Schwarzes Brot, klarer Schnaps und kein Humor? Eine Ausstellung im MKK feiert 200 Jahre Westfalen

Stifts-Export, Bierkasten mit Flaschen, Verein zur Förderung der Heimatpflege e.V. Hörde, Foto: Jürgen Spiler
Stifts-Export, Bierkasten mit Flaschen, Verein zur Förderung der Heimatpflege e.V. Hörde, Foto: Jürgen Spiler

Es geht um Heimat und Identität, um Bilder im Kopf und gern zitierte Klischees, um (fast) vergessene Helden, große Geschichte und kleine Geschichten. Die Jubiläumsausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ (28. August 2015 bis 28. Februar 2016) im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte fragt, was die Region heute ausmacht, was und wer sie geprägt hat.

Westfalens Aufschwung kam mit den Preußen – Ausstellung dokumentiert 200 Jahre

Westfalen - 200JWJ_TeaserRund 800 Exponate werden auf insgesamt 1.800 Quadratmetern Ausstellungsfläche aufwändig inszeniert.

Partner des Dortmunder Museums sind der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und der Westfälische Heimatbund, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert.

Es waren die Beschlüsse des Wiener Kongresses von 1815, die es ermöglichten, dass aus einem Flickenteppich von Territorien die preußische Provinz Westfalen entstehen konnte. Eine Zeit des Umbruchs begann: Neue Strukturen in Politik und Verwaltung, der Ausbau der Infrastruktur, Erfindungen und Innovationen veränderten Westfalen und den Alltag der Menschen.

Dortmund ist ein wichtiger Teil Westfalens, und Westfalen ist wichtig für Dortmund

Karikatur auf die Ruhrbesetzung, 1923/24, Heinrich Schaub, Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund, Reproduktionsfoto: Jürgen Spiler
Karikatur auf die Ruhrbesetzung, 1923/24, Heinrich Schaub/MKK., Reproduktionsfoto: Jürgen Spiler

„Es freut mich, dass wir diese Ausstellung in unserer Stadt präsentieren können. Dortmund ist ein wichtiger Teil Westfalens, und Westfalen ist wichtig für Dortmund. Die Ausstellung zeigt das.

Um nur zwei der Ereignisse aus den letzten 200 Jahren zu nennen: 1899 weihte Kaiser Wilhelm II. den Dortmunder Hafen ein, bis heute ist er der größte Kanalhafen Europas.

Und die Dortmunder Westfalenhalle ist nach wie vor ein Ort mit großer Strahlkraft.

Unterdessen sind Menschen mit mehr als 180 Nationalitäten hier her gekommen und haben mit ihrer Kultur unsere Stadt und damit auch Westfalen bunter, spannender und reicher gemacht“, sagte Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

Das „Who is Who“: Westfalen ist vielfältig …

Alfred Rethel, Die Harkortsche Fabrik auf Burg Wetter, um 1834, Foto: Madeleine-Annette Albrecht/MKK
Alfred Rethel, Die Harkortsche Fabrik auf Burg Wetter, um 1834, Foto: Madeleine-Annette Albrecht/MKK

… und das westfälische „Who is Who“ ist beachtlich: Die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff war Westfälin, Friedrich Harkort – der „Vater des Ruhrgebiets“ –, der Theologe Friedrich von Bodelschwingh ebenso wie der Computerpionier Heinz Nixdorf und auch der seltsame Freiherr Gisbert von Romberg II., der als der „Tolle Bomberg“ in die Annalen einging.

Man produzierte hier Alu für das erste Luftschiff, baute die damals größte Talsperre Europas und die Köln-Mindener-Eisenbahn.

Erze und Kohle, Salz aus den königlichen Salinen in Unna, feines Leinen, Wacholderschnaps oder Schrauben, Nägel und Aluminiumknöpfe – per Schiff, per Bahn und auf der Straße gelangten sie in alle Landesteile und manchmal in die ganze Welt.

So lieferte man sogar Nähnadeln nach China und Sensen nach Südamerika.

Die Ausstellung im Dortmunder MKK will ein sinnliches Erlebnis bieten

Bauernmädchen mit zwei Pumpernickelbroten, 1919, Foto: Heinrich Genau, LWL-Medienzentrum für Westfalen
Bauernmädchen mit zwei Pumpernickelbroten, 1919,
Foto: Heinrich Genau/LWL

Für die Ausstellung wurden Objekten und Relikte zusammengetragen, die Veränderungen sichtbar machen, Meilensteine markieren oder den Menschen in Westfalen etwas bedeuten.

