Armut in Dortmund: Große Aktionswoche gegen „Gleichgültigkeit und Vereinsamung“ geplant

Foto: Der Trägerkreis der Aktionswoche „arm_in_Arm“ lädt zu zahlreichen Veranstaltungen ein (v.l.): Friedrich Stiller, Gunther Niermann, Anja Butschkau, Elisabeth Beschorner, Susanne Smolen, Monika Drüger, Ralf Beltermann, Anna Dick und Rainer Klein. 
Friedrich Stiller, Gunther Niermann, Anja Butschkau, Elisabeth Beschorner, Susanne Smolen, Monika Drüger, Ralf Beltermann, Anna Dick und Rainer Klein.

Mehr als ein Viertel der Einwohner Dortmunds ist arm oder von Armut bedroht. Darauf weisen Vertreter des Trägerkreises der Kampagne „arm_in_Arm“ hin.

In der Zeit vom 23. bis 27. Februar laden die Dortmunder Wohlfahrtsverbände, die Katholische Stadtkirche, die Evangelische Kirche, der DGB und das ObdachlosenKaffee Reinoldi zu einer Aktionswoche gegen „Gleichgültigkeit und Vereinsamung“ ein.

Aktionswoche wartet  vom 23. bis 27. Februar mit 32 Veranstaltungen auf

Kana e.V. hat die Mahnwache in der City organisiert. Fotos: Horst Müller
Viele Organisationen beschäftigen sich in Dortmund mit den Folgen der Armut. Foto: Horst Müller

Insgesamt 32 Beiträge, wie Diskussionen, Ausstellungen, Vorträge, besondere Gottesdienste und Spielangebote, stehen bisher auf dem Programm. „Alles beginnt mit dem Hinschauen, damit die Lebenslagen der von Armut Betroffenen überhaupt in den Blick geraten“, meint Pfarrer Friedrich Stiller von der evangelischen Kirche.

Seit der letzten Kampagne vor acht Jahren, so die Veranstalter, hätten sich die Probleme vermehrt. Die Rede ist dabei von Langzeitarbeitslosen, Menschen in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und Obdachlosen.

Bundesweit sind 16 Prozent der Menschen arm oder von Armut bedroht. In Dortmund sind es 26 Prozent, berichtet Anja Butschkau von der AWO. „Daher haben wir einen gemeinsamen Aufruf gestartet. Wir arbeiten eng zusammen, auch wenn wir so verschieden sind.“

Erste Kampagne in Dortmund hatte Erfolge – Arbeit muss weitergehen

In der Reinoldikirche gab es bereits eine Aktion zu "Armut in Dortmund". Foto: Schuetze/VKK
In der Reinoldikirche gab es bereits vor Jahren eine Aktion zu „Armut in Dortmund“. Foto: Schuetze/VKK

Allerdings habe die erste „Arm in Arm“-Kampagne auch Erfolge gehabt: „Die Stadt hat einen Armutsbericht in Auftrag gegeben und da den Aktionsplan Soziale Stadt gestartet“, verdeutlicht Gunther Niermann vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Wobei klar ist, dass viele Probleme nicht auf kommunaler, sondern nur auf Bundes- und internationaler Ebene gelöst werden könnten.

„Wir müssen uns von der Illusion verabschieden, dass alle Menschen im ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Daher brauchen wir mehr Projekte zur Dauerförderung und Stabilisierung“, macht Rainer Klein vom Diakonischen Werk deutlich.

„Wir müssen Beschäftigung finanzieren und nicht Arbeitslosigkeit. Die Kinder müssen sehen, dass ihre Eltern zum Arbeiten das Haus verlassen.“ Das mache Sinn: Denn unter den Obdachlosen seien vermehrt Menschen mit psychischen Erkrankungen, die aufgrund ihrer Krankheit in die Obdachlosigkeit abrutschen würden.

Klare Absage an Hartz-Reformen – Beltermann: „Das waren Rohrkrepierer“

Bettlerin in der Münsterstraße, Armut, Bettler
Eine Bettlerin in der Münsterstraße.

Eine klare Absage erteilt Ralf Beltermann vom DGB den Hartz-Reformen: „Wir haben haben sie vor zehn, zwölf Jahren schon ans Rohrkrepierer abgelehnt. Wir haben eben keinen aufnehmenden Arbeitsmarkt.“

Das untermauert Niermann mit Zahlen: „82 Prozent der Arbeitslosen in Dortmund sind Langzeitarbeitslose. Da hatte kein Programm nachhaltigen Effekt.“ Natürlich sei auch in Dortmund die Arbeitslosigkeit gesunken. „Aber die prekäre Beschäftigung hat zugenommen. Die Leute können von ihrer Arbeit nicht leben“, kritisiert Beltermann.

Das „dicke Ende“ komme noch: Bereits jetzt liege die durchschnittliche Rente von Dortmunder Männern bei 900 Euro, verdeutlicht der Gewerkschafter. Die Menschen, die von den perspektivisch kommenden Rentenabsenkungen betroffenen sein werden, seien da ja noch nicht bei.

Thema Armut soll in die Mitte der Gesellschaft getragen werden

Einer der vielen Armutsmigranten ohne Obdach schläft in einer Hausecke in der Alsenstraße
Einer der vielen Armutsmigranten ohne Obdach schläft in einer Hausecke in der Alsenstraße.

Daher wollen die Veranstalter das Thema Armut „in die Mitte der Gesellschaft“ tragen. „Wir wollen auf die verschiedenen Facetten von Armut hinweisen, aber auch zeigen, was es bereits an guten Ansätzen gibt und darüber ins Gespräch kommen“, erläutert Elisabeth Beschorner, Dekanatsreferentin der Katholischen Stadtkirche.

Der Auftakt der Kampagne ist am Montag, 23. Februar, um 17 Uhr auf der Bühne der Reinoldikirche mit Gesprächen und Musik, unter anderem von Fred Ape und dem Chor Choriander.

Von den katholischen Trägern laden das St. Vincenz-Jugendhilfezentrum, die Jugendhilfe St. Elisabeth und das „Caritas Wohnhaus“ vom 24 bis 26. Februar jeweils von 14 bis 17 Uhr zum „Café International“ im Gemeindezentrum Propstei, Propsteihof 3 ein. Hier gibt es auch Informationen zu den Beratungs- und Unterstützungsangeboten unterschiedlicher Einrichtungen.

Am Dienstag, 24. Februar, wird in der Propsteikirche um 18.30 Uhr ein Gottesdienst zum Thema Armut gefeiert. Die Katholischen Sozialen Dienste (KSD) laden am 25. Februar von 15 bis 17 Uhr zum „Spielfest international“ an der Kirche St. Joseph, Münsterstraße 59 ein.

Ein erstes Resümee der Kampagne gibt es am 27. Februar bei der Abschlussveranstaltung, die von 14 bis 16 Uhr im Dortmunder Rathaus stattfindet.

Mehr Informationen:

Hier gibt es die Übersicht der Veranstaltungen als PDF zum Download: Veranstaltungsliste zu Arm in Arm

Arm in Arm - Projektpartner

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Reaktionen

  1. Diakonie

    Diakonisches Werk lädt zum Nordstadt-Rundgang ein:
    "Jeder Mensch braucht Krankenversicherungsschutz"

    Im Rahmen der Aktionswoche „arm in Arm“ lädt die Diakonie zu einem besonderen Spaziergang ein: Am Dienstag 24. Februar geht es in vier Stationen in der Nordstadt vor allem um das Thema Krankenversicherungsschutz.

    Den sollte jeder in unserer Gesellschaft lebende Mensch haben, könnte man meinen. Dem ist aber nicht so. Der Nordstadt-Rundgang der Diakonie führt zu Orten, die diese Defizite deutlich machen und zeigen, dass viele Menschen um Krankenversicherung ringen müssen oder erst keine Chance auf Teilhabe bekommen. Wohnungslosigkeit und Migration oder Flüchtlingsproblematik und Minderheiten sind oft eng verbunden mit gesundheitlichen Gefährdungen bei gleichzeitiger fehlender Absicherung. Armut wird zu einem hochgradigen Gesundheitsrisiko.

