Erstmals „dick“ in den schwarze Zahlen: Stadt Dortmund fährt einen Jahresüberschuss von 20,3 Millionen Euro ein

Die Topverdiener sitzen nicht im Rathaus, sondern in der Kommunalwirtschaft.
Klingende Kassen im Rathaus: Erstmals gibt es einen signifikanten Überschuss. Doch die Schuldenlast bleibt erdrückend: Auf 1,5 Milliarden Euro belaufen sich die Liquiditätskredite. Entsprechend groß ist das Zinsrisiko. Foto: Alex Völkel

Von Jennifer Pahlke

20.293.336,12 Euro – so hoch ist Dortmunds Jahresüberschuss für das Jahr 2018. Der Oberbürgermeister Ullrich Sierau und die Stadt Dortmund genießen jeden einzelnen Euro, der im Plus gelandet ist. „Wir haben es aus eigener Kraft geschafft, ohne die Hilfe von Frau Kraft.“ So haben sich die Haushaltsabschlüsse der Stadt von massiven Defiziten über die „rote Null“ und die „schwarze“ Null nun erstmals seit den 90er Jahren zu einem signifikanten Überschuss geführt.

Dortmund hat einen Jahresüberschuss und das aus eigener Kraft geschafft

„Besonders wichtig ist, dass wir es aus eigener Kraft geschafft haben“, erklärt Sierau. Im Vergleich zu Städten wie Essen sei Dortmund keine Stärkungspakt-Kommune und hätte so freier agieren können. Denn der Stärkungspakt des Landes schreibt, im Gegenzug zu Konsolidierungshilfen, auch einen klaren Sanierungs- und eisernen Sparkurs vor. Konkret bedeutet das, dass an jeder Ecke gespart werden soll.

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Die Vorschläge sehen zudem den Verkauf von Beteiligungen vor sowie den massiven Personalabbau, unabhängig davon, ob sogar zusätzliches  Personal benötigt würde. Anders in Dortmund: Hier konnte weiterhin investiert werden. Und auch zusätzliche Belastungen für BürgerInnen konnten vermieden werden: Beispielsweise blieben die Grundsteuern über Jahre konstant.

Nun liegt der Jahresabschluss für 2018 auf dem Tisch: „Wir sind bei der Haushaltsaufstellung ursprünglich von einem Fehlbedarf von über 50 Millionen Euro ausgegangen“, erinnert Sierau. Insgesamt handle es sich um eine Verbesserung von über 70 Millionen Euro.

„Wir haben alles im Blick“ – aber die Stadt nicht zugrunde sparen, das ist das Ziel – auch für 2019

Oberbürgermeister Ulrich Sierau bei der nordwärts-Veranstaltung
OB Ulrich Sierau. Foto: Carmen Körner

Die Ursachen: Im Jahr 2018 wurden – anders als im Haushaltsplanentwurf erwartet – 30 Millionen Euro mehr an Gewerbesteuern eingenommen. „Das ist ein wirtschaftlicher Vorsprung vor anderen Städten im Ruhrgebiet und zeigt, dass Dortmund attraktiv für Unternehmen ist“, so Sierau.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Abnahme der Arbeitslosigkeit auf unter zehn Prozent. Denn dadurch sind die Sozialausgaben gesunken – rund zehn Millionen Euro. Auch durch die anhaltend niedrigen Zinsen musste die Stadt 15 Millionen für Zinszahlungen aufwenden. Ebenfalls wichtig: Die eigenen Sparanstrengungen der Stadt und das umgesetzte Memorandumsprojekt haben Früchte getragen – strukturell 68,5 Millionen Euro wurden dadurch eingespart.

2019 blicke man ebenfalls positiv entgegen. Sierau ist sich sicher, dass es richtig sei, den Kurs weiter fortzusetzen. Auch wenn es das ein oder andere Risiko geben könnte – er nannte Donald Trump, die Nationalwahlen in Kanada, den Brexit oder die internationalen Handelskriege als Beispiele.