Das Spektrum reicht vom „Spott-Tuch“ bis zum Grenzstein, vom Luftschiff aus dem 19. Jahrhundert bis zum hochmodernen Maisgebiss.

„200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ will zeigen, dass „Made in Westphalia“ auch in der globalisierten Welt noch eine Rolle spielt und fragt: Wie sieht es mit den gern zitierten Klischees aus?

Westfalen sind stur, arbeitsam, humorlos und eher rückständig, sie essen Pumpernickel, Schinken und trinken Schnaps.

Stadt, Land, Heimat – Westfalen als politische Klammer

„Westfalen war von Beginn an vor allem eine politische Klammer für ein Gebiet mit großen Gegensätzen“ so Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und Vorsitzender des Westfälischen Heimatbundes (WHB).

„Das verlangte der Region viel Anpassung und Integrationsfähigkeit ab und hat sie umgekehrt durch Offenheit für andere und anderes zukunftsfähig gemacht. Diese Wandlungsfähigkeit ist der Wirtschaft in Westfalen bei Strukturkrisen sehr zugute gekommen.

Westfälischen Nachrichten, 1955, Foto: Bernhard Hülsmann, © Heimatverein Borghorst e.V.
Westfälischen Nachrichten, 1955, Foto: Bernhard Hülsmann/ Heimatverein Borghorst e.V.

In der Gesamtregion gab es keine wirtschaftliche Monostruktur, so dass – mit unterschiedlichem Tempo in den Teilregionen – der Strukturwandel gelungen ist und noch gelingt.

Die Teilregionen in Westfalen sind stark – und warum auch nicht: So wie es doppelte Staatsbürgerschaften gibt, so kann man sich gleichzeitig als Dortmunder, als Bürger des Ruhrgebietes und als Westfale fühlen.

Diesem modernen Westfalenbewusstsein können Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung nachspüren. Darum ist dieses Jubiläum für uns ein willkommener Anlass, die historisch gewachsene Vielfalt unserer Region zu zeigen, deren verbindende Klammer heute der LWL ist.

Auch der Westfälische Heimatbund, trägt – seit 100 Jahren – maßgeblich dazu bei, das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit zu vertiefen. Viele Heimatverbände haben die Ausstellung aktiv unterstützt und besondere Exponate beigesteuert: Dazu gehören unter anderem Produkte, die den Namen „Westfalia“ tragen, gerade davon gibt es nach wie vor erstaunlich viele.“

Selfie ohne Kaiser oder mach mit und mach dir dein eigenes Bild!

Traditionsbetrieb Bäckerei Fischer am Rathaus, Dortmund, seit 1848, Foto: Stefan Grey, 2014
Traditionsbetrieb Bäckerei Fischer am Rathaus, Dortmund, seit 1848, Foto: Stefan Grey

Unter dem Motto „Mach dir dein eigenes Bild“ sind die Besucherinnen und Besucher eingeladen – in der Ausstellung, bei Exkursionen und Veranstaltungen des vielfältigen Rahmenprogramms – Westfalen selbst zu erforschen.

Und auf dem Dortmunder Königswall, direkt vor dem Museum, steht ein Nachbau des Kaiser-Wilhelm-Denkmals der Porta Westfalica.

Hier fehlt allerdings die Statue von Wilhelm I., an ihrer Stelle ist Platz für alle, die Selfies machen wollen, um Teil der Ausstellung zu werden – gern mit Geburtstagsglückwünschen für Westfalen: (bild@200jwj.de)

Mehr Informationen:

  • Mehr zur Fotoaktion gibt es vor Ort und unter „Mach mit“ auf der Homepage: www.200JahreWestfalen.Jetzt
  • Zur Ausstellung erscheint ein reichbebilderter Katalog (Aschendorff Verlag, 496 S., 19,90 €), ein Entdeckerhandbuch für Kinder und je eine Ausstellungszeitung für jedes Territorium.
  • Die Ausstellung des Museums für Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund entsteht in enger Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und dem Westfälischen Heimatbund, der 2015 sein 100-jähriges Bestehen feiert.
  • Schirmherrin ist die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft.
  • Für die großzügige Förderung dieses Projekts bedanken sich die Ausstellungsmacher beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der LWL-Kulturstiftung, der NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege, dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, den Sparkassen in Westfalen-Lippe, dem Westfälischen Heimatbund, der Westfalen-Initiative und der Kulturstiftung der Provinzial Versicherung.
Print Friendly, PDF & Email