    Diese Zusammenhänge und die entsprechenden Hilfeangebote der Diakonie will der Rundgang zeigen. Treffpunkt ist um 15 Uhr an der ersten Station, der Ökumenischen Beratungsstelle für ZuwandererInnen „Willkommen Europa“. Vor dort geht es zu Fuß zur Beratungsstelle Nord des Dortmunder Gesundheitsamtes (Station für die Aufsuchenden medizinischen Hilfen), dann zum Nordmarkt und Kiosk, und schließlich zum diakonischen Kulturzentrum Wichern, Standort für die Suppenküche Wichern. Hier endet der Rundgang gegen 18 Uhr mit abschließenden Fragen und mit einer leckeren Suppe.

    An jeder Station informieren die dortigen Fachkräfte, zeigen die Einrichtung und stehen für Fragen zur Verfügung – Infos „zum Anfassen“, direkt und vor Ort.

    Direkte Informationen zur Veranstaltung sowie Anmeldung: Regina Adams, Tel. 0231 84 94 278 oder adams@diakoniedortmund.de

  2. Katholische Kirche

    Café International -
Einrichtungen und Dienste stellen sich vor

    In kirchlichen Diensten und Einrichtungen zeigt sich die oft verborgene Armut unmittelbar in der täglichen Arbeit. Im Rahmen der Aktionswoche „arm in Arm“ stellen sich beim „Café International“ von Dienstag, 24. Februar, bis Donnerstag, 26.Februar, jeweils von 14 Uhr bis 17 Uhr im Gemeindezentrum Propstei, Propsteihof 3 verschiedene Wohlfahrtsverbände und kirchliche Dienste und Einrichtungen mit ihren Angeboten vor. Zum Thema der Aktionswoche gibt es außerdem eine Ausstellung mit Fotografien und Bildern sowie Projektinformationen.

  3. Ulrich Langhorst für die Grünen

    Armutsbekämpfung muss Schwerpunkt bleiben

    Aus Sicht der GRÜNEN im Rat macht der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes deutlich, dass die Bekämpfung der Armut in Dortmund ein politischer Schwerpunkt bleiben muss.

    Ulrich Langhorst, Sprecher der GRÜNEN Ratsfraktion: „Nach den Zahlen des Berichts ist nach wie vor jede/r vierte DortmunderIn von Armut bedroht. Das ist dramatisch. Viele der betroffenen Menschen haben aufgrund ihrer Qualifikation keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt. Neben Qualifizierungsmaßnahmen brauchen wir deshalb dringend einen öffentlich geförderten sozialen Arbeitsmarkt, um insbesondere vielen Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu geben. Stattdessen hat die Bundesregierung aus SPD und CDU die Mittel der Arbeitsförderung drastisch gekürzt. Die von uns unterstützte kommunale Arbeitsmarktstrategie ist der richtige und wichtige Versuch, die Versäumnisse der Bundesregierung mit kommunalen Mitteln ein wenig abzumildern. Sie bietet zumindest einigen Betroffenen in Dortmund eine temporäre Beschäftigung. Wir hätten die Mittel dafür gerne um weitere 500.000 Euro aufgestockt. Leider ist uns das in den Haushaltberatungen abgelehnt worden.“

    In der Sitzung des Rates am Donnerstag hatte der Oberbürgermeister angekündigt, erneut nach Berlin zu fahren, um dort die Situation Dortmunds und der Ruhrgebietskommunen deutlich zu machen.

    Ulrich Langhorst: „Dass der Oberbürgermeister die Initiative ergreift, ist gut. Besser wäre es, er käme auch mit konkreten Ergebnissen zurück. Das letzte Mal hat das auch bei seinen eigenen Genossen in Berlin nur in Teilbereichen geklappt. Die Bundesregierung verschiebt die versprochene Entlastung der Kommunen bei der Eingliederungshilfe um 5 Milliarden Euro auf den Sankt Nimmerleinstag. Ein Altschuldenprogramm für die Kommunen ist nicht in Sicht. Es ist auch nicht nachzuvollziehen, warum die Bundesregierung nicht endlich ein Infrastrukturprogramm für Kommunen auflegt, die sowohl vom Strukturwandel als auch von hohen Sozialaufwendungen betroffen sind. Und auch die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes würde die Kommunen entlasten. Doch statt alles zu tun, um die Kommunen zu unterstützen, sonnt sich Herr Schäuble im Glanz seiner schwarzen Null im Bundeshaushalt. Diese schwarze Null geht zu Teilen auf Kosten der Kommunen und damit auch auf Kosten Dortmunds. Und ist deshalb nichts wert.“

  4. KANA-Suppenküche

    "Abendgebet für Frieden und Gerechtigkeit"

    Im Rahmen der Dortmunder „Aktionswoche gegen Gleichgültigkeit und Vereinsamung“ findet am Mittwoch, 25. Februar 2015, um 19 Uhr in der Kana-Suppenküche, Mallinckrodtstr. 114 ein „Abendgebet für Frieden und Gerechtigkeit“ statt. Interessierte sind herzlich willkommen.

  5. AWO Nordstadt

    AWO Ortsverein Nordstadt lädt zum Frühstück

    „Gemeinsam statt Einsam“ ist das Motto eines Frühstücks, zu dem der Awo-Ortsverein Nordstadt am Dienstag, 24. Februar, von 9 bis 11 Uhr stattfindet. Der Ortsverein lädt dazu in seine Begegnungsstätte in der Schumannstraße 6 ein. Das Frühstück findet im Rahmen der Aktionswoche „Arm in Arm – Armut in Dortmund“ statt.

  6. DGB

    Im Rahmen der Aktionswoche „arm in Arm“ führt der DGB in Kooperation mit dem Bündnis „umfairteilen“ eine Veranstaltung zum Thema „Arm und Reich in Deutschland – Analyse und Chronik eines Skandals“ durch.

    Referent ist Prof. Dr. Michael Hartmann. Hartmann studierte Politikwissenschaften, Germanistik, Soziologie, Philosophie und Geschichte. 1979 Promotion zum Dr. phil.; 1983 Habilitation. Von 1999 bis 2014 war er Professor für Soziologie an der TU Darmstadt mit den Schwerpunkten Eliteforschung, Industrie- und Organisationssoziologie, Managementsoziologie, Globalisierung und nationale Wirtschaftsstrukturen.

    Die Veranstaltung findet am Mittwoch, 25. Februar 2015, um 17 Uhr, im Großen Saal der Auslandsgesellschaft NRW statt.

  7. KSD

    Spielefest im Gemeindehaus St. Joseph

    „Arm in Arm – gegen Gleichgültigkeit und Vereinsamung“ – Unter diesem Motto steht das Spielefest im Gemeindehaus St. Joseph in der Münsterstraße 59 am 25. Februar 2015 in der Zeit von 15 – 17 Uhr.

    Im Namen der Katholischen Sozialen Dienste Dortmund e.V. richten wir uns an alle Menschen, die Lust haben, gemeinsam einen schönen Nachmittag zu verbringen. Neben vielen Aktionen wie z.B. Kinderschminken, Verkleidung mit Fotoaktion, Heißer Draht und Glücksrad ist natürlich auch für das leibliche Wohl gesorgt. Hier können die Teilnehmer selbst aktiv werden und Stockbrot und Marshmellows über einem Feuer rösten.

    Wir informieren außerdem über die Möglichkeiten, Strom zu sparen und bieten Besuchern mit geringem Einkommen einen kostenlosen Stromsparcheck bei Ihnen zu Hause an. Falls erforderlich, werden Energiespargeräte wie Lampen, Standby-Abschalter usw. kostenlos eingebaut. Zudem gibt es viele Möglichkeiten zum Austausch! Wir laden Sie alle herzlich ein.

  8. Nordstadtblogger-Redaktion

    Abschlussveranstaltung der Armutswoche am Freitag im Rathaus

    Mit mehr als 30 Veranstaltungen haben in dieser Woche Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften auf die Armut in Dortmund aufmerksam gemacht. Gemeinsam laden sie zur Abschlussveranstaltung in die Bürgerhalle des Rathauses ein (Freitag, 27. Februar, 14 bis 16 Uhr).

    Neben Erfahrungen und Eindrücken aus der Woche „arm in Arm“ präsentieren sie eine sozialpolitische Runde, die über Beschäftigung und Armut genauso diskutiert wie über die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen, die in Armut leben. Mit dabei sind u.a. Michael Taranczewski (Vorsitzender des Sozialausschusses der Stadt Dortmund), Jutta Reiter (DGB), Andreas Gora (AWO), Dirk Rutenhofer (cityring e.V.) und Bastian Pütter (BODO).

    Oberbürgermeister Ullrich Sierau hält ein Grußwort, Stadtdechant Propst Coersmeier eröffnet die Veranstaltung.

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