Jahresbericht zeigt massive Diskrepanz zwischen Einsätzen von Rettungsdienst und Feuerwehr in Dortmund

Es sind turbulente Zeiten für Feuerwehr und Rettungsdienste. Foto: Feuerwehr Dortmund
Es sind turbulente Zeiten für Feuerwehr und Rettungsdienste. Foto: Feuerwehr Dortmund

Alle dreieinhalb Minuten mussten Rettungsdienst und Feuerwehr im vergangenen Jahr ausrücken. Mit rund 146.000 Einsätzen steigt das Volumen um 4,5 Prozent gegenüber 2016. Auffallend ist eine krasse Diskrepanz zwischen Einsätzen des Rettungsdienstes und der eigentlichen Brandfälle. Das ergibt sich auf dem Jahresbericht der Feuerwehr Dortmund. Er gibt Aufschluss über das Einsatzvolumen im Jahr 2017.

Ärztliche Versorgung ist nicht überall gewährleistet – mehr Einsätze für den Rettungsdienst

Feuerwehr-Chef Dirk Aschenbrenner stellt den Jahresbericht der Feuerwehr Dortmund vor.
Feuerwehr-Chef Dirk Aschenbrenner. Foto: Leopold Achilles

„Es sind turbulente Zeiten für Feuerwehr und Rettungsdienst“, so Feuerwehrchef Dirk Aschenbrenner. Damit meint er unter anderem die durch den Regierungswechsel herbeigeführte Reduzierung der Notfallkliniken, wodurch der Rettungsdienst öfter als früher in Anspruch genommen wird. „Und dabei haben wir hier im großen Ballungszentrum Ruhrgebiet noch Glück. In ländlichen Gebieten sieht das schon ganz anders aus.“

Er bemängelt die Veränderungen der Krankenhausstrukturen und der Ärztedichte in verschiedenen Gebieten. Die Kliniken würden sich zunehmend auf gewisse Aufgaben spezialisieren, wodurch man Patienten des öfteren von Klinik zu Klinik kutschieren müsste. Bei stetig steigenden Fallzahlen, seien oft zu wenig Ärzte vorhanden. Auch der demographische Wandel sei ein Grund für die stetig steigenden Zahlen.

Nicht nur weil ältere Menschen in der Regel krankheitsanfälliger und unsicherer in Motorik und Reflexen seien, sondern die simple Tatsache, dass es in ihrer näheren Umgebung keine patente ärztliche Fürsorge gäbe und es daher der einfachste Weg sei, den Notruf zu wählen, sorge für die Einsatzzunahme.

93 Prozent der Einsätze entfallen auf den Rettungsdienst

Die Entwicklung des Einsatzvolumens. Grafik: Feuerwehr Dortmund
Die Entwicklung des Einsatzvolumens. Grafik: Feuerwehr Dortmund

Von insgesamt rund 146.000 Einsätzen entfällt somit der Löwenanteil von 93 Prozent auf den Rettungsdienst. Nur knapp 10.500 Fälle waren reine Brandeinsätze. Bei der Notfallrettung stiegen die Einsatzzahlen erneut um 3,7 Prozent auf 94.327 Einsätze. Dies setzt den Trend der letzten Jahre fort. Erstmals in der Geschichte der Feuerwehr Dortmund sind im Jahr 2017 Tarifbeschäftigte speziell für den Rettungsdienst eingestellt worden.

Aufgrund der steigenden Einsatzzahlen musste dieser Bereich personell und materiell verstärkt werden.„Das System sollte überdacht werden, um ortsnahe Versorgung durch Ärzte und Kliniken zu gewährleisten“, so Aschenbrenner weiter. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Fortschreibung des Rettungsdienstbedarfsplans weiterhin aussteht. 

Seitens der Stadt Dortmund wurden daher auch in 2017 wieder weitere Notfallmaßnahmen umgesetzt, um die Hilfsfristen, das heisst die schnellstmögliche Versorgung durch den Rettungsdienst weiter zu gewährleisten und an verschiedenen Standorten zusätzliche Rettungsmittel in Dienst gestellt. 

„Je schneller wir helfen können, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der oder die Betroffene sich schnell erholt und keine kostenintensiven Folgebehandlungen notwendig werden“, erklärt Aschenbrenner. „In 83 Prozent der Fälle sind wir innerhalb von acht Minuten am Einsatzort.“

Rauchmelderpflicht hat zu deutlichem Rückgang bei Brandopfern geführt

Die Rauchmelderpflicht hat positive Auswirkungen gezeigt. Foto:
Die Rauchmelderpflicht hat positive Auswirkungen gezeigt. Foto: Feuerwehr

Im Durchschnitt wurde in der Einsatzleitstelle der Feuerwehr alle drei Minuten und 32 Sekunden ein Einsatz registriert und Einheiten zur Hilfe entsandt. Die Anzahl der Feuerwehreinsätze stieg von 9.194 auf 10.452. Dies ist eine Zunahme von reinen Brandeinsätzen um 234 Fälle. Leider kamen zwei Personen bei einem Brand zu Tode. 2016 war nur ein Toter zu beklagen. 

Aschenbrenner macht darauf aufmerksam, dass die Schwere der Brände zusehends abnimmt. Die Bevölkerung sei gut sensibilisiert auch wenn eine ständige Kommunikation weiter wichtig sei, um die Menschen auch über ihre Selbsthilfemöglichkeiten aufzuklären. Die Einführung der Rauchmelderpflicht habe Früchte getragen. So wurde die Zahl der Brandopfer bundesweit halbiert. Die häufigste Brandursache sei nach wie vor der Herd in der heimischen Küche.

Daher seien technische Hilfsmittel wie Rauchmelder mehr als sinnvoll und es sollte weiter an derartigen Schutztechnologien gearbeitet und geforscht werden. Um die Effizienz zu steigern, schneller und präziser reagieren zu können, müsse auch die Feuerwehr den Weg der Digitalisierung beschreiten. 

Feuerwehr 4.0: Digitalisierung bringt viele Vorteile für Rettungsdienst und Feuerwehr

Roboter und Drohnen können an Orte vordringen, die für Menschen unzugänglich sind. Foto: Feuerwehr Dortmund
Roboter und Drohnen können an Orte vordringen, die für Menschen unzugänglich sind. Foto: Feuerwehr Dortmund

„Früher haben Atemschutz und Sprechfunk die Arbeit der Feuerwehr revolutioniert, heute sind speziell strapazierfähige Exoskelette, Drohnen und andere Roboter denkbar, die unzugängliche Orte erschließen oder sich zum Beispiel in verseuchten Gebieten aufhalten können.“ Auch die Koordination der verschiedenen Einsatzkräfte würde hierdurch extrem erleichtert. 

Aber auch ein Schritt zurück kann Fortschritt bedeuten. So soll in absehbarer Zukunft wieder ein flächendeckendes Sirenennetz in Dortmund installiert werden, nachdem man die alten Sirenen in den 90er Jahren aus finanziellen Gründen demontiert hatte. Außerdem dachte man ihre Funktionalität würde nicht mehr benötigt.

Die Löschzüge der Freiwilligen Feuerwehr rückten zu 1.649 Einsätzen aus – damit bleibt die Einsatzhäufigkeit der 772 ehrenamtlichen Brandschützer wie gehabt auf sehr hohem Niveau.

Auch die Ehrenamtlichen der Freiwilligen Feuerwehr hatten 2017 viel zu tun

Auch die Freiwillige Feuerwehr hatte 2017 viel zu tun. Foto: Feuerwehr Dortmund
Auch die Freiwillige Feuerwehr hatte 2017 viel zu tun. Foto: Feuerwehr Dortmund

Zu den besonders fordernden Einsätzen des letzten Jahres ist sicherlich die Gebäudeexplosion in der Teutonenstraße zu rechnen, bei dem ein Großteil der Dortmunder Löschzüge in die Rettungs- und Suchmaßnahmen eingebunden und auch an der Bergung des Todesopfers direkt beteiligt war.

Auch der Einsatz zur Räumung und Sicherung des Hannibal-Komplexes aufgrund brandschutztechnischer Mängel bedeutete für viele ehrenamtliche Kräfte die Absolvierung einiger hundert Dienststunden. 2017 wurden Feuerwehr und Rettungsdienst von Unwettereinsätzen oder Katastrophenszenarios verschont. 

Die Anzahl der technischen Hilfeleistungen zum Beispiel bei Großveranstaltungen ist mit 6.214 Einsätzen mäßig angestiegen. Aus der Entwicklung der letzten drei Jahre lässt sich der Trend erkennen, dass die Anzahl der technischen Hilfeleistungen weiter zunimmt und die Anzahl der Brandeinsätze auf gleichem Niveau stagniert.

Die Personalentwicklung bei Feuerwehr und Rettungsdienst fällt positiv aus. Auch hier setzt sich der Trend der letzten Jahre fort. Waren im Jahr 2016 noch 948 Personen angestellt, verfügen Feuerwehr und Rettungsdienst nun über einen Personalstamm von 1019 Mitarbeitern, von denen sich 48 in der Ausbildung befinden.

Respektlosigkeit vor Ordnungshütern und Sicherheitskräften nimmt auch in Dortmund zu

Die Einsatzkräfte haben zu oft mit Respektlosigkeit und Behinderung ihrer Arbeit zu kämpfen. Foto: Feuerwehr Dortmund
Die Einsatzkräfte haben zu oft mit Respektlosigkeit und Behinderung ihrer Arbeit zu kämpfen. Foto: Feuerwehr Dortmund

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch die Feuerwehr, so wie andere Sicherheits- und Ordnungskräfte bundesweit eine zunehmende Respektlosigkeit und Behinderung ihrer Arbeit in gewissen Stadtgebieten erleben.

Feuerwehrchef Dirk Aschenbrenner appelliert hier an die Vernunftbegabtheit und den gesunden Menschenverstand des Einzelnen, sein Handeln und Tun zu überdenken. Zwar handele es sich in Dortmund größtenteils um verbale Ausschreitungen aber die Abnahme der Hemmschwelle sei deutlich zu spüren.

Hier sind auch Zivilgesellschaft, Politik und Öffentlichkeit verantwortlich, sich für die Retter zu engagieren und diese unhaltbaren Zustände zum einen mit Zivilcourage, zum anderen mit rechtlichen Bestimmungen vehement zu beseitigen.

Es wird im Laufe des Jahres einen weiteren Feuerwehr Jahresbericht geben, der sich mit den Prognosen für das laufende Wirtschaftsjahr befassen wird.

Weitere Informationen:

Jahresbericht Feuerwehr Dortmund 2017 – Zahlen Daten Fakten

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