Misophonie: Alltagsgeräusche machen immer mehr Menschen auch in Dortmund zu schaffen

Geräusche wie Kauen oder Tropfen können Wut und Stress auslösen

Person mit leidendem Gesichtsausdruck und den Händen an den Ohren
Menschen, die an Misophonie leiden, reagieren stark emotional auf bestimmte Geräusche, die für andere Personen normalerweise nicht störend oder sogar kaum wahrnehmbar sind. Foto: AOK/colourbox/hfr

Misophonie – der Begriff ist vielen unbekannt, doch die Folgen betreffen immer mehr Menschen, auch in Dortmund. Alltägliche Geräusche wie Schmatzen, Kauen oder ein tropfender Wasserhahn können bei Betroffenen massive Stressreaktionen auslösen. Die Ursache ist häufig unklar, die Symptome aber deutlich.

Betroffene reagieren stark emotional auf bestimmte Geräusche

Alltagsgeräusche, die andere kaum wahrnehmen, bringen Betroffene mit Misophonie stark aus dem Gleichgewicht. „Die Lautstärke der Geräusche ist dabei nicht ausschlaggebend. Kauen, ein tropfender Wasserhahn oder Schmatzen bringen Betroffene in Rage und lassen sie regelrecht ausflippen. Dabei können alle Arten von Geräuschen als Auslöser fungieren“, erklärt Jörg Kock, Serviceregionsleiter bei der AOK NordWest.

Der Begriff Misophonie leitet sich von den griechischen Begriffen „misos“ und „phone“ ab und bedeutet wörtlich übersetzt  Hass auf Geräusche. Bei der Störung handelt es sich um ein recht junges Krankheitsbild. Anfang des 21. Jahrhunderts wurde es durch zwei US-amerikanische Neurowissenschaftler erstmals beschrieben und benannt.

Sie fanden heraus, dass sich Misophonie überwiegend in der Pubertät entwickelt, da sich in dieser Phase das Gehirn am stärksten entwickelt. Junge Menschen beginnen, feiner zu hören und Gehörtes anders zu bewerten. Studien gehen davon aus, dass etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung betroffen sind.

Mögliche Ursache: Negative oder traumatische Erfahrungen

Misophonie kann sehr plötzlich und in jedem Alter entstehen. Besonders häufig beginnt sie allerdings zwischen dem achten und dem 13. Lebensjahr. Prinzipiell kann jeder Mensch Misophonie-Symptome entwickeln.

Ein Mann schreit eine junge Frau an, die sich die Ohren zuhält.
Misophonie kann sehr plötzlich und in jedem Alter entstehen. Foto: AOK/colourbox/hfr

Experten vermuten, dass Misophoniker negative oder traumatische Erfahrungen erlebt haben, die sie mit einem bestimmten Geräusch verbinden. Diese führen dann im weiteren Verlauf zu immer ausgeprägteren emotionalen Reaktionen, wenn dieses Geräusch erneut gehört wird. Betroffene sind dann irritiert, verspüren Ärger, Angst und Frustration bis hin zu Wut und sogar Hass.

Bisher wird die Misophonie nicht in den offiziellen Diagnose-Klassifikationen (ICD-10) geführt. Betroffene sollten sich dennoch nicht scheuen, sich hausärztlich zu einer möglichen Bewältigungsstrategie beraten zu lassen. Von dort könnte im Bedarfsfall eine begleitende HNO-ärztliche Therapie koordiniert werden.

Diagnose, therapeutische Wege und Hilfsangebote

Um die Symptome von anderen auditiven Störungen abzugrenzen und auch deren Schweregrad zu ermitteln, wird neben einer körperlichen und neurologischen Untersuchung zunächst ein Fragenkatalog abgearbeitet. Dieser arbeitet heraus, auf welche Geräusche besonders empfindlich reagiert wird und setzt diese in Zusammenhang mit bestimmten Orten, Menschen und Situationen.

Kann die Ursache einer Hassreaktion für ein bestimmtes Geräusch gefunden werden, arbeiten die Expert:innen häufig mit einer Gegenkonditionierung, bei der das Geräusch mit einem neuen, positiven Erlebnis verbunden wird. „Wenn die Ursache nicht ermittelt werden kann, bieten sich Methoden zur Stressreduktion oder zur Entspannung wie zum Beispiel Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga oder Thai-Chi an“, so Kock.

Betroffene lernen dabei, ihre heftige emotionale Reaktion zu kontrollieren. Die AOK NordWest bietet zudem ein kostenloses Anti-Stress-Programm – auch für Nicht-Mitglieder unter: www.stress-im-griff.de.

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