„Zos Chanukka“: Jüdische Gemeinde Dortmund feiert am Phönixsee das traditionelle Lichterfest

Mit Schweigeminute für die Opfer des Anschlags von Bondi Beach

Der neunarmige Leuchter Chanukkia
Der neunarmige Leuchter Chanukkia Erik Latos | Nordstadtblogger

Alle Jahre wieder feiern nicht nur Christen und Christinnen, sondern auch Jüdinnen und Juden eines ihrer größten Feste am Ende des Jahres. Das Lichterfest Chanukka fand dieses Jahr vom 14. bis zum 22. Dezember statt. Auch dieses Jahr waren neben der jüdischen Gemeinde auch die Dortmunder Zivilgesellschaft zum Anzünden der achten und letzten Kerze der Chanukkia auf der Kulturinsel am Phönixsee eingeladen.

Jüdische Gemeinde feiert und gedenkt an die Opfer des Anschlags von Sydney

Über 300 Menschen aus der jüdischen Gemeinde, der Politik und der Dortmunder Stadtgesellschaft zog es bei sieben Grad auf die Kulturinsel am Phönixsee. Dort wurden alle mit verschiedensten Leckereien wie Waffeln, Spiralkartoffeln und Latkes versorgt. Zu trinken gab es koscheren Glühwein und Kinderpunsch.

Zwi Rappoport, Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde Dortmund
Zwi Rappoport, Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde Dortmund Erik Latos | Nordstadtblogger

Das Fest startete um 18 Uhr mit einer Schweigeminute zum Erinnern und Gedenken an die Opfer des antisemitischen Anschlags am Bondi Beach (14. Dezember 2025) in Sydney.

Dort hatten zwei Attentäter mehrere Menschen verletzt und getötet, die den Beginn des diesjährigen Chanukkas feiern wollten.

Deshalb gab es auch in Dortmund beim Chanukkafest eine erhöhte Polizeipräsenz am Ufer des Phönixsees.

Zwi Rappoport, Vorsitzender der jüdischen Kulturgemeinde Dortmund, eröffnete seine Rede damit, dass es ihm wegen des Terroranschlags eine Woche zuvor nicht leichtfiele, fröhlich zu sein, doch laut ihm „wäre es fatal, wenn wir (die Jüdinnen und Juden) resignieren und uns aus der Öffentlichkeit zurückziehen würden. Wir lassen uns nicht von Extremisten einschüchtern. Wir bleiben in der Öffentlichkeit präsent und werden unsere Feste und Traditionen unbeirrt weiter gemeinsam mit Ihnen feiern. Jetzt erst recht.“

Was Weihnachten und Chanukka verbindet

Außerdem betonte Rappoport, dass es wichtig sei, die Mehrheitsgesellschaft daran zu erinnern, dass sie mit Weihnachten und dem Advent die Geburt eines jüdischen Kindes feiere. „Ich bin mir sicher, dass wir dann etwas weniger Judenhass auf der Welt erleben würden“, versicherte er. Zum Abschluss seiner Rede zitierte er das Gedicht „Heilige Nacht“ von Erich Mühsam. In diesem betont Mühsam einerseits die Nähe von Weihnachten und Chanukka und andererseits die jüdische Identität des geborenen Kindes.

Oberbürgermeister Alexander Kalouti
Oberbürgermeister Alexander Kalouti Erik Latos | Nordstadtblogger

Danach trat Dortmunds Oberbürgermeister Alexander Kalouti (CDU) an das Mikrofon. Er erinnerte das Publikum daran, dass es zurzeit keine Selbstverständlichkeit sei, dass jüdische Menschen ihre Feste gemeinsam mit der Stadtgesellschaft feiern können, denn aktuell sei das jüdische Leben besonders bedrängt.

„Das Bild des Lichtes, das niemals erlischt, brauchen wir in der heutigen Zeit mehr denn je. Die Zeiten, in denen wir leben, sind große Herausforderungen. Wir haben Krisen, Kriege und gesellschaftliche Spannungen. Mit der wachsenden Unsicherheit kommen die alten Vorurteile und der alte Hass wieder hervor“, stellte Kalouti fest.

Der Antisemitismus zeige sich auf den Straßen, im Internet, an den Hochschulen und an den Kulturinstitutionen wieder ganz offen. „Er kommt aus den verschiedensten Richtungen. Er kommt von rechts, aber auch von links und aus Teilen des migrantischen Milieus“, mahnte der Oberbürgermeister.

Kalouti: „Wer jüdisches Leben angreift, greift uns alle an.“

Der Oberbürgermeister versicherte der jüdischen Gemeinschaft: „Unsere Antwort auf den Antisemitismus ist eindeutig: Wir stehen zusammen, wir feiern zusammen und, wenn nötig, kämpfen wir zusammen. Wir werden jüdisches Leben nicht alleine lassen. Wer jüdisches Leben hier in Dortmund angreift, greift uns alle an. Gerade deshalb ist Chanukka ein Fest des Lebens.“

Rabbiner Avigdor Moshe Nosikov
Rabbiner Avigdor Moshe Nosikov Erik Latos | Nordstadtblogger

Als Letzter sprach der Dortmunder Gemeinderabbiner Avigdor Moshe Nosikov in das Mikrofon. Er schilderte detailliert die Ursprünge des Chanukkafestes.

Es feiert ein „leises“ Wunder. Nach der Befreiung von hellenistischer Fremdherrschaft und der Wiedereinweihung des Tempels 164 vor Christus sei zwar nur Öl für einen Tag für die Menora, den siebenarmigen Leuchter, übrig gewesen, dieses habe aber ganze acht Tage lang gebrannt. Dadurch habe rechtzeitig geweihtes Öl nachproduziert werden können, ohne dass das Kerzenlicht ausging.

Nach den Redebeiträgen folgte das traditionelle Kerzenanzünden an einer großen Chanukkia, dem neunarmigen Kerzenleuchter. Er symbolisiert die acht Tage, die die Kerzen durchbrannten und die Ursprungskerze, mit der die anderen Kerzen angezündet werden.

Um den Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft zu symbolisieren, starteten der Oberbürgermeister Kalouti und der Polizeipräsident mit den ersten beiden Kerzen. Die weiteren Ehrenanzünder waren unter anderem TU-Professorin Barbara Welzel, Stadtdezernent Norbert Dahmen, Jacob Liedtke von der Faninitiative „ballspiel.vereint!“ und Zwi Rappoport.

Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

Unterstütze uns auf Steady

„Chanukka sameach“: Zahlreiche Menschen feiern das jüdische Lichterfest am Phoenixsee

Dortmund-Husen: Chanukka-Feier mit einem gemeinsamen Gedenken an Bertha Wolf

Das Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus in NRW veröffentlicht die Jahresbilanz 2025

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert