Kulturelles Zentrum für Gegenwartskunst zeigt dekoloniale Installationen

Dortmunder Kunstverein: (Wieder)Eröffnung mit einer Ausstellung zu Körper und Identität

Mit Hoda Tawakol (wieder)eröffnet der Dortmunder Kunstverein am 24. März ab 19 Uhr. Foto: Christine Schube

Der Dortmunder Kunstverein hat ein neues Domizil: Beim Betreten des Gebäudes an der Rheinischen Straße, das der etablierte Verein seit Anfang 2023 in einen zweigeschossigen Ausstellungsraum umgebaut hat, fühlt man sich wie in einem Film von David Lynch.

Spektakulär und Surreal: Der neue DOKV ist „Tor zum U“

Die künstlerische Leiterin Rebekka Seubert mit der Künstlerin Hoda Tawakol am Eingang des Dortmunder Kunstvereins. Foto: Christine Schube

Was die künstlerische Leiterin Rebekka Seubert als lichtdurchflutetes „Tor zum Dortmunder U“ bezeichnet, öffnet den Blick für die beinahe zehn Meter hohen Fenster, die auf der Südseite mithilfe eines massiven Palmen-Vorhangs abgehängt wurden.

Eine fast schon surreale Wendeltreppe, die den großzügigen Raum um eine weitere Etage erweitert, erscheint wie ein Aufstieg in einem Leuchtturm, der dazu einlädt, dass Besucher:innen von allen Seiten ihre Aufmerksamkeit auf die ausgestellte Kunst werfen können.

Der Rohbau eines ehemaligen Versicherungsbüros am Dortmunder Westentor soll nun ein sicherer Hafen sein, in dem der gemeinnützige Verein zur Förderung und Vermittlung zeitgenössischer Kunst einen festen Standort zum öffentlich zugänglichen Diskurs in Einzel- und Gruppenausstellungen bietet.

„Silent Voices“: Den Anfang machen starke Frauen

Den Anfang nach dem Umzug des DOKV macht die ägyptisch-französische Künstlerin Hoda Tawakol mit ihrer Ausstellung „Silent Voices in a Palm Grove“ (dt.: „Stille Stimmen im Palmenhain“). Mit großformatigen Textilskulpturen wird das Lynch’esque Setting so gekonnt in eine traumhafte Kulisse verwandelt.

Hoda Tawakol neben der Kriegerin.
Hoda Tawakol neben der Kriegerin. Foto: Christine Schube

Vom 25. März bis 11. Juni 2023 werden Besucher:innen am Eingang von ihrer majestätischen „Warrior“ empfangen, deren Rüstung aus schwarzem Haar sie wie einen Geist erscheinen lässt. „Das Haar ist Rüstung und Schleier – ich stelle es als etwas aus, das eigentlich verborgen werden soll.“

Ihre Arbeiten machen deutlich, dass es um starke Frauen geht, die keine Opfer sind. „Und genau das ist, was bedrohlich ist für patriarchale Strukturen. Diese patriarchalen Strukturen fühlen sich bedroht von einer Frau, die sich nicht versteckt“, sagte sie dazu im Interview mit der Kultur-Sendung „ttt – titel, thesen, temperamente“, die am 5. März in der ARD ausgestrahlt wurde.

Mehr als nur Haar und Politik: „Es geht um das Betrachten von Kunst an sich“

Die in London geborene und in Hamburg lebende Künstlerin Hoda Tawakol definiert ihre Arbeit als Schnittstelle hybrider Zustände, an der sie Körper und Identität, Bedrohung und Faszination sowie Sinnlichkeit und Brutalität in den Blick nimmt.

Die Dattelpalme passt ihr Geschlecht an den Bestand an, der ihr Überleben sichert und ist ein wiederkehrendes Motiv bei Hoda Tawakol. Foto: Christine Schube

Während die Betrachterin von ihren Skulpturen und gigantischen Objekten angezogen wird, werfen diese mit großformatig angebrachten Augen an textilen Körpern und haarigen Masken den Blick zurück.

Durch ihre ägyptischen Wurzeln steht Hoda Tawakols Kunst in enger Verbundenheit zur nordafrikanischen Kultur und ihren Traditionen der Verschleierung.

„In Ägypten verstecken Frauen ihr Haar heute wieder mehr als noch vor 40 Jahren“, bemerkt die Künstlerin mit Verweis auf ihre eigene Haarpracht. „Als ich Kind war, wurde lockiges Haar als hässlich empfunden. Ich habe mein Haar geglättet, um mich dem Mainstream anzupassen. Dabei ist das Haar der Frau eine Verlängerung ihrer Weiblichkeit.“

Kuratorin Rebekka Seubert betont ihr Interesse an der Ausstellung damit, dass nicht nur aktuelle Themen zu Identität und Geschlecht aufgegriffen werden sollen. „Hondas Werke machen Blickbeziehungen bewusst, die für gesellschaftlichen Austausch sorgen. Es geht um das Betrachten von Kunst an sich“, so Seubert.

Das Ausstellungsprogramm bietet weitere Veranstaltungen

Die Falkenhauben bewachen die Blicke ins Mashabei-Herrenhaus. Foto: Christine Schube

Im Rahmen der Ausstellung „Silent Voices in a Palm Grove“, die am heutigen Freitag, 24. März, um 19 Uhr von der Dortmunder Bürgermeistern Barbara Brunsing offiziell eröffnet wird, bietet das Programm noch weitere Höhepunkte.

Die Farbe Gelb steht im Zentrum des Getränkeangebots in der „Liquid Currency Bar“, die von der Londoner Künstlerin Zoe Williams entworfen wurde. Ob Bier oder Sekt – Zur Eröffnung am Freitag wird es, laut Seubert, nur „pissgelbe Drinks“ geben, mit der die Künstlerin „auf den Kreislauf von Flüssigkeiten“ hinweisen möchte.

Für den 1. Juni ist der Themenabend „Haarpolitik“ geplant, an dem Alexandra Karentzos, Professorin am Lehrstuhl für Mode und Ästhetik der TU Darmstadt, einen Vortrag zu „Dekolonialen Körperpraktiken in der zeitgenössischen Kunst“ halten wird.

Mehr Informationen:

  • (Wieder)Eröffnung: 24. März 2023, 19 Uhr / Eintritt frei
  • Ausstellung: Hoda Tawakol „Silent Voices in a Palm Grove“ – 25. März bis 11. Juni 2023
  • Dortmunder Kunstverein e.V. / Rheinische Str. 1, 441437 Dortmund
  • Kontakt: info@dortmunder-kunstervein.de
Unterstütze uns auf Steady
Print Friendly, PDF & Email

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert