Handwerk im Kammerbezirk Dortmund zwischen Stabilität und Nachwuchssorgen

HWK-Umfragen zeigen: Fachkräftemangel bleibt größte Herausforderung

Tischler erklärt jungen Menschen seine Arbeit.
Die Geschäftslage im Handwerk zeigt sich stabil doch fehlender qualifizierter Nachwuchs bleibt ein Problem. Symbolfoto: depositphotos.com

Trotz stabiler Geschäftslage bleibt der Fachkräftemangel die größte Herausforderung für das Handwerk im Kammerbezirk Dortmund. Zwei aktuelle Umfragen der Handwerkskammer Dortmund zeigen: Viele Betriebe bewerten ihre Lage als gut, kämpfen aber mit fehlendem Nachwuchs. Während Investitionen zurückhaltend bleiben, setzen viele Unternehmen auf Ausbildung als zentralen Schlüssel für die Zukunft.

Geschäftslage bleibt stabil – Investitionen verhalten

Das Handwerk in der Region blickt auf ein durchwachsenes zweites Halbjahr 2025 zurück. Laut der aktuellen Konjunkturumfrage unter 581 Betrieben bewerten 83 Prozent ihre wirtschaftliche Situation als gut oder zufriedenstellend. Damit bleibt die Lage stabil, liegt aber leicht unter dem Vorjahreswert von 84 Prozent.

Diagramm zum Geschäftsklima
Das Geschäftsklima ist weiterhin robust. Grafik: HWK Dortmund

Die Erwartungen für das kommende Winterhalbjahr fallen etwas optimistischer aus: 80 Prozent der Befragten rechnen mit einer stabilen oder besseren Entwicklung. Der Geschäftsklimaindex liegt bei 82 Prozent. Trotz sinkender Nachfrage und steigender Kosten bleibt die Beschäftigung ein Lichtblick – 23 Prozent der Betriebe haben in den vergangenen Monaten neue Mitarbeitende eingestellt. Die durchschnittliche Auftragsreichweite beträgt derzeit 7,5 Wochen und bleibt damit unter dem Niveau der Vorjahre.

Die Konjunkturindikatoren zeigen eine weiterhin angespannte Lage im Handwerk. Unter den befragten Handwerksbetrieben gaben mehr Betriebe an, Aufträge verloren (34 Prozent) als dazugewonnen zu haben (24 Prozent).

Diagramme zu Konjunkturindikatoren
Die Konjunkturindikatoren zeigen eine weiterhin angespannte Lage im Handwerk. Grafik: HWK Dortmund

Ähnlich fällt das Bild beim Gesamtumsatz aus: Der Anteil der Betriebe mit Umsatzsteigerungen lag lediglich bei 23 Prozent, während 29 Prozent einen Rückgang verzeichneten. Auch bei den Investitionen überwog in den vergangenen sechs Monaten die Zurückhaltung: 27 Prozent der Betriebe reduzierten ihre Investitionen, 24 Prozent stockten sie auf. Deutlich positiver ist allerdings die Beschäftigungsentwicklung: 23 Prozent der Betriebe verzeichneten mehr Beschäftigte, bei 19 Prozent nahm die Mitarbeiterzahl ab.

Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer (HWK) Dortmund, fasst die Situation zusammen: „Die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage zeigen deutlich: Unser Handwerk ist nach wie vor ein stabilisierender Faktor in der regionalen Wirtschaft, auch in schwierigen Zeiten. Dennoch dürfen wir die Herausforderungen nicht unterschätzen. Viele Betriebe kämpfen mit sinkender Nachfrage, steigenden Kosten und einer wachsenden Investitionszurückhaltung.“

Er betont zugleich die Bedeutung der Ausbildung: „Gerade vor dem Hintergrund globaler Unsicherheiten, hoher Energiepreise und einer insgesamt schwächeren Baukonjunktur ist es umso wichtiger, dass die Politik für Verlässlichkeit sorgt und Investitionsanreize setzt. […] Dafür braucht es aber auch verlässliche Rahmenbedingungen und eine Stärkung der dualen Ausbildung.“

Nachwuchs fehlt – Ausbildung als Schlüsselfaktor

Wie wichtig Ausbildung für die Zukunft des Handwerks ist, zeigt eine Sonderumfrage der HWK Dortmund unter rund 580 Betrieben. Demnach bildet fast jeder zweite Handwerksbetrieb aktiv aus. 46 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen derzeit Auszubildende, im Schnitt 2,6 pro Betrieb.