Reaktionen

  1. MKK

    Konzert im Rahmen der Ausstellung

    Im Rahmen der Ausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ findet am Samstag, 29. August, 19 Uhr, ein Konzert mit Poetry-Slammer Fabian Navarro und Musiker Henrik Boehl in der Rotunde des Museums für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3, statt, die ihre Sicht auf Westfalen präsentieren.

    Der Eintritt kostet sechs Euro, ermäßigt drei Euro, inklusive Eintritt zur Sonderausstellung für diesen Tag bis 19 Uhr.

  2. MKK

    Öffentliche Führung durch die Sonderausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“

    Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3, lädt am Sonntag, 6. September, 11 Uhr, zu einer öffentlichen Führung durch die Sonderausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ ein.

    Die Teilnahme kostet drei Euro zuzüglich zum Museumseintritt. Weitere Infos, auch zum Begleitprogramm, gibt es auch im Internet unter http://www.200JahreWestfalen.Jetzt

  3. MKK

    „Westfalenlied“ – Filmpräsentation im MKK

    Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3, zeigt am Donnerstag, 24. September, 18 Uhr, im Rahmen der Ausstellung „200 Jahre Westfalen.JETZ!“ den Film „Westfalenlied“.

    „Ein großer echter Heimatfilm vom Land der Roten Erde! – so bewarb Regisseur und Produzent Karl-Heinz Kramer seinen Film „Westfalenlied“, der im April 1957 in Münster seine umjubelte Premiere feierte. Anders als die gängigen Genreproduktionen jener Zeit handelte es sich bei diesem „Heimatfilm“ allerdings nicht um einen Spielfilm, sondern um eine Dokumentation.

    In sechs Kapiteln portraitiert Kramers 85-minütiger Kulturfilm die Schönheit und Vielfalt Westfalens: Natur und Landschaft, Geschichte und Baudenkmäler, Arbeit, Glauben, Persönlichkeiten und Kulturzeugnisse sowie Brauchtum und Tourismus werden in langen Kamerafahrten und ruhigen Einstellungen in Szene gerückt.

    Während der Filmkommentar ein Heimatgefühl beschwört, das im 21. Jahrhundert längst aus der Mode gekommen ist, stellen die Filmbilder heute wichtige visuelle Zeugnisse ihrer Entstehungszeit dar.
    Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der preußischen Provinz Westfalen wird der Film erstmals in einer vom LWL-Medienzentrum hochwertig digitalisierten Fassung gezeigt.

    Begrüßt werden die Besucherinnen und Besucher durch Dr. Dr. Elke Möllmann, Geschäftsbereichsleiterin der städtischen Museen Dortmund und Michael Pavlicic, stellvertretender Vorsitzender der LWL-Landschaftsversammlung. Eine Einführung hält der Historiker und Leiter des LWL-Medienzentrums Prof. Dr. Markus Köster.

    Der Eintritt ist frei. Um eine Anmeldung unter Telefon 0151-591 3966, oder per Mail unter katarzyna.salski@lwl.org wird gebeten.

    Der erstmals öffentlich vorgestellte Film mit Begleitheft kann bei der Veranstaltung als DVD zum Preis von 14,90 Euro erworben werden.

    Erwerben kann man den Film auch beim LWL-Medienzentrum für Westfalen, Fürstenbergstraße 14, 48147 Münster. E-Mail: medienzentrum@lwl.org

    Weitere Infos gibt es im Internet unter http://www.westfalen-medien.lwl.org

    Westfalenlied: Ein Heimatfilm vom Land der Roten Erde von 1957

  4. MKK

    Öffentliche Führung durch die Sonderausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“

    Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3, lädt am Sonntag, 4. Oktober, 11 Uhr, zu einer öffentlichen Führung durch die Sonderausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ ein.

