„Stein-Papier-Schere“: Künstlerische Arbeiten aus der Dortmunder Partnerstadt Novi Sad in der „BIG gallery“

Die Ausstellung „Rock-Paper-Scissors“ (Stein-Papier-Schere) präsentiert zwölf KünstlerInnen aus Dortmunds Partnerstadt Novi Sad (Serbien) durch ihre Kunstwerke auf Papier, auf Papier, ergänzt durch den Einsatz von Stein oder Schere: Zeichnungen, Collagearbeiten, Lithografien, Objekte sowie eine Videoinstallation.

Fragen der Macht, (Un-)Gerechtigkeit, Entscheidungsfindung, Glücksfaktor oder „höhere Gewalt“

Das Thema bezieht sich einerseits auf das verwendete Material, andererseits vergleicht es Leben und Kunst mit diesem bekannten Spiel sowie mit weniger unterhaltsamen und komplexeren Phänomenen wie: den Fragen der Macht, (Un-)Gerechtigkeit, Entscheidungsfindung in Krisensituationen, Glücksfaktor oder Vorhandensein von „höherer Gewalt“, die manchmal den Vorsitz über Fähigkeiten und harte Arbeit übernimmt und in der Regel ein Gleichgewicht schafft, das oft gestört wird, aber niemand anders als wir selbst.

Diese Probleme spiegeln sich in den Kunstwerken der folgenden Autoren wider:
Danijel Babić, Danica Bićanić, Maja Erdeljanin, Goran Despotovski, Jelena Đurić, Goran Jureša, Nebojša Lazić, Lazar Marković, Mileta Poštić, Monika Sigeti, Jelena Sredanović und Georg Vinokić stellen aus.

Das Spiel „Stein-Papier-Schere“ wird paarweise gespielt; es gibt drei Symbole, die die Spieler mit den Händen bilden – eine Faust für Stein, eine offene Handfläche für Papier und zwei ausgestreckte Finger für die Schere. Jedes der Elemente ist stärker oder schwächer als die anderen.

Der Glücksfaktor oder die erfolgreiche psychologische Beurteilung des Gegners beeinflusst die Wahl des Symbols, das die Spieler zeigen. Aufgrund seines zufälligen Charakters ist es oft eine Methode der Wahl, um unvoreingenommene Entscheidungen zu treffen, anstatt eine Münze zu werfen oder Strohhalme zu ziehen.

Die thematischen und performativen Konzepte der in der Ausstellung vertretenen Künstler sind auch paarweise zu sehen, die sich durch ihre kreativen Ausdrucksformen gegenseitig ergänzen und gegenüberstellen. Einige der Künstler werden mit Zeichnungen auf Papier vorgestellt.

Das zeigen die teilnehmenden KünstlerInnen in Dortmund:

Danijel Babić greift das Ausstellungsthema konkret auf, mit einem gleichnamigen Stück, das mit viel Ironie eine problematische emotionale Beziehung zwischen zwei Menschen darstellt, bei der jeder von ihnen versucht, über den anderen zu dominieren. Durch reduzierte Figuren und Linien, fast ohne Farbe, gibt er eine klare grafische Darstellung der persönlichen Enttäuschung.

Jelena Đurić hingegen reflektiert auch die Komplexität der Interaktionen zwischen Menschen in einer Beziehung und zeigt sie durch abstrahierte farbige Oberflächen, die in Ölkreiden auf Papier als „Begegnungen“ dargestellt sind. Das Papier wird stellenweise abgerissen und abgezogen, aber diese scheinbare Zerstörung des Materials, gepaart mit der Dynamik von Linien und farbigen Flecken auf dem Hintergrund leerer weißer Flächen, trägt zur Fülle und Harmonie des Bildes als Ganzes bei.

Mileta Postic
Mileta Postic

Mileta Poštić hat sein Interessengebiet um alle Lebensbereiche erweitert, in erster Linie um die auf dem medialen Imperativ basierende Kultur und eine Masse an oberflächlichen Informationen, die angeblich eine Person auf ein erfolgreiches Leben vorbereiten soll.

Mit seinen im Buch „111 Rezepte für ein glückliches Leben“ veröffentlichten Werken bietet er klare, etwas alptraumhafte, teils humorvolle, cartoonartige Darstellungen der zeitgenössischen Gesellschaft, die uns durch ihre Segmente vom Tabu über Verschwörungstheorien bis hin zu Instant Life Philosophien führen.

