„Stoppt das Sterben im Mittelmeer“: 300 Menschen unterstützten in Dortmund die Aktion #Seebrücke

Die Seebrücken-Demonstration auf den Straßen Dortmunds.
300 DemonstrantInnen setzten ein Zeichen gegen das Sterben im Mittelmeer. Fotos: Carmen Körner

#Seebrücke ist eine im Juni 2018 gegründete Bewegung, die das Sterben im Mittelmeer stoppen und sichere Fluchtwege schaffen möchte. Denn jede/r fünfte Geflüchtete ertrinkt auf dem Weg nach Europa – nicht hinnehmbar für die Aktiven der Aktion. Sie mobilisierten am Samstag in Dortmund nach Veranstalterangaben 300 Menschen, um auf die Lage aufmerksam zu machen.

„Das Tierrecht schützt in Europa die Tiere mehr als die Menschen, die ich da auf Lesbos gesehen habe.“

Ein Seenotretter berichtet von der aktuellen Situation auf Lesbos.
Ein Seenotretter berichtet von der aktuellen Situation auf Lesbos.

Seit Gründung der Seebrücke-Bewegung waren bereits über 150.000 Menschen in Europa auf der Straße, um gegen die inhumane EU- Abschottungspolitik zu demonstrieren. Die aktuelle Situation im zentralen Mittelmeer ist für sie nicht haltbar.

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Während die absoluten Zahlen Geflüchteter rückläufig sind, ist die Todesrate auf einem Rekordhoch. Nachdem im September dem letzten noch aktiven Rettungsschiff die Flagge entzogen worden war, starb jeder fünfte Flüchtende.

300 Menschen, gekleidet im Seebrücke-Orange, ausgestattet mit Transparenten, Plakaten und Durchhaltevermögen, trotz Eiseskälte, demonstrierten in Dortmund. Der Zug startete mit einer Kundgebung auf dem Platz der Alten Synagoge, direkt am Opernhaus. Hier sprach auch ein Seenotretter, der bis gestern auf Lesbos geholfen hat. Er arbeitete bereits in verschiedensten Positionen bei unterschiedlichen NGOs. „Das Tierrecht schützt in Europa die Tiere mehr als die Menschen, die ich da auf Lesbos gesehen habe,“ sagt er.

Der Seenotretter berichtet von der aktuellen Situation auf Lesbos: katastrophale Hygienezustände; medizinische Unterversorgung und hohe Zäune. Man fühle sich wie im Hochsicherheitstrakt. Die Lager seien für 3.000 Menschen ausgelegt, beherbergten aber 6.000 Geflüchtete. Bis zu drei Jahren verweilen die Menschen in diesen Lagern.

Kurze Auseinandersetzung mit alkoholisierten Fußballfans an der Katharinentreppe – Polizei war sofort zur Stelle

Seebrücken-DemonstrantInnen vor dem Dortmunder U.
Seebrücken-DemonstrantInnen vor dem Dortmunder U.

Das internationale Seenotrecht würde mit Füßen getreten, die Arbeit der Seenotretter erschwert und die Arbeitenden als Schlepper kriminalisiert, so der Redner.

Ein Fall des Seenotretters war sehr einprägsam: Ein libysches Boot mit traumatisierten Geflüchteten hielt kurz vor der Küste das NGO-Boot für die Küstenwache. Sie sagten, laut dem Redner, zur vermeintlichen Küstenwache, dass sie lieber hier und jetzt sterben wollten, als nach Libyen zurückzukehren.

Ansagen wurden außer in Deutsch, auch auf Englisch und Französisch gemacht, damit möglichst viele Menschen alles verstehen können. Nach einer Zwischenkundgebung an der Kampstraße, direkt neben dem Weihnachtsmarkt, gab es eine Abschlussrede auf dem Platz der Deutschen Einheit an der Katharinentreppe.

Dort gab es Parolen von alkoholisierten, rechtsgesinnten Fußballfans, die direkt in antifaschistischen Gegenrufen untergingen. Die Polizei war auch sofort zur Stelle, um die Situation zu klären.

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Weitere Informationen: 

  • Homepage Seebrücke, hier:
  • Dokumentation vom y-Kollektiv über die aktuelle Situation auf Lesbos, hier:
Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:

„Seebrücke“-Demonstration in Dortmund: Gemeinsam gegen europäische Abschottungspolitik und für solidarische Städte

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Reaktionen

  1. Dietmar Köster (SPD-MdEP – Pressemitteilung)

    Aus Seenot gerettete Menschen müssen aufgenommen werden

    Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament Udo Bullmann und der Europaabgeordnete Dietmar Köster appellieren an die EU-Mitgliedstaaten, aber insbesondere an die Bundesrepublik Deutschland, die 49 Menschen, die derzeit auf Booten von Rettungsorganisationen im Mittelmeer gestrandet sind, aufzunehmen. Seit 11 Tagen harren 32 vor dem Ertrinken gerettete Personen auf der Sea-Watch 3 aus und warten darauf, einen sicheren Hafen zugewiesen zu bekommen. In einer ähnlichen Lage befindet sich seit Samstag auch das deutsche Schiff „Professor Albrecht Penck“ der Organisation Sea-Eye mit 17 Geretteten an Bord.

    „Während die Regierung in Spanien mit dem sozialistischen Regierungschef Pedro Sánchez vor wenigen Tagen mehr als 300 geflüchtete Menschen von dem Seenotrettungsschiff ,Open Arms‘ aufgenommen hat, weigert sich das Innenministerium der deutschen Bundesregierung seit über einer Woche eine Zusage für 49 Geflüchtete zu machen. Das ist fahrlässig und beschämend“, sagt S&D-Fraktionschef Udo Bullmann. „Der Innenminister muss jetzt handeln und den Menschen, die auf der Flucht oft Schreckliches erlebt haben, Hilfe gewähren. Das wäre ein gutes Zeichen für ein solidarisches 2019, in dem die humanitäre Katastrophe auf dem Mittelmeer endlich beendet wird“, so Bullmann.

    „Die Blockadehaltung des Innenministeriums ist vor allem deshalb unverständlich, weil die Bundesländer Bremen, Berlin und Hamburg zugesagt haben, geflüchtete Menschen aufzunehmen“, erklärt der Europaabgeordnete Dietmar Köster, der als Mitglied des Ausschusses für Bürgerrechte, Recht und Inneres engen Kontakt zu den Seenotrettungsorganisationen hält. „Die Bereitschaft der Bundesregierung, die aus Seenot geretteten Menschen aufzunehmen, würde es deutlich erleichtern, dass zum Beispiel die maltesischen Behörden der Sea-Watch 3 das Einlaufen in den Hafen von Valetta erlauben“, so Köster.

    Udo Bullmann und Dietmar Köster fordern, im Jahr 2019 endlich den Durchbruch für eine solidarische und auf Menschenrechten basierende Flüchtlingspolitik in Europa zu schaffen. „Es kann nicht sein, dass jedes einzelne Schiff mit geretteten Menschen erneut eine Hängepartie wie diese auslöst. Wir dürfen uns nicht nur auf den guten Willen einzelner Mitgliedstaaten verlassen, sondern brauchen faire europäische Verfahren für den Umgang mit Flüchtlingen“, so Bullmann.

    „Im vergangenen Jahr sind mehr als 2.200 Kinder, Frauen und Männer auf dem Mittelmeer ertrunken – das ist ein Armutszeugnis für Europa. Wir müssen das Sterben endlich stoppen, und das geht nur, wenn alle EU-Mitgliedstaaten an einem Strang ziehen. Daher brauchen wir ein eigenes Seenotrettungsprogramm der EU. Vorschläge für eine umfassende Reform der europäischen Asylpolitik liegen seit Langem auf dem Tisch und sind im europäischen Parlament bereits verabschiedet worden – 2019 müssen sich die Mitgliedstaaten endlich bewegen“, so Köster.