    Die Teilnahme kostet drei Euro zuzüglich zum Museumseintritt.
    Weitere Infos, auch zum Begleitprogramm, gibt es auch im Internet unter http://www.200JahreWestfalen.Jetzt

  5. MKK

    Kuratorenführung durch die Ausstellung

    Im Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3, führen am Donnerstag, 8. Oktober, 18 bis 19.30 Uhr, die Kuratorinnen Dr. Brigitte Buberl und Carina Berndt durch die große Sonderausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“

    Die Teilnahme kostet drei Euro zzgl. zum Museumseintritt. Info-Telefon: (0231) 50-25522, E-Mail: mkk@stadtdo.de.

  6. MKK

    Öffentliche Führung durch die Sonderausstellung

    Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3, lädt am Sonntag, 25. Oktober, 11 Uhr, zu einer öffentlichen Führung durch die Sonderausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ ein.

    Die Teilnahme kostet drei Euro zuzüglich zum Museumseintritt. Weitere Infos, auch zum Begleitprogramm, gibt es auch im Internet unter http://www.200JahreWestfalen.Jetzt

  7. MKK

    Öffentliche Führung durch die Sonderausstellung

    Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3, lädt am Sonntag, 1. November, 11 Uhr, zu einer öffentlichen Führung durch die Sonderausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“ ein.

    Die Teilnahme kostet drei Euro zuzüglich zum Museumseintritt.
    Weitere Infos, auch zum Begleitprogramm, gibt es auch im Internet unter http://www.200JahreWestfalen.Jetzt

  8. MKK

    Samstag, 7. November 2015, 19 Uhr:

    „Früher war alles besser – und aus Holz!“ – pattu bringt Blues und Plattdeutsch zusammen

    Ein echt westfälisches Konzert! Am 7. Nov. im Museum für Kunst und Kulturgeschichte.
    Neue plattdeutsche Lieder? „Nostalgie ist gar nicht unsere Sache“ sagen die Musiker von pattu. Aber: Könnte man das münsterländische Dorf- und Landleben besser darstellen als in dieser alten Regionalsprache?

    In ihren Liedern werden – liebevoll, mit leichter Ironie und viel Humor – skurrile Gestalten besungen: knorrige Dickköpfe, unnahbare Frauen, kunstsinnige Bäuerinnen oder Trecker-Zombies, dazu in Folk- und Blues-Rhythmen auch Tiefsinniges oder die Landschaft im Wechsel der Jahreszeiten. Zwischendurch gibt’s Anekdoten und typisch plattdeutsche Witze – so dass am Ende der Zuhörer ahnt, was pattu längst weiß: das Münsterland ist die Toskana Westfalens und der Münsterländer der Italiener des Nordens. Nu kümms Du! Und lern ein plattdeutsches Lied …

    GEORG BÜHREN, Gitarre und Gesang
    ALEXANDER BUSKE, Gitarre
    PETER EGGER, Bass
    JÜRGEN MÖNKEDIEK, Saxophon und Gesang

    Und hier kann man mal reinhören: http://www.pattu.de

    Eintritt: 6 €, ermäßigt: 3 €, am Tag der Veranstaltung inkl. Besuch der Sonderausstellung bis 19 Uhr.

    —————————————————–

    Sonntag, 8. November 2015, 10-17 Uhr:

    Westfälische Sagen, Onkel Emil und frischgepresste Pferde-Knöpfe

    An den westfälischen Familiensonntagen finden in der Westfalen-Ausstellung Wandelkonzerte statt und szenische Aufführungen. Die Münsteraner Theatermacher Freuynde + Gaesdte bringen „Opa Emil“ ins Museum. Der Flusspoet Thorsten Trelenberg – der gern am Wasser dichtet – berichtet von „Ruhelosen Träumen“ und „Kirschtattoos“. Jessica Burri erzählt mit Sopran und ihrem Instrument, dem Dulcimer, westfälische Sagen.

    Ein Westfälischer Schinken wird live zerlegt und es darf probiert werden. Die „Knopfmaschine“ ist in Aktion! Den Sonderdruck aus Alu mit Pferd gibt’s nur hier und nur am Familiensonntag. Außerdem laden die Time-Guides von der Ricarda-Huch-Realschule zur Reise mit der Kartoffel-Zeitmaschine ein. Alles kostenlos (außer Eintritt).

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert