
Die Pogromnacht jährt sich in diesem Jahr zum 87. Mal. In Dortmund finden rund um den 9. November 2025 zahlreiche Veranstaltungen statt, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern und aktuelle Formen von Antisemitismus thematisieren. Neben Gedenkveranstaltungen laden Lesungen, Vorträge und Theaterperformances dazu ein, sich mit Antisemitismus, Rassismus und Erinnerungskultur auseinanderzusetzen. Viele Angebote sind Teil der bundesweiten Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung.
Lesung: Antisemitismus als popkulturelles Ereignis
Den Auftakt macht am 4. November 2025 um 19 Uhr die Lesung „Lauter Hass. Antisemitismus als popkulturelles Ereignis“ in der Kneipe Stallgasse (Burgholzstraße 22a, 44145 Dormtund). Maria Kanitz und Lukas Geck sehen den 7. Oktober als Anlass, antisemitische Entgleisungen in der Popkultur genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die beiden setzen sich kritisch mit antisemitischen Tendenzen in der Popkultur auseinander – von Songtexten über Bühnenauftritte bis hin zu öffentlichen Statements prominenter Musiker:innen. Anhand zahlreicher Beispiele zeigen sie, wie tief antisemitische Stereotype in der Popkultur verankert sind und wie gesellschaftliche Konflikte dort widerhallen. Die Veranstaltung ist Teil der „Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus“.
Theaterprojekt „Beyond the Lines“ lotet Grenzen und Gemeinsamkeiten aus
Die Auslandsgesellschaft lädt am 8. November 2025 um 18.30 Uhr zur Theaterperformance „Beyond the Lines“ ein. Das „artensemble Theater“ befasst sich in seiner aktuellen Produktion mit Antisemitismus, antimuslimischem Rassismus und der Frage nach einem gesellschaftlichen Raum jenseits von Ausgrenzung und Feindbildern.

Die Performance entstand auf Grundlage zahlreicher Interviews mit Expert:innen, Gemeindemitgliedern und Religionsfremden. Daraus wurde einen Theaterabend erstellt, der ständig aktualisiert wird. Referenzpunkte sind die Anschläge in Halle 2019, Hanau 2020 und der Nahost-Konflikt. Nach dem Stück findet ein Nachgespräch statt.
Kooperationspartner sind unter anderem die Jüdische Kultusgemeinde Groß-Dortmund, die Evangelische Lydia-Gemeinde, die Islamische Akademie NRW, die Auslandsgesellschaft.de und das Multikulturelle Forum.
Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium des Innern im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist erforderlich unter: veranstaltungen@auslandsgesellschaft.de.
Ökumenisches Gedenken an die Pogromnacht in St. Petri
Die Pogromnacht am 9. November 1938, in der Synagogen angezündet, jüdische Geschäfte geplündert und Jüdinnen und Juden gedemütigt und getötet wurden, steht beispielhaft für das Leid, das Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus und in der Schoah zugefügt wurde, auch in Dortmund.
Unter dem Leitwort „… und ich will euch einen Ort und einen Namen geben, auf dass ihr niemals vergessen werdet.“ wird am 9. November 2025 um 17 Uhr, in der Evangelischen Stadtkirche St. Petri, mit einem ökumenisches Gedenken an die jüdischen Gemeinden in Dortmund erinnert und der Opfer der Gewalt gedacht.
Das Gedenken beginnt mit einem Gang zu den nahegelegenen Stolpersteinen der Familie Bischofswerder und von Hugo Cohen. Schüler:innen des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums wirken an der Veranstaltung mit, musikalisch begleitet von Franziska und Emanuel Matz (Cello). Getragen wird die Veranstaltung von der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK), der Ev. Stadtkirche St. Petri und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund e.V.
Erinnern heißt handeln – damals, heute und morgen
Am 10. November 2025 lädt das Projekt Quartiersdemokraten um 14 Uhr auf den Wilhelmplatz in Dortmund-Dorstfeld zur Gedenkstunde „Erinnern heißt handeln – damals, heute und morgen“ ein. Im Mittelpunkt steht das Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Pogromnacht und an alle, die antisemitischer Gewalt zum Opfer fielen.