  2. Seebrücke Dortmund (Pressemitteilung)

    SEEBRÜCKE-Proteststaffel gegen das Sterben im Mittelmeer

    Mit einer mehrwöchigen Proteststaffel für Humanität und Solidarität durch zahlreiche Städte verleiht die SEEBRÜCKE ihrer Forderung nach einem Ende des Sterbens im Mittelmeer Nachdruck. Als Symbol für die dramatische Situation im Mittelmeer bringt die SEEBRÜCKE ein Schlauchboot in die Innenstädte, mit dem Schutzsuchende vergeblich versucht haben, der libyschen Hölle zu entkommen.

    „Die europäische Abschottungspolitik hat den Tod tausender Menschen an den Außengrenzen zur Folge“, erklärt Jolanta Lisowski, Aktivistin der SEEBRÜCKE Kassel. „Nun bringen wir eines der Schlauchboote in die Städte, um die Verzweiflung der Menschen zu verdeutlichen, die alles riskieren, um der libyschen Hölle zu entkommen.“

    Das Boot wurde von der durch die Europäische Union finanzierten sogenannten „libyschen Küstenwache“ abgefangen. Die Schutzsuchenden wurden in die libyschen Folterlager zurückgebracht. Die Crew der Sea-Eye fand das verlassene Boot und brachte es nach Deutschland. „Ob die Menschen mit anderen Booten die Flucht geschafft haben, ob sie noch in libyschen Lagern interniert oder tot sind, werden wir nie erfahren,“ so Markus Groda, der mehrfach für Sea-Eye bei der Seenotrettung im Mittelmeer aktiv war.

    Neben dem Schlauchboot trägt die SEEBRÜCKE ein Transparent von Stadt zu Stadt, auf dem alle Menschen mit ihrer Unterschrift ein Zeichen gegen die unmenschliche Abschottungspolitik der Europäischen Union setzen können. „Angesichts des Sterbens im Mittelmeer fordern wir die europäischen Regierungen und die Bundesregierung auf, sich endlich zu ihrer humanitären Verantwortung zu bekennen und dafür zu sorgen, dass kein Mensch mehr im Mittelmeer ertrinken muss,“ bekräftigt Claus Beckmann von der SEEBRÜCKE Hildesheim. „Wir werden solange laut sein und Druck ausüben, bis unsere Forderungen nach einer menschlichen und solidarischen Politik umgesetzt sind.“

    Die SEEBRÜCKE fordert
    ● die Schaffung sicherer Fluchtwege und die Gewährleistung einer menschenwürdigen Aufnahme von Menschen auf der Flucht,
    ● die Anerkennung und Unterstützung der Arbeit der zivilen Seenotrettung auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen und das Ende der Kriminalisierung der Seenotretter*innen,
    ● das Ende der Unterstützung der sogenannten „libyschen Küstenwache“ durch die Europäische Union und den sofortigen Stopp der völkerrechtswidrigen Rückführungen von Schutzsuchenden in das Bürgerkriegsland,
    ● einen festen europäischen Mechanismus zur Aufnahme von Menschen, die aus Seenot gerettet wurden, um wochenlange Hängepartien zu verhindern,
    ● eine Gesellschaft, die nicht auf Abschottung und Abschiebung setzt, sondern sich der Menschenwürde, Solidarität und Bewegungsfreiheit verpflichtet,
    ● dass Kommunen, die sich zu Sicheren Häfen erklärt haben, die Möglichkeit haben, zusätzlich zur Verteilungsquote aus Seenot gerettete Schutzsuchende aufzunehmen.
    Hintergrund

    Die SEEBRÜCKE organisiert die Proteststaffel für Humanität und Solidarität zwischen dem 26. April und 19. Mai 2019. Am 4.5. ab 15 Uhr wird die Seebrücke-Proteststaffel in Dortmund halt machen. Ort: Reinoldikirche/Westenhellweg

    Die Dortmunder Veranstaltung finden Sie auch auf der Facebook-Seite der Seebrücke Dortmund.
    https://www.facebook.com/events/2382070758682464/

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