„Wir wissen was passiert. Aber wir wissen auch, dass wir es von hier nicht beeinflussen können“, so Sierau. Dennoch würden die Folgen Dortmund und NRW nicht so unvorbereitet und gravierend treffen, wie es einst bei der Lehman-Pleite der Fall war. Laut Sierau sei diese mittlerweile verarbeitet, aber um den Preis des billigen Geldes.

Das parteiübergreifende Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ fordert einen Kurswechsel.
Das parteiübergreifende Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ fordert einen Kurswechsel. (Archivbild)

Überschuss ja, aber es gibt auch noch 1,5 Milliarden Euro an Altschulden, die getilgt werden müssen

Trotz all der positiven Nachrichten, gibt es aber auch noch das Thema der Altschulden in Dortmund. Für Dortmund sind das 1,5 Milliarden Euro Liquiditätskredite. Stadtdirektor Jörg Stüdemann ruft Bund und Länder gleichermaßen auf, sich an der Tilgung der Schulden zu beteiligen. „Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die wir nur in guter Zusammenarbeit mit Bund und Land schaffen können“.

Kämmerer Jörg Stüdemann zeigt sich optimistisch. Foto: Alex Völkel
Stadtdirektor und Stadtkämmerer Jörg Stüdemann zeigt sich optimistisch. Foto: Alex Völkel

Besonders wichtig sind dabei die Konditionen. So liegt der Fokus auf sogenannten Altschuldentilgungsfonds. Einige Bundesländer wie Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen haben es bereits vorgemacht. Jetzt soll NRW nachziehen. Minimalanforderung ist die Absicherung des Zinsrisikos.

Die Idee des Fonds: Die Kredite der Kommunen werden eingesammelt und in einen gemeinsamen Fond gepackt. Und über die gemeinsame Finanzierung von Bund und Land sollen diese Schulden dann gemeinsam abgezahlt werden. Denn klar ist: Auch über zwei oder drei Generationen seien die Altschulden nicht von den Kommunen abzuzahlen.

Das nun vorgeschlagene System bringt viele Vorteile mit sich. So würden das Land und die Kommunen von dem sehr niedrigen Zinssatz profitieren, den der Bund bezahlen muss. So ließe sich viel Geld sparen.

Zusätzlich würde eine solche Finanzierung auch eine Planung für einen längeren Zeitraum bedeuten. Konkret sollen 30 bis 40 Jahre angepeilt werden, in dem die Kommunen überschaubare Tilgungen leisten müssen, da sich auch Bund und Land am Schuldenabbau beteiligen sollen. „Man muss die Entschuldung der Liquiditätskredite jetzt in Angriff nehmen“, so Stüdemann. Und nicht dann, wenn es bereits zu spät sei und man eine höhere Zinsbelastung habe.

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Reaktionen

  1. CDU-Fraktion (Dortmund)

    Jahresüberschuss von 20 Mio. Euro ist großer Erfolg für die CDU-Fraktion –
    Reppin fordert: „SPD-Finanzminister darf Kommunen nicht überfordern“

    Der beinahe historische Jahresüberschuss der Stadt Dortmund im Jahr 2018 in Höhe von 20 Millionen Euro bewertet die CDU-Fraktion auch als Erfolg ihrer eigenen Arbeit. Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion Udo Reppin verweist hier insbesondere auf das von den Christdemokraten im Jahr 2015 initiierte Projekt „Memorandum – Die Stadt zuerst“, das für das Jahr 2018 annähernd den nunmehr vorliegenden Jahresüberschuss in Höhe von 20 Millionen Euro erwirtschaftet hat.

    „Exakt 19,6 Millionen im Jahr 2018 lieferte unsere seinerzeitige Idee, ein strukturelles Sparpaket aufzulegen, um die Handlungsfähigkeit für kommende Haushaltsjahre zu erhalten und ab 2019 die Entschuldung des städtischen Haushalts angehen zu können. Dass das jetzt schon ein Jahr früher geklappt hat, ist somit ein großer Erfolg für die CDU, den wir gerne auf der Habenseite verbuchen“, so Udo Reppin weiter.

