Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt die Entscheidung

Die Stadt Dortmund muss den Auftritt von Dr. Daniele Ganser in der Westfalenhalle ermöglichen

Die Westfalenhallen hatten den ursprünglich geschlossenen Vertrag auf politischen Druck gekündigt – das war rechtswidrig. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Die Stadt Dortmund bleibt verpflichtet, Räumlichkeiten der Westfalenhalle für die Durchführung der am 27. März 2023 geplanten Veranstaltung „Vortrag Daniele Ganser – Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?“ zur Verfügung zu stellen. Das hat das Oberverwaltungsgericht mit heute bekannt gegebenem Beschluss vom 22. März 2023 entschieden.

OVG: Absage verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

Die Stadt Dortmund hatte die Überlassung der Halle für die Veranstaltung im Wesentlichen mit der Begründung verweigert, frühere Äußerungen des Vortragenden seien als antisemitisch einzustufen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gab dem Eilantrag der Veranstalterin mit Beschluss vom 8. März 2023 statt. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Stadt, die vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg hatte. „Die Stadt Dortmund hätte sich eine andere Entscheidung gewünscht. Selbstverständlich kommen wir dem Beschluss des OVG von heute nach“, heißt es dazu von der Stadt Dortmund.

Werbung für die Veranstaltung auf Westfalenhallen.de
Werbung für die Veranstaltung auf Westfalenhallen.de – der Vortrag muss stattfinden. Foto: Screenshot

„Bei der Westfalenhalle handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung. Stellt eine Kommune diese im Rahmen der jeweiligen Widmung für die Durchführung von bestimmten Veranstaltungen zur Verfügung, entsteht dadurch ein Gleichbehandlungsanspruch, der die Entscheidungsfreiheit der Kommune, in welchem Umfang sie Zugang zu ihrer Einrichtung gewährt, begrenzt. Ihre Vergabepraxis und -entscheidung muss durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein“, begründet der 15. Senat im Wesentlichen seine Entscheidung.

Die streitige Veranstaltung bewege sich im Rahmen des Widmungszwecks. Die Westfalenhalle sei von der Stadt für Veranstaltungen aller Art gewidmet worden. Das ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag der von der Stadt „beherrschten“ Westfalenhallen Dortmund GmbH. In Umsetzung des weiten Widmungszwecks hatte die Stadt die Westfalenhalle auch bereits am 14. November 2021 für eine Veranstaltung mit dem Vortragenden zu einem politischen Thema zur Verfügung gestellt. 

„Der Zweck der Widmung ist entgegen der Auffassung der Stadt nicht durch den Ratsbeschluss vom 21. Februar 2019 eingeschränkt worden, mit dem sich der Rat der „Grundsatzerklärung des Netzwerks zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund vom 18.01.2019“ angeschlossen hatte“, so die Richter:innen aus Münster.

Die vom Ratsbeschluss getroffenen Einschränkungen sind zu weitreichend

In dieser Erklärung heißt es, „dass Organisationen, Vereinen und Personen, die etwa den Holocaust leugnen oder relativieren, die Existenz Israels als jüdischen Staat delegitimieren, zu antijüdischen oder antiisraelischen Boykotten aufrufen, diese unterstützen oder entsprechende Propaganda verbreiten (z.B. die Kampagne ,Boycott – Divestment – Sanctions [BDS]‘) oder die anderweitig antisemitisch agieren, keine Räumlichkeiten oder Flächen zur Verfügung gestellt werden“.

Die Debatte im Ratssaal stieß auf reges Interesse. Fotos: Alexander Völkel
Laut OVG geht die vom Rat verabschiedete „Grundsatzerklärung des Netzwerks zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund vom 18.01.2019“ zu weit. Fotos: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Die damit verbundene Nutzungsversagung verstößt in dieser Allgemeinheit, soweit sie über einen (deklaratorischen) Ausschluss strafbaren Verhaltens hinausgeht, gegen die Meinungsfreiheit, weil sie an Meinungsäußerungen mit einem bestimmten Inhalt anknüpft. In die Meinungsfreiheit darf grundsätzlich nur durch ein allgemeines Gesetz eingegriffen werden“, so das Gericht. 

Darunter sind laut OVG Gesetze zu verstehen, die nicht eine Meinung als solche verbieten, sondern dem Schutz eines ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen. „Bei dem Ratsbeschluss handelt es sich schon nicht um ein Gesetz. Unabhängig davon umfasst er auch solche Meinungskundgaben, die nicht strafbar sind“, führt das Oberverwaltungsgericht weiter aus.

„Es bestehen auch sonst keine sachlichen Gründe für die Versagung der Hallennutzung, etwa wegen zu erwartender Rechtsverstöße bei der konkreten Veranstaltung. Dass eine Gefahr strafbarer Äußerungen des Vortragenden besteht, ist dem Vorbringen der Stadt nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich“, heißt es in der Entscheidung. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(Aktenzeichen: 15 B 244/23 – Aktenzeichen der I. Instanz: VG Gelsenkirchen 15 L 230/23)

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