„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“: Neue Stolpersteine erinnern an die Nazi-Opfer

Stolpersteine, Erinnerung an die Ermordeten im Nationalsozialismus wurden in der Nordstadt verlegt. Stolpersteine in der Heiligegartenstraße erinnern an die Familie Turteltaub
Stolpersteine in der Heiligegartenstraße erinnern an das Schicksal der Familie Turteltaub

227 Stolpersteine erinnern bereits jetzt in Dortmund an die Opfer der Nationalsozialismus. Gestern kamen vierzehn weitere hinzu. Davon wurden neun im Beisein von Bezirksbürgermeister Dr. Ludwig Jörder in der Dortmunder Nordstadt in das Pflaster gebracht.

BvB-Präsident Dr. Reinhard Rauball beteiligte sich an der Aktion in der Oesterholzstraße

Stolpersteine, Erinnerung an die Ermordeten im Nationalsozialismus wurden in der Nordstadt verlegt. BvB-Präsident Dr. Reinhard Rauball
BvB-Präsident Dr. Reinhard Rauball erinnert in der Oesterholzstraße

Wie wichtig diese Aktion des Kölner Künstlers Gunter Demnig ist, verdeutlichte Dr. Reinhard Rauball, Präsident des BvB gestern bei der Verlegung der Steine für das Ehepaar Adler in der Oesterholzstraße.

„Gerade die aktuellen Ereignissen um die Demonstrationen von Hogesa (Hooligans gegen Salafismus) und Pegida (Patriotische Europäer Gegen die Islamisierung des Abendlandes) mit mehreren tausenden Teilnehmern, zeigt wie wichtig es ist, immer wieder auf die Verbrechen des Nationalsozialismus aufmerksam zu machen.“

Sebastian Seng vom Jugendring ergänzte Rauballs Ausführungen noch um die jüngste Anfrage der Partei „Die Rechte“ im Rat der Stadt Dortmund nach Anzahl und Wohnort der Juden in der Stadt. Der BvB steht Pate für die Verlegung der Steine durch Gunter Demnig selbst, unweit der Geburtsstätte des Vereins.

Weit über 40.000 Steine in über 1000 Städten erinnern mittlerweile an die Opfer

Stolpersteine, Erinnerung an die Ermordeten im Nationalsozialismus wurden in der Nordstadt verlegt. Künstler und Initiator Gunter Demnig
Künstler und Initiator Gunter Demnig

Der Künstler ist Initiator des größten dezentralen Mahnmals mit über 40.000 Steinen in über 1000 Städten (Stand Juni 2013).

Die beiden Nordstädter David und Frederike Adler wurden 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.

Die Folgedeportation ging nach Auschwitz. Dort wurde das Ehepaar im Alter von 67 und 68 Jahren direkt nach der Ankunft ermordet.

Fanabteilung des BvB erinnert in der Wambeler Straße an den Mitstreiter Heinrich Czerkus, Franz Hippler

Stolpersteine, Erinnerung an die Ermordeten im Nationalsozialismus wurden in der Nordstadt verlegt
Erinnerung an den Widerstandskämpfer Franz Hippler in der Wambeler Straße

In der Wambeler Straße ließ die Fanabteilung des Vereins einen Stein zur Erinnerung an Franz Hippler verlegen. Franz Hippler hatte zwei Leidenschaften: seine Liebe zum BVB und sein politisches Engagement in der KPD.

Nach der Machtergreifung leistete er Widerstand und verbrachte mehrere Jahre im Gefängnis und Konzentrationslager.

Nach seiner Entlassung arbeitet er mit Heinrich Czerkus, dem Platzwart des BvB, weiter im Widerstand.

Beide wurden verhaftet und am Karfreitag 1945 im Rombergpark ermordet.

In der Heiligegartenstraße erinnern die Stolpersteine an das Schicksal der Familie Turteltaub

Stolpersteine, Erinnerung an die Ermordeten im Nationalsozialismus wurden in der Nordstadt verlegt. Max Turteltaub
Max Turteltaub aus der Heiligegartenstraße

In der Heiligegartenstraße 18 wohnte in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die jüdische Familie Turteltaub. Vater Isaak Isidor und Mutter Lea betrieben dort einen Altwarenladen.

Die Kinder Max, Benno, Rosa und Josef sind allesamt in der Nordstadt zur Welt gekommen und aufgewachsen. Mit der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben (12.1.38) wurde Juden das Führen von Geschäften zum Ende des Jahres verboten. Isidor Turteltaub gab sein Geschäft am 21.11.38 auf. Damit verlor die Familie endgültig die Lebensgrundlage.

Sohn Benno überlebte als einziger einer sechsköpfigen Familie den Holocaust
Die Eltern ermöglichten 1939 den Söhnen Max und Benno die Flucht in die Niederlande, wo sie sich auf die Ausreise nach Palästina vorbereiten sollten. Der Einmarsch der Wehrmacht machte diese Pläne zunichte.

Max und Benno finden ein Versteck in einem Pfarrhaus. Nach einer Razzia wird Max verhaftet und nach Westerbork gebracht. Von dort geht es in das Vernichtungslager Sobibor in Polen, wo er 1943 ermordet wird. Bruder Benno gelingt die Flucht nach Palästina. Als einziges Familienmitglied überlebt er die Zeit.

Schülerinnen und Schüler der Droste-Hülshoff-Realschule erinnern an die Ermordeten

Stolpersteine, Erinnerung an die Ermordeten im Nationalsozialismus wurden in der Nordstadt verlegt. Stolpersteine in der Heiligegartenstraße erinnern an die Familie Turteltaub. Schülerinnen der Droste Hülshoff-Reaschule aus Kirchlinde
Schülerinnen der Droste Hülshoff-Reaschule aus Kirchlinde

Mit Gedichten und einer Schweigeminute erinnern dort die Schülerinnen und Schüler der „AG gegen Rechts“ der Droste Hülshoff-Realschule aus Kirchlinde.

Im Rahmen ihrer Erinnerungsarbeit haben die jungen Dortmunder zuvor die Konzentrationslager Westerbork, Sobibor und Auschwitz besucht.

Am Ende des Tages sind mit den Erinnerungssteinen in der Rheinischen Straße für die Familie Neugarten und für Karl Altenhenne in Huckarde 241 Steine verlegt.

Weitere 22 Steine sollen in den nächsten Monaten an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Seit Anfang des Jahres 2012 koordinieren der Jugendring Dortmund und das Stadtarchiv die Verlegung von Stolpersteinen in Dortmund.

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