Vor allem in den Kulturbetrieben gibt es viel prekäre Beschäftigung

Festanstellung statt Honorarvertrag: Politik diskutiert einen Paradigmenwechsel

Vor allem im Musikschulbereich gibt es viele Honorarkräfte, die teils seit Jahren prekär beschäftigt sind. (Symbolbild) Archivfoto: Musikschule Dortmund

Im vergangenen Jahr hatte die SPD-Fraktion erfolglos versucht, die zahlreichen Honorarverträge an der Städtischen Musikschule in sozialversicherungspflichtige Festanstellungen zu überführen. Jetzt gibt es einen neuen Anlauf. Doch der geht dieses Mal von der Verwaltung aus – anknüpfend an den Haushaltsbegleitbeschluss aus dem vergangenen Jahr. Der Grund: Den einzelnen Instituten der Kulturbetriebe fällt es immer schwerer, Honorarverträge überhaupt rechtssicher abzuschließen. Dabei geht es unter anderem um Scheinselbstständigkeit, aber auch eine finanzielle Besserstellung. Insbesondere während der Corona-Lockdowns waren viele Honorarkräfte in massive Schwierigkeiten geraten.

Die Verwaltung will endlich Rechtssicherheit schaffen

Es war abermals an Stadtdirektor Jörg Stüdemann, die zwei Herzen in seiner Brust im Gleichklang schlagen zu lassen. Denn während er als Kämmerer bei der damit verbundenen Ausweitung des Stellenplans Skepsis anmelden muss, muss er als Kulturdezernent endlich Rechtssicherheit schaffen und die Leitungen der Ämter entlasten. Denn eine Rechtfertigung der Honorarverträge ist kaum mehr möglich.

Daher appellierte er eindringlich an die Politik, einen großen Teil der  bisherigen Honorarverträge in feste Arbeitsverhältnisse zu überführen. „Auch wenn es Geld kostet, kann ich nur sehr dringlich ermuntern, in diese Richtung zu gehen. Das Abschließen von Honorarverträgen wird immer schwieriger“, verwies Stüdemann im Kulturausschuss auf die zahlreichen Prüfungen. 

„Es ergeht kein Prüfdurchgang, wo wir nicht nachbessern müssen. Dann müssen wir die Verträge umwandeln oder Nachberechnungen machen. Das ist nicht wenig Geld. „Institutsleitungen tun sich auch schwer, regelmäßig erbrachte Arbeit umzudeklarieren“, so der Stadtdirektor. Dabei gehe u.a. um weisungsgebundene Tätigkeiten, zum Beispiel bei Musikschullehrer:innen und Museumspädagog:innen, aber auch Lehrkräfte in der Volkshochschule. 

Durch eine Umstellung entstehen schrittweise 69 zusätzliche Stellen

Stadtdirektor und Kämmerer Jörg Stüdemann fordert das Land auf, endlich einen Altschulden-Tilgungsfond aufzulegen.
Jörg Stüdemann appellierte eindringlich an die Politik, einen großen Teil der  bisherigen Honorarverträge in feste Arbeitsverhältnisse zu überführen. Archivfoto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Bei unserer Musikschule gibt es den geringsten Anteil von Festbeschäftigten im Ruhrgebiet bzw. in NRW“, stellt Stüdemann heraus. Das könne für Dortmund gravierende Folgen haben. Denn schon die letzte Landesregierung habe dafür gekämpft, in der Musikschullandschaft die tarifgebundene und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu fördern. „Davon hängen auch künftige Förderungen ab“, so der Kulturdezernent. 

Durch die Umstellung von Honorarverträgen würden schrittweise 69 zusätzliche Stellen innerhalb der Verwaltung entstehen. „Das ist nicht billig, schafft aber Rechtssicherheit und Rechtskonformität und deckt sich mit dem, was auf Landesebene initiiert und vorgegeben wird“, so der Stadtdirektor. 

„Wir müssen auch darauf achten, dass beim Abschluss von Honorarverträgen nicht der Vorwurf gemacht wird, wir handelten vorsätzlich dolos“, warnte der Kulturdezernent. Denn bei vielen Honorarkräften werde eigentlich eine Dauerbeschäftigung als Honorarvertrag getarnt. Das habe u.a. bei hausmeisterähnlichen Tätigkeiten in VHS und bei Musikschullehrer:innen in den Schulprojekten zu Klagen geführt.

Daher habe die Verwaltung nun sehr umfangreich und mühselig alle Honorarverträge geprüft, diese führten ab 2023 zu 30,25 zusätzlichen Planstellen in den Kulturbetrieben und 23,25 weiteren ab 2024. Im Theater kämen im kommenden Jahr vier, bei den Sport- und Freizeitbetrieben eine und im Jugendamt 10,55 Planstellen hinzu. 2023 würde das Mehrkosten von 2,35 Millionen Euro bedeuten, die bis zum Jahr 2026 auf 4,2 Millionen Euro auswachsen würden.

Entscheidung wird erst mit dem Haushalt 2023 getroffen

SPD-Ratsfrau Silvya Ixkes-Henkemeier
SPD-Ratsfrau Silvya Ixkes-Henkemeier Foto: SPD-Fraktion Dortmund

„Gleichwohl wird es weitere Honorartätigkeiten geben, bei Ferienspielen oder einzelnen Angeboten in der musikalischen Bildung oder am Theater. Aber eine Dauerbeschäftigung teils über Jahre ist ein risikobehaftetes Manöver“, warnte Stüdemann.

Silvya Ixkes-Henkemeier (SPD) sah sich durch die städtische Vorlage bestätigt: „Alle werden sich erinnern: Wir hatten schon zu den letzten Haushaltsberatungen gewünscht, das Musikschulkräfte angestellt und tarifgebunden beschäftigt werden.“

50 Prozent der Beschäftigten und ein Drittel des Unterrichts erfolge an der Musikschule durch Honorarkräfte. Damals sei das nicht vom Rat goutiert worden. „Sie hätten schon ein Jahr lang in die Rente einzahlen können. Die neue Regelung wäre ein Anfang“, so Ixkes-Henkemeier.

Petra Dresler-Döhmann (Linke+) begrüßt es „ausdrücklich, dass 69 vernünftige Arbeitsverhältnisse entstehen. Wir sind jederzeit dafür zu beschließen, um auch diese Menschen vor Altersarmut zu bewahren und ihnen eine vernünftige Beschäftigung zu ermöglichen“.

Doch eine Empfehlung im Ausschuss bzw. eine Entscheidung im Rat wollten Grüne und CDU noch nicht mitgehen. Sie wollten stattdessen die entgültige Entscheidung in die Hauhaltsplanberatungen schieben. Dann könnten die Auswirkungen auf den Stellenplan insgesamt besser bewertet werden.

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