HWK-Geschäftsführerin Olesja Mouelhi-Ort leitet die Kampagne "STÄNDIG du selbst"
HWK-Geschäftsführerin Olesja Mouelhi-Ort Foto: HWK Dortmund

Von den 54 Prozent, die keine Ausbildung anbieten, nannten viele fehlende Bewerber:innen oder betriebliche Voraussetzungen als Hauptgründe. Dennoch qualifizieren 37 Prozent der ausbildenden Betriebe ihren Nachwuchs sogar über den eigenen Bedarf hinaus. Olesja Mouelhi-Ort, Geschäftsführerin der HWK Dortmund für Gewerbeförderung, Berufsbildungspolitik und Kommunikation, betont den hohen Stellenwert der Ausbildung „Eine hochwertige Ausbildung bildet das Fundament für die Zukunft des Handwerks. Ohne engagierte und qualifizierte Nachwuchskräfte können viele Betriebe langfristig nicht bestehen.“

Sie hebt die gesellschaftliche Verantwortung der Betriebe hervor: „Handwerksbetriebe, die sich für die Ausbildung engagieren, schaffen damit die Basis für erfolgreiche Berufswege und stärken das Handwerk als wichtigen Motor der Wirtschaft. Sie übernehmen eine bedeutende gesellschaftliche Verantwortung, indem sie Integration fördern und die Entwicklung junger Menschen aktiv begleiten.“

Betriebe fordern bessere Rahmenbedingungen

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen auch, wo die Betriebe Verbesserungsbedarf sehen. 71 Prozent wünschen sich eine stärkere Berufsorientierung an Schulen, 47 Prozent fordern die Wiedereinführung des Werkunterrichts. Ein Drittel der Betriebe plädiert zudem für flexiblere Lernformen an Berufsschulen – etwa kleinere Gruppen oder digitalen Unterricht.

Diagramm zur Nachwuchsgewinnung
Grafik: HWK Dortmund

Bei der Nachwuchsgewinnung setzen die Betriebe auf bewährte Wege: 60 Prozent bieten Praktika oder Ferienjobs an, 42 Prozent locken mit einer Übernahmegarantie. Moderne Kanäle wie Social Media oder Online-Lehrstellenbörsen nutzen mittlerweile rund 28 Prozent der Betriebe.

Die Rekrutierung aus dem Ausland spielt bislang eine geringe Rolle – nur vier Prozent der Betriebe haben gezielt Auszubildende aus anderen Ländern gewonnen. Häufige Herausforderungen sind Sprachbarrieren und unterschiedliche Qualifikationsniveaus.

Vorzeitige Vertragslösungen belasten Betriebe

Ein weiteres Problem: In den vergangenen drei Jahren mussten 35 Prozent der Betriebe mindestens einen Ausbildungsvertrag vorzeitig auflösen. Hauptursachen sind laut Umfrage fehlende Motivation (81 Prozent), Leistungsprobleme in der Berufsschule (44 Prozent) und falsche Berufswahl (41 Prozent).

Porträtfoto von Christian Sprenger.
Kreishandwerksmeister Christian Sprenger. Foto: Kreishandwerkerschaft Dortmund Hagen Lünen

Viele Betriebe wünschen sich deshalb zusätzliche Unterstützung. 59 Prozent sprechen sich für Nachhilfeangebote für leistungsschwächere Auszubildende aus, 45 Prozent für Beratungsangebote bei persönlichen Problemen. Auch mehr Coaching und Schulungen für Ausbilder:innen werden als hilfreich angesehen. Christian Sprenger, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Dortmund Hagen Lünen, unterstreicht den Handlungsbedarf: „Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage spiegeln eine gewisse Zurückhaltung bei unseren Betrieben wider. Zwar bewerten viele ihre aktuelle Lage noch als stabil, doch die Erwartungen an die kommenden Monate sind deutlich gedämpft.“

Er fordert mehr Planungssicherheit: „Gerade in diesem Umfeld ist es entscheidend, dass wir als regionale Handwerksorganisation unsere Betriebe eng begleiten und gemeinsam nach Lösungen suchen, um wieder mehr Zuversicht und Investitionsbereitschaft zu schaffen.“

Trotz aller Herausforderungen zeigt sich das Handwerk in der Region Dortmund robust. Die Betriebe beweisen Stabilität, investieren in Ausbildung und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung. Beide Umfragen verdeutlichen: Die Sicherung des Fachkräftenachwuchses bleibt entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit der regionalen Wirtschaft.

Mehr Informationen:

  • Den Konjunkturbericht Herbst 2025 und die Sonderumfrage (Ausbildungssituation im Handwerk) gibt es unter: hwk-do.de/konjunktur.

Unterstütze uns auf Steady

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert