Scharfe Kritik von jüdischen Gemeinden und Organisationen an Rechtspopulisten: „AfD – keine Alternative für Juden!“

Baruch Babaev bei der Chanukka-Feier 2017.
Baruch Babaev, Gemeinderabbiner in Dortmund, hält die AfD nicht für eine „Alternative für Juden“.

Die bevorstehende Gründung eines jüdischen Arbeitskreises in der AfD hat breite Aufmerksamkeit gefunden. „Wir haben uns daher entschlossen, heute gemeinsam mit anderen großen jüdischen Organisationen in Deutschland eine gemeinsame Erklärung gegen die AfD zu veröffentlichen“, betont auch der Dortmunder Gemeinderabbiner Baruch Babaev. Er trägt die Erklärung der 17 unterzeichnenden jüdischen Organisationen bzw. Zentralstellen in Deutschland mit. Die Botschaft ist klar: „Die Partei ist ein Fall für den Verfassungsschutz, keinesfalls aber für Juden in Deutschland“, heißt es in der Erklärung, die auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland und der allgemeinen Rabbiner-Konferenz unterzeichnet wurde. Die jüdischen Organisationen sehen in der AfD eine antisemitische und rassistische Partei und „eine Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland“.

 

Hier die Erklärung im Wortlaut:

„Die AfD versucht seit geraumer Zeit, mit ihrer vermeintlichen Verbundenheit mit dem Staat Israel und ihrer angeblichen Sorge um die Sicherheit der Jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zu punkten. Nun wird gar ein Arbeitskreis für Juden in der AfD gegründet. Nichts an der Politik der AfD solle die Jüdische Gemeinschaft beunruhigen, so der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland. Die vormalige AfD-Vorsitzende, Frauke Petry, behauptete, die AfD sei der „Garant jüdischen Lebens in Deutschland“. Wirklich? Nein, die AfD ist keine Partei für Juden! 

Mit diesem Logo ist die gemeinsame Erklärung versehen.
Mit diesem Logo ist die gemeinsame Erklärung versehen.

Wenn Juden auf die AfD als Garant für jüdisches Leben in Deutschland angewiesen wären, wäre es um das jüdische Leben hier schlecht bestellt. Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben. Die AfD ist antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal. 

Allein der Blick auf die Ereignisse in Chemnitz sollte ausreichen, um zu erkennen, wes Geistes Kind die AfD ist. Dort marschierten Repräsentanten der AfD Seite an Seite mit Neonazis, Hooligans und Pegida-Anhängern. Sie scheuten sich nicht, mit Menschen, die den Hitlergruß zeigten, auf die Straße zu gehen. Aus diesem Klima des Hasses und des völkischen Denkens heraus wurde ein jüdisches Restaurant in Chemnitz angegriffen. Die AfD eine Partei der „besorgten“ Bürger? 

Nein, die AfD ist keine Partei für Demokraten! Die AfD sät Hass und spaltet die Gesellschaft. Sie hetzt gegen Menschen und greift unsere Demokratie tagtäglich an. Die AfD radikalisiert sich zunehmend und schreckt nicht davor zurück, Geschichte umzuschreiben. Gauland nennt Hitler und die Nazis einen „Vogelschiss“ in der Geschichte. Gleichzeitig ist Gauland aber „stolz auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“. 

Björn Höcke, der AfD-Fraktionsvorsitzende im thüringischen Landtag, fordert eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad. Das Holocaust-Denkmal in Berlin bezeichnet er als „Denkmal der Schande“. Die AfD fordert in ihrem Wahlprogramm ein Verbot des koscheren Sehächtens und der Beschneidung. Wer diese im Judentum fundamentalen Gebote zur Disposition stellt, der spricht Juden in Deutschland das Recht ab, in diesem Land zu leben. Soll das die Politik sein, die für Juden nicht beunruhigend sein soll? 

Diese Organisationen und Dachverbände jüdischen Lebens in Deutschland haben die Erhörung unterzeichnet.
Diese Organisationen und Dachverbände jüdischen Lebens in Deutschland haben die Erhörung unterzeichnet.

Nein, die AfD ist eine Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland! Die AfD agitiert unumwunden gegen Muslime und andere Minderheiten in Deutschland. Dabei versucht die AfD, „die“ Muslime als Feinde der westlichen Welt oder „der“ Juden darzustellen. Muslime sind nicht die Feinde der Juden! Die Feinde aller Demokraten in diesem Land sind Extremisten, egal ob aus rechtsextremer, linksradikaler oder radikal-muslimischer Gesinnung heraus. 

Wir lassen uns von der AfD nicht instrumentalisieren. Gleichzeitig schwadroniert Wolfgang Gedeon davon, die deutschen Gerichte seien vom Zionismus beeinflusst und weder frei noch unabhängig. Juden würden eine „Sonderbehandlung“ vor deutschen Gerichten bekommen. Ist so eine AfD wählbar? Nein, die AfD ist eine rassistische und antisemitische Partei! 

Die AfD vertritt keinesfalls die Interessen der jüdischen Gemeinschaft. Eine Partei, die außer Hass und Hetze keinerlei gangbare Lösungen für die aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft anzubieten hat, kann für niemanden eine Alternative sein. Kein Bürger dieses Landes, dem unsere Demokratie am Herzen liegt, kann sich mit dieser Partei identifizieren. Die Partei ist ein Fall für den Verfassungsschutz, keinesfalls aber für Juden in Deutschland. 

Die unterzeichnenden jüdischen Organisationen und Verbände rufen alle demokratischen Kräfte innerhalb und außerhalb der jüdischen Gemeinschaft auf, sich gemeinsam offen und sichtbar gegen jede Form von antidemokratischem, antisemitischem, rassistischem und völkischem Gedankengut zu engagieren!“

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