Die Gedenkstunde ist mehr als ein historischer Rückblick. Sie ist ein Ort des Zuhörens, des Lernens und des solidarischen Miteinanders. Ab 14 Uhr präsentieren Schulen, Jugendgruppen und Initiativen Projekte zur Erinnerungskultur und zum Engagement gegen Antisemitismus. Die eigentliche Gedenkstunde beginnt um 15 Uhr am Mahnmal an der Wittener Straße.
Es sprechen Bürgermeister Norbert Schilff, Astrid Cramer (Bezirksbürgermeisterin Innenstadt-West) und Rabbiner Avigdor Nosikov. Schüler:innen der Martin-Luther-King-Gesamtschule und des Reinoldus- und Schiller-Gymnasiums beteiligen sich mit Redebeiträgen und Musik. Träger der Veranstaltung ist der Verein Quindo e.V. Hinweis: Aufgrund der Veranstaltung wird die Bus- und Bahnhaltestelle „Wittener Straße“ ab ca. 14 Uhr nicht mehr angefahren.
Auch die Stadt Dortmund lädt zum Gedenken an die Pogromnacht ein
Am 87. Jahrestag der Pogromnacht lädt die Stadt Dortmund zu einem Gedenken ein.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 hatten Nationalsozialisten in ganz Deutschland Synagogen, jüdische Geschäfte und andere Einrichtungen in Brand gesetzt und zahlreiche Jüdinnen und Juden verletzt oder ermordet. Die Dortmunder Synagoge war bereits kurz zuvor im Auftrag der Stadt abgerissen worden. Wenig später folgte der Holocaust.
Die Stadt Dortmund erinnert daran bei einem Gedenken am Montag, 10. November, 17 Uhr, im Foyer des Opernhauses am Platz der Alten Synagoge. Wichtig: Eine Teilnahme ist nur möglich nach vorheriger Anmeldung per Mail unter der Adresse bvedder@stadtdo.de.
Zum Ablauf: Nach einer Begrüßung durch Tobias Ehinger, Geschäftsführender Direktor des Theater Dortmund, sprechen Oberbürgermeister Alexander Kalouti und Zwi Rappoport, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe und Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde Gross-Dortmund.
Anschließend hält Prof. Raphael Gross, Präsident des Deutschen Historischen Museums Berlin, einen Vortrag mit dem Titel „November 1938 – Antisemitische Gewalt in Deutschland und Versuche ihrer Erklärung“. Die Veranstaltung schließt mit einem Gebet und einer Kranzniederlegung auf dem Platz der Alten Synagoge.
Vortrag über antisemitisch-sexuelle Gewalt
Im Nordpol findet am 11. November 2025 um 19 Uhr ein Vortrag mit Kira Rudolph und Doreen Zeymer-von Metnitzstatt. Unter dem Titel „Antisemitisch-sexuelle Gewalt am 07. Oktober – Kontinuitäten der verwehrten Anerkennung“ beleuchten die Referentinnen die Verbindung zwischen sexueller und antisemitischer Gewalt im Kontext des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober 2023.
Der Vortrag fragt nach gesellschaftlicher und politischer Verantwortung und zeigt historische Kontinuitäten der Verdrängung solcher Taten auf. Die Veranstaltung ist Teil der Bildungs- und Aktionswochen und wird von der „Stiftung Soziale Stadt“ unterstützt.
Weitere Veranstaltungen im November
Am 15. November 2025 lädt das Bündnis Dortmund gegen Rechts um 16 Uhr zu einer Veranstaltung anlässlich des Gedenkens an den Pogrom im Studio B der Stadt- und Landesbibliothek am Max-von-der-Grün-Platz ein. Der Eintritt ist frei.
Zum Abschluss des Monats sprechen, am 26. November 2025 um 19 Uhr in der VHS Dortmund, Helene Shani Braun, angehende Rabbinerin und Gründungsmitglied des queeren jüdischen Vereins Keshet e.V. und Pfarrerin Mareike Gintzel, Ansprechperson für alle Fragen rund um LGBTQI* im Evangelischen Kirchenkreis Hattingen-Witten über das Thema „Queer in Judentum und Christentum“.
Das Gespräch befasst sich mit queeren Perspektiven in den beiden Religionen und bietet Raum für Austausch und Diskussion. Die Veranstaltung ist eine Kooperation der VHS Dortmund, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und SLADO e.V. Zur Anmeldung geht es unter: vhs.dortmund.de.
Die Vielzahl der Veranstaltungen zeigt: Erinnerungskultur ist lebendig und vielseitig. Ob in Lesung, Theater, Gedenken oder Diskussion – überall geht es darum, Antisemitismus sichtbar zu machen, Geschichte lebendig zu halten und Wege für ein respektvolles Zusammenleben aufzuzeigen.
Mehr Informationen:
- Eine Übersicht zu den bundesweiten Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus gibt es unter: www.amadeu-antonio-stiftung.de.


Reaktionen
Handwerk setzt klares Zeichen für Demokratie: Stadtrundgang erinnert an die Opfer des Holocaust (PM)
Kammerbezirk. Anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht nahmen Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund, Sebastian Baranowski, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Dortmund Hagen Lünen, und Friedhelm Evermann, Sonderbeauftragter der Stadt Dortmund für Vielfalt, Toleranz und Demokratie, gemeinsam mit den Handwerksjunioren sowie Vertreterinnen der UnternehmerFrauen im Handwerk am 6. November an einem Stadtrundgang zum Thema „Dortmund und der Holocaust“ teil.
Bei dem von der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache organisierten 90-minütigen Rundgang durch die Dortmunder Innenstadt wurden verschiedene Orte aufgesucht, die in direktem Zusammenhang mit der antisemitischen Verfolgung in den 1930er Jahren und dem Holocaust stehen. Ziel der Veranstaltung war es, an die Verbrechen der NS-Zeit in Dortmund zu erinnern und ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus sowie für demokratische Grundwerte zu setzen.
Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund, betonte: „Die Ereignisse der Reichspogromnacht mahnen uns bis heute, wachsam gegenüber Ausgrenzung und Hass zu bleiben. Als Handwerkskammer Dortmund tragen wir die Verantwortung, Erinnerung lebendig zu halten und uns klar gegen Antisemitismus sowie für ein respektvolles Zusammenleben zu positionieren. Werte wie Toleranz, Solidarität und gegenseitiger Respekt prägen unser Handwerk – gerade in der heutigen Zeit möchten wir das besonders hervorheben.“
Sebastian Baranowski, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Dortmund Hagen Lünen: „Das Handwerk ist heute mehr denn je ein Spiegel unserer vielfältigen Gesellschaft. Unsere Betriebe leben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Lebenswege, die gemeinsam an einem Strang ziehen. Gerade deshalb ist es unsere Pflicht, uns jeder Form von Antisemitismus und Ausgrenzung entschieden entgegenzustellen. Mit Veranstaltungen wie diesem Stadtrundgang zeigen wir, dass das Handwerk Verantwortung übernimmt. Nicht nur für die Erinnerung, sondern auch für die Zukunft eines demokratischen Miteinanders.“
Friedhelm Evermann, Sonderbeauftragter für Vielfalt, Toleranz und Demokratie der Stadt Dortmund, ergänzte: „Die Stadt Dortmund nimmt ihre historische Verantwortung ernst und engagiert sich aktiv dafür, Wissen über die Vergangenheit zu vermitteln und das Erinnern wachzuhalten. Das Gedenken an die Opfer der Pogromnacht und das Bewusstsein für das erlittene Unrecht sind für uns ein zentraler Bestandteil städtischer Arbeit. Gemeinsam mit dem Handwerk setzen wir heute ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen und für eine offene, vielfältige Gesellschaft.“
Die Handwerkskammer Dortmund dankt allen Teilnehmenden für ihr Engagement und ruft dazu auf, sich weiterhin aktiv für Toleranz, Vielfalt und Menschenwürde einzusetzen.
DKP erinnert an die Reichspogromnacht (PM)
Wie in den vergangenen Jahren veranstaltet die Stadtteilgruppe West der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) auch in diesem Jahr eine Gedenkstunde anlässlich des Jahrestags der Reichspogromnacht. Das Gedenken findet am Sonntag, 9. November, um 14 Uhr am jüdischen Mahnmal im östlichen Bereich des Westparks nahe der Lange Straße statt.