Realistisch-figurative Bilder von etwas bizarren Szenen finden sich auch auf den Zeichnungen von Monike Sigeti. Sie gestaltet das Format des Papiers buchstäblich um, schneidet es mit der Schere und gibt den fehlenden Teilen eine wichtige Rolle bei der Komposition. Der Rest des Formats wird von gezeichneten und farbigen weiblichen Figuren abgedeckt, die konservativ gekleidet und in üppigen Innenräumen positioniert sind, umgeben von mehreren Bildern, so dass der Betrachter sich den Rest der Geschichte sowie die Geschichte der Elemente vorstellen kann, die dem Format des Stückes dauerhaft entzogen werden.

Die Collage, als Medium, das eine große Bandbreite an Kombinationen von Techniken und Bildern, visuellen Referenzen und Reaktionen darauf ermöglicht, ist eine Art Dialog mit halbfertigen Lösungen, mit bereits vorbereiteten Kunststatements.

Maja Erdeljanin
Maja Erdeljanin

Maja Erdeljanin versteht Collage als Ausgangspunkt für eine Geschichte über die Momente, die nicht unvergesslich sind, die wir am wenigsten schätzen, die aber den Großteil unseres Lebens ausmachen. Ihre Arbeit ist eine Collage aus Bustickets, Flyern, Quittungen für bezahlte Rechnungen. „The Days of Awareness“ ist ihr persönlicher Kalender und Tagebuch, den sie gelegentlich seit mehr als zehn Jahren wieder besucht, um für jedes Datum im Kalender ein Stück zu widmen. Im Gegensatz zu dieser Behandlung der persönlichen Geschichte und einer gezielten Ablenkung von großen Themen gibt es Werke von

Gorana Jureša, der durch Collagen „Dekonstruktion der Welt“ und historische Fakten von der Blutrünstigkeit einiger Machthaber spricht, die ungestraft bleibt, wenn es genügend Menschen gibt, die durch ihre Ergebnisse korrumpiert werden. Wenn es um den Nutzen einer Nation geht, auch wenn es nur um die reichste Klasse der Nation geht, sucht niemand Gerechtigkeit für die andere Nation, auf deren Kosten dieser Nutzen erzielt wird. Wie seine historischen Themen und Figuren, die es behandelt, bestehen seine Collagen aus scharfen Ausschnitten aus Lehrbüchern und bestehen aus Schulheftpapier, das als Umgebung für die Weltsicht des Künstlers dient.

Grafikpapier dient als Hintergrund für die Arbeiten mehrerer KünstlerInnen, wobei schwere lithographische Steine oder Holzmatrizen als Mittel dienen, um das persönliche Streben des Künstlers nach kreativer Freiheit zu erreichen. Indem er Vögel und Käfige in energetischen schwarzen Linien zeichnet, die Käfige, die zu inhaftieren drohen oder die sie gerade befreit haben, lässt der Autor seine Ängste und Grenzen fallen, die durch die Normen der Welt auferlegt werden, die für ihn in diesem Moment frei von jeglicher Farbe ist.

Im Gegensatz zu diesen gewaltsam geerdeten Vögeln bietet Jelena Sredanović dem Betrachter eine Vision eines freien Vogelfluges. In ihren farbigen Drucken, die in der lithographischen Technik des Holzschnitts ausgeführt werden, stellt sie den blauen Himmel über den Wolken dar und erhebt sich über die vorübergehenden Schwierigkeiten, die uns vergessen lassen, dass die Sonne immer wieder über uns scheint. Das Gefühl der Leichtigkeit in den fast fotorealistischen Bildern von weichen Wolken wird durch das sehr feine Japanpapier, auf dem diese großformatigen Stücke gedruckt werden, verstärkt.

Lazar Marković erstellt seine Zeichnungen am Computer. Er dekonstruiert abstrahierte Fotografien seiner Umgebung, verändert deren Struktur digital durch Farben und Zeichnungen und greift dann gezielt in die gedruckten Kopien ein, um seine Haltung gegenüber den ewig parallelen Prozessen von Konstruktion und Dekonstruktion der Welt zu zeigen.

Georg Vinokic
Georg Vinokic

Auch Georg Vinokic betrachtet aus seiner eigenen Perspektive die Vergänglichkeit und die Machtverhältnisse innerhalb eines Individuums. Die Strukturen der Gemälde auf Leinwand und Papier werden bisher durch Pappmaché bereichert.

Die von ihm geschaffenen Reliefs verändern die Oberfläche der Stücke für immer und bestimmen die Komposition, aber das Motiv der vordefinierten Grenzen als solche spricht für die Anfälligkeit für Veränderungen. „Die Passanten“ sind zerbrechliche, statische Pflanzen, die vor uns sprießen, wachsen, Früchte tragen und sterben.

Schließlich umfasst diese Ausstellung Arbeiten von zwei KonzeptkünstlerInnen, die sich mit dem Innenraum der Galerie befassen.

Danica Bićanić zeigt weiche Objekte, die an Steine erinnern und eigentlich entweder Stapel von Plastiktüten mit Müll oder Nylons sind, die zu einer Collage auf einer Papieroberfläche verarbeitet wurden. Interaktive Skulpturen aus Weichgummi, genannt „Shaping“, sind für das Publikum da, um sich nach Belieben zu formen, so dass die willigen Besucher Künstler werden und gemeinsam die Realität, d.h. die Skulptur, in Abhängigkeit von ihren unterschiedlichen Wahrnehmungen, Beziehungen und Kommunikation gestalten können.

Goran Despotovski behandelt die menschliche Figur und die Rollen, die wir während unseres Lebens einnehmen, sich anpassen, uns von außen und innen verändern lassen. Die Druck- und Videoarbeit „Electricity“ schneidet die menschliche Hautoberfläche auf Segmenten wie ein Schneidermodell. Es zeigt auch „Muster“ in Form von Poren und Körperhaaren sowie Schäden, Hautstellen und Narben, die bei längerem Gebrauch auftreten.

Am Sonntag um 11 Uhr wird die Ausstellung in Dortmund eröffnet

Insgesamt 12 KünstlerInnen aus Novi Sad präsentieren ihre Arbeiten in der Big Gallery in Dortmund. Fotos: Alexander Pohl/ VG Bild-Kunst
Insgesamt 12 KünstlerInnen ihre Arbeiten in Dortmund. Fotos: Alexander Pohl/ VG Bild-Kunst

Mehrere Techniken, der Übergang von einer Zeichnung in einen Druck, von einem Druck in einen Digitaldruck, von einem Bild in ein Objekt, von einem Objekt in eine Videoinstallation, von einer Installation in eine Collage und von ihr zurück in eine Zeichnung, ist ein Merkmal fast aller Stücke in dieser Ausstellung.

Das gilt auch für das beliebte Spiel, nach dem die Ausstellung benannt ist, wobei keines der Subjekte, keines der Themen, keine der Techniken, den anderen überlegen ist, aber es dient nur als temporäres Mittel, um die Kommunikation der Botschaft zu erleichtern, als kreatives Werkzeug.

Seit 2015 gibt es gute Kontakte zwischen den Künstlerinnen und Künstlern der Dortmunder Gruppe
und ihren Kollegen aus unserer Partnerstadt Novi Sad. Gefördert werden verschiedenen Kooperationen
auch von den hiesigen Kulturbetrieben. Im Jahr 2021 ist Novi Sad als Kulturhauptstadt vorgesehen.
Ein Grund mehr, verschiedene KünstlerInnen zu einem „künstlerischen Sommer“ mit ihren neuen Projekten einzuladen.

Die Ausstellung wird am Sonntag. den 11. August um 11.00 Uhr eröffnet.Die Begrüßung übernimmt Peter Kaetsch (Vorstand der BIG direkt gesund). Ein Grußwort wird Burkhardt Rinsche (Kulturbüro Stadt Dortmund) sprechend. Die Einführung übernimmt Alexander Pohl (Vorstand der Dortmunder Gruppe)
im Gespräch mit Maja Erdeljanin (Kuratorin, Kultur Centrum, Novi Sad)

Mehr Details: 

  • Stein-Papier-Schere, vom 11. bis  30. August 2019
  • Öffnungszeiten: montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr
  • Der Eintritt ist frei
  • BIG gallery am Dortmunder U
    in der BIG direkt gesund
    Rheinische Straße 1, 44137 Dortmund

 

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