    Ausdrücklich begrüßt die CDU-Ratsfraktion in diesem Zusammenhang auch die Bereitschaft der NRW-Landesregierung, sich am Schuldenabbau der Kommunen zu beteiligen und einen „Altschuldenfonds“ aufzulegen. „In Betracht kämen demnach Zins- sowie möglicherweise auch Tilgungshilfen des Landes. Wir sind zuversichtlich, dass die CDU-geführte Landesregierung hier bis zur Sommerpause Vorschläge unterbreitet, welche Kommunen in den Genuss möglicher finanzieller Hilfen kommt“, so Reppin weiter.

    Als „völlig indiskutabel“ bezeichnet Reppin jedoch den Vorschlag des SPD-Bundesfinanzministers Olaf Scholz, Kürzungen bei der Integration von Flüchtlingen vornehmen zu wollen. „Jetzt auf Kosten der Kommunen Bundesmittel für die Integration zu kürzen, provoziert Steuererhöhungen, gefährdet den sozialen Frieden in den Städten und Gemeinden und lässt jegliches Gespür für gesellschaftliche Prioritäten vermissen“, sagt Reppin.

    Zum Hintergrund: Ende des Jahres 2019 laufen mehrere Unterstützungsleistungen des Bundes für die Integration von Flüchtlingen aus: die 670-Euro-Pauschale für Ausländer im Asylverfahren, die Integrationspauschale und die Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge. Stattdessen plant das Finanzministerium eine Pauschale in Höhe von insgesamt 16.000 Euro pro Flüchtling für die ersten fünf Jahre nach der Ankunft. Nach Berechnung der Hamburger Senatskanzlei würde der Bund damit seine Unterstützung von derzeit 4,7 Milliarden auf rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr senken.

    Reppin abschließend: „Sollte sich SPD-Minister Scholz mit seinem Vorhaben durchsetzen, so wird der positive Jahresabschluss der Stadt Dortmund womöglich ein einmaliges Ereignis bleiben und die Stadt wieder dauerhaft Schulden machen müssen.“

  2. SPD-Ratsfraktion Dortmund (Pressemitteilung)

    SPD-Ratsfraktion Dortmund zum positiven Jahresabschluss der Stadt: „Es gibt dennoch viel zu tun!“

    Der städtische Haushalt schließt für das Jahr 2018 mit einem Überschuss von rd. 20,3 Millionen Euro ab. Noch im Jahr 2015 wurde mit einer Neuverschuldung von rd. 75 Millionen Euro gerechnet. Seitdem gab es viele Anstrengungen, den Haushalt in den Griff zu bekommen.

    „Dieses Ergebnis ist Zeugnis eines innovativen Strukturwandels und einer ausgewogenen Kommunalpolitik.“ führt Heinz-Dieter Düdder, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion, aus. Gemeinsam mit der Verwaltung und der CDU-Fraktion wurden mit den Memorandumsmaßnahmen seit 2016 strukturelle Verbesserung im Haushalt von rd. 90,6 Millionen Euro erzielt. Und das, ohne die Stadt kaputt zu sparen!

    „Im Gegensatz zu anderen Städten, die sich teils in der Haushaltssicherung befinden, wurde nicht die Axt an die städtische Infrastruktur angelegt. In Dortmund sind beispielsweise die Bezirksverwaltungsstellen, viele freiwillige Leistungen im Sozial-und Jugendbereich sowie die Wertschätzung des Ehrenamtes erhalten geblieben oder sogar noch verbessert worden. Auch ist der Bereich Aus- und Fortbildung innerhalb der Verwaltung im Fokus geblieben. Für das Jahr 2019 werden 302 Auszubildende eingestellt, in 2018 waren es noch 235. Doch es ist uns allen bewusst, dass gerade hier für die Zukunft weiterer Handlungsbedarf besteht.“ erklärt Düdder. Die SPD-Ratsfraktion hat die demografische Entwicklung schon lange im Blick, der Wissenstransfer muss im Rahmen der Altersfluktuation gewährleistet sein und es müssen Kapazitäten geschaffen werden, um z. B. Investitionsengpässe aufgrund fehlender Fachkräfte zu reduzieren.
    Dortmund muss lebens- und liebenswert bleiben, hier sieht sich die SPD-Ratsfraktion auch in klarer Verantwortung für die zukunftigen Generationen. Dazu gehört u. a. bezahlbarer Wohnraum, attraktive und moderne Kindertageseinrichtungen und Schulen sowie ein sinnvoller Mobilitätsmix im Zeichen von Klimawandel und Luftreinhaltung. Auch im Rahmen der Digitalisierung sieht die SPD-Ratsfraktion noch Aufgaben auf Dortmund zukommen, die sowohl Chancen als auch Risiken bedeuten können.

    „Wir freuen uns erst einmal, dass die Stadt Dortmund weiterhin in der Lage ist, ihre Haushaltsangelegenheiten eigenständig zu gestalten und die kommenden Herausforderungen zu bewältigen. Auch die nächsten Haushalte sollen zumindest ausgeglichen sein.“, so Düdder abschließend.

    Mit Blick auf mögliche Veränderungen im Zinsniveau und der Konjunktur muss das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts mit Augenmaß weiter verfolgt werden. Zudem sind Bund und Land weiterhin gefordert, die Kommunen nicht alleine zu lassen. Neben einer ausreichenden Soziallastenfinanzierung zählt hierzu auch eine Altschuldenregelung im Interesse gleichwertiger Lebensverhältnisse.

  3. Grünen-Fraktion Dortmund (Pressemitteilung)

    Geplante Kürzungen bei den Zuschüssen für Versorgung von Flüchtlingen – Rat soll sich gegen die Pläne der Bundesregierung aussprechen

    Die Bundesregierung plant eine Reduzierung der Zuschüsse für die Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen von aktuell 4,7 Milliarden Euro jährlich auf 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2022. Insbesondere die Kommunen – auch Dortmund – übernehmen für den Bund und das Land die Aufgabe der Versorgung geflüchteter Menschen. Das erfordert erhebliche, auch finanzielle Anstrengungen. Schon jetzt liegen die Kosten dieser Aufgabe weit über den Erstattungen durch Bund und Land. Der Dortmunder Eigenanteil liegt dabei laut Verwaltung bei 24,6 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2019.

    Die GRÜNEN fordern deshalb in einem Dringlichkeitsantrag den Rat der Stadt auf, sich in der kommenden Woche gegen die Kürzungspläne auszusprechen.

    „Die Pläne der Bundesfinanzministeriums sind falsch und gefährlich. Wir wollen, dass die Integration der zu uns geflüchteten Menschen gelingt. Das ist eine Daueraufgabe, an der man nicht sparen darf. Die geplanten Kürzungen gefährden darüber hinaus die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt. Beides ist für uns nicht akzeptabel. Der Rat sollte deshalb schnellstmöglich klare Kante zeigen und vor einer Umsetzung der Pläne warnen“, so der Fraktionssprecher der GRÜNEN, Ulrich Langhorst.

    „Statt einer Kürzung ist vielmehr eine Erhöhung der Zuschüsse notwendig. Das betrifft sowohl die Erstattungspauschale pro Flüchtling als auch die Übernahme der Kosten für Geduldete. Hier werden die Kosten momentan nur für drei Monate übernommen, alles andere trägt die Stadt. In den kommenden Wochen werden die Diskussionen und Verhandlungen über die geplanten Kürzungen fortgesetzt. Der Rat sollte sich deshalb möglichst schnell und klar gegenüber der Bundesregierung positionieren.“

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