In Malyj Trostenez wurden 60.000 Menschen jüdischen Glaubens ermordet

Die Geschichte eines Vernichtungsortes: Wanderausstellung macht Station im MKK

Die Ausstellung im Studio des  MKK erinnert an den Vernichtungsort Malyj Trostenez. 
Die Ausstellung im Studio des  MKK erinnert an den Vernichtungsort Malyj Trostenez. Foto: Robin Hinsch für den IBB

Malyj Trostenez war der größte Vernichtungsort in Belarus während der deutschen Besatzungszeit von 1941 bis 1944. Vor allem belarussische, österreichische, deutsche und tschechische Juden, aber auch des Widerstandes verdächtigte Einheimische wurden dort ermordet. Die Wanderausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ erzählt zum ersten Mal die Geschichte dieses Ortes anhand sieben beispielhafter Schicksale.

 Mindestens 60.000 Menschen wurden südöstlich von Minsk ermordet und verscharrt

Sie hat zum Ziel, Malyj Trostenez als europäischen Tat- und Erinnerungsort in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern. Vom 14. Januar bis 20. März 2022 macht sie im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Station, Kooperationspartner ist die Gedenkstätte Steinwache. Der Eintritt ist frei.

Heute ist Malyj Trostenez ein Vorort von Minsk. Mindestens 60.000 Menschen wurden wenige Kilometer südöstlich der Hauptstadt ermordet und verscharrt, später exhumiert und verbrannt, darunter mehr als 22.000 Deutsche mit jüdischen Wurzeln. Viele hatten die Illusion, dass die nationalsozialistische Führung ihnen dort die Möglichkeit geben würde, eine neue Existenz aufzubauen. In Minsk angekommen, wurde die Mehrzahl der Deportierten jedoch sofort ermordet.

Nach 1945 wurden in Malyj Trostenez bereits erste Gedenkzeichen aufgestellt und Gedenkfeiern organisiert. Eine größere Gedenkanlage, die auch an die ermordeten Juden erinnert, entstand erst in den 2010er-Jahren. Die zweisprachige Wanderausstellung würdigt die Opfer und zeigt zugleich, auf welche Weise und an welchen Orten in Belarus, Deutschland, Österreich und Tschechien der Ermordeten gedacht wird.

Die Ausstellung will einen Beitrag zur europäischen Erinnerungsarbeit leisten

Die Ausstellung im Studio des  MKK erinnert an den Vernichtungsort Malyj Trostenez. 
Die Ausstellung im Studio des  MKK erinnert an den Vernichtungsort Malyj Trostenez. Foto: Katrin Pinetzki für die Stadt Dortmund

Die deutsch-belarussische Ausstellung wurde 2016 in Hamburg erstmals gezeigt und wanderte seither durch 25 Städte in Belarus, Deutschland, Tschechien, der Schweiz und Österreich. „Bislang ist der Vernichtungs- und Gedenkort Malyj Trostenez kaum in der Öffentlichkeit bekannt. Wir möchten mit der Ausstellung einen Beitrag zum europäischen Gedenken leisten“, sagt Dr. Jens Stöcker, Direktor des MKK.

Sie ist zugleich eine Veranstaltung der Stadt Dortmund zum Internationalen Holocaust-Gedenktag (27. Januar). Impulsgespräche zur Ausstellung sind für Sonntag, 30. Januar und Sonntag, 27. Februar, 15 bis 16 Uhr geplant.

Träger der Ausstellung sind das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk gGmbH (IBB Dortmund), die Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ Minsk (IBB Minsk) und die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.

Weitere Informationen zum Gedenkort: ibb-d.de/erinnern/gedenkstaette-trostenez

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Reaktionen

  1. Norbert Naumann

    Hi, ich war heute, Sonntag Nachmittag, in der Ausstellung. Leider lag ein Teil der Ausstellung im Dunkeln, die Texte waren deshalb teilweise nicht lesbar und die Filme liefen, bis auf eine Ausnahme, nicht. Ein Mitarbeiter meinte auf Nachfrage, es käme öfter vor, dass die Sicherungen herausfliegen würden, man würde sich in den nächsten Tagen damit beschäftigen. Sicherlich eine Ausstellung mit viel Herzblut und Engagement entstanden, aber mit dieser Dunkelausstellung wird dieses herabgewürdigt. Ich hoffe, dass die Ursache bald behoben werden kann.

  2. Museum für Kunst- und Kulturgeschichte Dortmund

    Vielen Dank für den Hinweis auf die Störungen am Wochenende. Dieses Erlebnis beim Ausstellungsbesuch tut uns sehr leid. Tatsächlich sind die Sicherungen am Wochenende einige Male herausgeflogen. Die Aufsichtskräfte haben sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten bemüht, Abhilfe zu schaffen – nach diesem ersten Wochenende in der Laufzeit der Ausstellung zeigt sich aber, dass andere Lösungen gefunden werden müssen. Wir werden das Problem beheben und hoffen, dass Sie der Ausstellung noch eine zweite Chance geben!

    Das Team des MKK Dortmund

  3. „Malyj Trostenez und die vielen Gesichter deutscher Gewalt“: Online-Vortrag zur Ausstellung im MKK (PM)

    Der Name Malyi Trostenez dürfte nur wenigen Menschen ein Begriff sein – obwohl dort, in der Nähe von Minsk, zwischen 1942 und 1944 mehrere Zehntausend Menschen durch die deutschen Besatzer ermordet wurden, darunter mehr als 22.000 Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich. Eine Ausstellung zu diesem Vernichtungsort ist seit 14. Januar im Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu sehen, erarbeitet vom Internationale Bildungs- und Begegnungswerk (IBB). Kooperationspartner ist die Gedenkstätte Steinwache.

    Ein zur Eröffnung geplanter Vortrag von Prof. Christian Gerlach (Universität Bern) steht ab sofort online zur Verfügung: https://bit.ly/3Aa1oa0.

    Unter dem Titel „Das Vernichtungslager Malyj Trostenez und die vielen Gesichter deutscher Gewalt in Belarus“ spricht der Historiker über die brutale deutsche Besatzungspolitik mit Massenmorden und anderen Formen von Gewalt gegen eine Reihe verschiedener Bevölkerungsgruppen in Belarus. Der Vortrag gibt einen Überblick über diese Gewalt und setzt sie mit den Ereignissen im Vernichtungslager in Malyj Trostenez in Beziehung.

    Christian Gerlach ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität Bern. Er forscht zu globaler und transnationaler Geschichte, zur europäischen Geschichte der Moderne, zur deutschen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und betreibt vergleichende Studien zur Massengewalt.

    Die Ausstellung im MKK ist noch bis zum 20. März zu sehen. Der Eintritt ist frei.

  4. Holocaust-Gedenken: Vortrag über den „Kern des Holocaust“ im MKK (PM)

    Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreit. Der „Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ erinnert jährlich am 27. Januar daran. Die offizielle Gedenkveranstaltung in Dortmund mit Oberbürgermeister Thomas Westphal findet am Donnerstag, 27. Januar, 18 Uhr im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (Hansastr. 3) statt. Dort ist derzeit die Ausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ zu sehen.

    Nach Grußworten von Oberbürgermeister Westphal und Pfarrer Ralf Lange-Sonntag, Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund, spricht Prof. Stephan Lehnstaedt (Berlin) in seinem Vortrag über den „Kern des Holocaust“. Im musikalischen Rahmenprogramm ist Martin Brödemann am Klavier zu hören. Eine Teilnahme ist nur nach vorheriger Anmeldung unter info.mkk@stadtdo.de möglich. Es gelten die 2G plus-Regel (vollständig geimpft/genesen und zusätzlich getestet) sowie die Maskenpflicht.

    Vortrag „Der Kern des Holocaust“

    In Deutschland und weltweit steht Auschwitz symbolisch für die Ermordung der Jüdinnen und Juden durch das nationalsozialistische Deutschland. Die „Aktion Reinhardt“ mit ihren Vernichtungslagern Belzec, Sobibór und Treblinka, denen vor allem, aber nicht nur die polnischen Jüdinnen und Juden zum Opfer fielen, führt demgegenüber ein Schattendasein. Dabei steht sie wie kaum etwas anderes für den Kern des Holocaust: die industrielle Tötung von Menschen.

    Indem die Täter die Mordstätten abbauten und alle Zeugnisse verbrannten, wollten sie nicht nur die physische Existenz ihrer Opfer vernichten, sondern auch die Erinnerung an sie. In gewisser Weise waren sie damit erfolgreich. Prof. Stephan Lehnstaedt hat in seinem Buch „Der Kern des Holocaus“ (2017) die erste Gesamtdarstellung der „Aktion Reinhardt“ in deutscher Sprache vorgelegt und rückt darin die Toten von Belzec, Sobibór und Treblinka wieder ins Bewusstsein, damit wenigstens die Zeugnisse ihrer Existenz und ihres Leids überdauern.

    Stephan Lehnstadt ist Professor für Holocaust-Studien und Jüdische Studien am Touro College Berlin. Für seine Forschungstätigkeit und seinen Beitrag zur deutsch-polnischen Aussöhnung erhielt er in Polen 2015 den Orden „Missio Reconciliationis“ und die Medaille „Powstanie w Getcie Warszawskim“ (Anielewicz-Medaille) von der Vereinigung der Jüdischen Kämpfer und Geschädigten des Zweiten Weltkriegs.

    Ausstellung „Malyj Trostenez“

    Die Ausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ ist noch bis zum 20. März im Studio des MKK zu sehen. Malyj Trostenez war der größte Vernichtungsort in Belarus während der deutschen Besatzungszeit von 1941 bis 1944. Vor allem belarussische, österreichische, deutsche und tschechische Juden, aber auch des Widerstandes verdächtigte Einheimische wurden dort ermordet. 1941/42 wurden mehr als 22.000 Deutsche mit jüdischen Wurzeln nach Minsk und Trostenez deportiert. Sie hatten die Illusion, dass die nationalsozialistische Führung ihnen dort die Möglichkeit geben würde, eine neue Existenz aufzubauen. In Minsk angekommen, wurde die Mehrzahl der Deportierten jedoch sofort ermordet.

  5. IBB Dortmund präsentiert Ergebnisse des Lernprojekts zum internationalen Holocaust-Gedenktag: Neuer Podcast erinnert an den Vernichtungsort Malyj Trostenez (PM)

    Zum Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2022 veröf-fentlicht das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk gGmbH in Dortmund (IBB Dortmund) zusammen mit Partnern den Podcast „Malyj Trostenez: Gemeinsam erinnern“.

    Studierende aus Belarus, Österreich und Deutschland haben sich im Rahmen eines 14 Monate dauernden Projektes intensiv mit der Geschichte des größten Vernichtungsortes auf sowje-tischem Boden beschäftigt, Interviews geführt und biografische Spuren von Opfern und Tätern zusammengetragen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit im Rahmen des Bundesprogramms „Jugend erinnert“ werden sie ab dem 27. Januar 2022 bis zum 3. März 2022 jeweils donnerstags präsentieren. Der Trailer steht bereits auf allen gängigen Podcast-Kanälen zur Verfügung.

    Der Podcast ist ein Ergebnis des transnationalen historischen Lernprojekts zum Vernichtungsort Malyj Trostenez, das vom IBB Dortmund (gGmbH) und der Geschichtswerkstatt „Leonid Lewin“ Minsk koordiniert wird. Projektpartner sind das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, das Jüdische Museum Prag, die Gedenkstätte und NS-Dokumentationsstätte Bonn und der Lern- und Gedenkort Jawne in Köln. Das Lernprojekt wird gefördert von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung Zukunft aus Mitteln des Auswärtigen Amtes.

    Die in den vergangenen Monaten aufgenommenen Tonbeiträge ergänzen die Inhalte der Wanderausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“, die zurzeit in Dortmund gezeigt wird und neuerdings unter http://www.trostenez.org als virtuelle Ausstellung zur Verfügung steht.

    Weitere Informationen unter http://www.ibb-d.de.

    Über den Vernichtungsort Trostenez:

    Trostenez war der größte Vernichtungsort in Belarus während der deutschen Besatzungszeit von 1941 bis 1944. Zwischen 50.000 und 206.500 Menschen wurden dort getötet, verscharrt, später exhumiert und verbrannt. 1941 und 1942 wurden mehr als 22.000 Juden aus Berlin, Bonn, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt, Köln und Hamburg, sowie aus Theresienstadt und Wien nach Minsk und Trostenez deportiert. Sie hatten die Illusion, dass die nationalsozialistische Führung ihnen dort die Möglichkeit geben würde, eine neue Existenz aufzubauen. Die Namen wurden mit großer Genauigkeit in Listen verzeichnet. In Minsk angekommen wurde die Mehrzahl der Deportierten jedoch mit wenigen Ausnahmen sofort getötet.

    Weitere Informationen unter http://www.ibb-d.de.

    Über das IBB Dortmund:

    Grenzen überwinden – dieser Leitgedanke ist für das Internationale Bildungs- und Begeg-nungswerk Vision und Lösungsmodell, Ziel und Mittel seiner Arbeit. Weiterbildung und in-ternationale Begegnungen sind seit 1986 die bewährten Markenzeichen des IBB in Dortmund. Das IBB e.V. ist zertifizierter Träger der Erwachsenenbildung und der politischen Bildung sowie an¬erkannter Träger der Jugendhilfe. Die IBB gGmbH betreibt zusammen mit belarussischen Partnern die Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ in Minsk. Seit 2016 ist die IBB gGmbH vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend anerkannte Zentralstelle zur Förderung von Gedenkstättenfahrten.

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