände.

Gemeinnütziger Verein mit Sitz in der Nordstadt zählt rund 200 Mitglieder 

Langer August - Protest gegen pro Deutschland
Der Lange August in der Braunschweiger Straße -ist auch die Heimat des KCR. Archivfoto: Alex Völkel

Rund 200 Mitglieder zählt der Verein. Er hatte sich einst gegründet, um einen geschlossenen und sicheren Raum zum Kennenlernen und Austauschen zu haben. Heute sind die Aufgaben andere. „Bei den Jugendlichen hat sich das arg gewandelt. Früher war das hier die einzige Möglichkeit, sich zu treffen“, sagt Wolfgang, während er mit anderen Vereinsmitgliedern beim „Kaffeeklatsch“ sitzt. „In Großstädten war und ist das vor allem für Schwule leichter als auf dem Land.“

1972 wäre es undenkbar gewesen, dass es ein schwullesbisches  Jugendzentrum gibt. Heute hat Dortmund das „Sunrise“ in Trägerschaft des SLADO ,in dem sich Schwule, Lesben und Transidente im Teenie- und Schüleralter im „Haus der Jugend“ treffen können. Ganz abgesehen davon hat das Internet das Freizeit- und Dating-Verhalten grundlegend verändert .Allerdings ist nicht alles freizügiger und zwangloser geworden, wie man allgemein so denkt. Hier gibt es einen Sinneswandel: „Die Jugendlichen sind deutlich prüder geworden“, gibt Willi zu bedenken. Er ist Lehrer und gibt Sexualkundeunterricht. Er hat eine deutliche Umkehr festgestellt im Vergleich zu den 90er-Jahren.

Aufklärungs- und Toleranz-Projekt

Daher bleibt das KCR auch heute wichtig. Ein wesentlicher Eckpfeiler ist das Aufklärungs- und Toleranz-Projekt. Federführend sind hier die RainbowBorussen, die sich auch im KCR treffen. Die gesundheitliche Aufklärung und psycho-soziale Beratung von Männern läuft im Projekt „Pudelwohl“, das der KCR gemeinsam mit der Aidshilfe Dortmund e.V. trägt. Das Gesundheitsamt der Stadt Dortmund ist Kooperationspartner.  Die Beratung für lesbische Frauen läuft seit dem 1. Mai 2014 im Projekt „LeBeDo“in der Trägerschaft des KCR in der Goethestraße.

Im KCR gibt es heute Onlineangebote: Beratung und Infos rund ums Schwulsein bekommen Hilfesuchende unter der Telefonnummer: 0231/832263 und unter www.pudelwohl-dortmund.de. Die Lesbenberatung ist per eMail: frauenberatung@kcr-dortmund.de und unter der neuen Homepage von LEBEDO zu erreichen.

Veranstaltungs- und Kulturangebote machen das KCR aus

Eine weitere tragende Säule sind die Veranstaltungs- und Kulturangebote. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen wie Lesungen, Vorträge, Theater und Musik gibt es in der Nordstadt-Einrichtung, zumindest dann, wenn es der prall gefüllte Terminkalender zulässt. Denn an sieben Tagen die Woche gibt es Gruppen und offene Angebote. Selbstverwirklichung und gemeinsame Freizeitgestaltung war von je her eine Hauptaufgabe des KCR, erinnert Wolfgang.

Selbstverwirklichung und gemeinsame Freizeitgestaltung sind wichtig

Gedenkfeier zum Antikriegstag in der Steinwache
Gedenken an die schwulen Opfer des NS-Terrors: Frank Siekmann und Dr. Frank Ahland  legen am Antikriegstag in der Steinwache einen Kranz nieder. Foto: Alex Völkel

Montags um 20 Uhr heißt es „sang&klang:los!“ Dann probt der lesbisch-schwule Chor des KCR. Dienstags und mittwochs finden Tanzkurse oder Tanzabende auf unterschiedlichem Niveau  statt.

Die Improtheater-Gruppe trifft sich an jeden zweiten und vierten Dienstag eines Monats. Interessierte können die Welt des Improvisationstheaters kennen lernen. Auch Erfahrene sind willkommen, in das lebendige spontane Theater des Augenblicks einzusteigen. Auch der Leitungskreis des SLADO tagt einmal im Monat dienstags im KCR.

Mittwochs um 19 Uhr trifft sich einmal im Monat der Arbeitskreis Geschichte.

An jedem ersten und dritten Donnerstag heißt es ab 20 Uhr „IN & OUT“ für Menschen ab 25 Jahren. Dabei geht es nicht um eine Coming-Out-Gruppe, sondern um die gemeinsame Freizeitgestaltung – mal im KCR, mal im Rahmen von Exkursionen oder gemeinsamen Besuchen von Ausstellungen oder Einrichtungen.

Freitags um 20 Uhr treffen sich im Wechsel Schwule und Lesben: Jeweils am ersten und dritten Freitag eines Monats heißt es „Gay & Gray“ – ein Treffen für Männer, die keine Boys mehr sein wollen. Am zweiten und vierten Freitag findet dann – unabhängig von der Jahreszeit, der „Lesbian Summer“ statt. Dabei handelt es sich um einen offenen Treff für Lesben ab 45, die sich gern mit Lesben ihres Alters treffen möchten. Gibt es einen fünften Freitag, sind alle beim „Offenen Haus“ willkommen: Versprochen wird dann der Start ins Wochenende mit guter Musik und netten Menschen: treffen, klönen, Spaß haben.

Jugendarbeit und geförderte Angebote für Seniorinnen und Senioren

Jeden zweiten und vierten Sonntag ab 16 Uhr heißt es „…aber bitte mit Sahne“. Foto: Dietmar Wäsche
Jeden zweiten und vierten Sonntag ab 16 Uhr heißt es „…aber bitte mit Sahne“. Foto: Dietmar Wäsche

„Wir haben uns lange in Kooperation mit dem SLADO dafür eingesetzt, dass eine Lesbisch-Schwule Altenbegegnungsstätte in das Förderprogramm der Stadt aufgenommen wurde“, berichtet Jürgen. „Wir haben damals mit OB Langemeyer und Sozialdezernent Pogadl verhandelt und sind jetzt anerkannt wie andere freie Träger auch“, freut sich das Vereinsmitglied.

„Sunrise“ hin oder „Gay & Grey“ her, das KCR möchte seine eigene Jugendarbeit nicht aufgeben. Samstags ab 15 Uhr gibt es das JugendKCR – das Angebot für Jugendliche zwischen 14 und 27. Wobei hier die Zielgruppe eher ab 20 ist, räumt Wolfgang ein. Die Gruppe ist im Aufbau.

Wie bei anderen Angeboten auch sind neue Interessierte immer willkommen. Zum Beispiel auch am Samstag ab 18 Uhr. Dann findet der „Offene Samstag“ statt – er ist als offener Treffpunkt und Start ins Wochenende und in die Szene gedacht. Jeden zweiten und vierten Sonntag ab 16 Uhr servieren dann Ehrenamtliche des KCR Kaffee und Kuchen bei „…aber bitte mit Sahne“ – ein geselliges Treffen. An jedem dritten Samstag gibt es dann sogar einen Tanztee mit Standard- und latein-amerikanischen Rhythmen…

Mehr zum vollständigen Programm und dem Verein gibt es im Internet: www.kcr-dortmund.de

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