
Normalerweise ist die Sitzung des Wahlausschusses eine reine Formsache. Dieses Mal gibt es jedoch zwei dicke Stolpersteine: In zwei Wahllokalen kam es am Sonntag zu Unregelmäßigkeiten, die die Vergabe von zwei Ratsmandaten beeinflussen und die Zusammensetzung des Rates verändern könnten. Zudem könnten sie auch Einfluss auf die Größe des Rates insgesamt haben.
Mehr als 300 Stimmzettel wurden in Brechten für ungültig erklärt
Im Wahlkreis 13 wurden im Wahllokal Brechten offenbar 314 von 507 Stimmzettel für ungültig erklärt. Das lag daran, dass dort die Ratsstimmzettel aus dem Nachbarwahllokal 12 ausgegeben wurden. Das fiel offenbar erst sehr spät am Wahltag auf.

Das Ergebnis ist auf jeden Fall wahlentscheidend: Denn André Buchloh holte den Ratswahlbezirk für die CDU mit gerade einmal 19 Stimmen Vorsprung vor Carsten Giebel von der SPD. ___STEADY_PAYWALL___
Bemerkenswert ist, dass das dem Wahlvorstand nicht auffiel. Denn bereits beim Versand von Briefwahlunterlagen waren in einem anderen Wahlkreis vom Dienstleister in geringerer Zahl die falschen Stimmzettel verschickt worden. Entsprechend sensibilisiert hätten die ehrenamtlichen Wahlhelfer:innen sein können und müssen.
In Bodelschwingh wurden 90 Minuten lang gar keine Stimmzettel für den Rat ausgegeben
in einem zweiten Ratswahlkreis war das Rennen noch enger: Im Wahlkreis 39 errung Gudrun Heidkamp das Ratsmandat mit nur einer (!) Stimme Vorsprung. Allerdings wurden in einem Wahllokal in Bodelschwingh wurden nach Nordstadtblogger-Informationen zwischen 8 und 9.30 Uhr in einer „niedrigen bis mittleren zweistelligen Zahl“ gar keine Ratswahl-Stimmzettel ausgegeben.

Zur Erinnerung: Normalerweise bekamen Wähler:innen vier Stimmzettel ausgehändigt – für die OB-Wahl, die Ratswahl, die Bezirksvertretung und den RVR. Rund ein Viertel der Wähler:innen war zudem für die Wahlen zum Integrationsrat wahlberechtigt.
Als in den Wahllokal gegen 9.30 Uhr auffiel, dass die Stimmzettel für den Rat nicht ausgegeben wurden, versuchte der Wahlvorstand, die bis dahin erschienen Wähler:innen noch zu kontaktierten und erneut ins Wahllokal zu bestellen. Doch das klappte bei weitem nicht in allen Fällen.
Die Stadt verweist auf den Wahlausschuss am Freitag
Die Stadt gibt sich extrem schmallippig und verweist darauf, dass zunächst am Freitag der zuständige Ausschuss informiert werden muss. Sie beantwortet Medienanfragen nur schriftlich, ohne auf konkrete Details einzugehen.

In der Antwort heißt es: „Der Stadt Dortmund sind Unregelmäßigkeiten in zwei Dortmunder Wahllokalen bekannt, die sich gegebenenfalls auf das Wahlergebnis der Ratswahl auswirken können. Das Kommunale Wahlbüro prüft diese Fälle und stellt alle relevanten Informationen zusammen. Ein entsprechender Bericht wird dem Wahlausschuss vorgelegt.“
Das Gremium tagt am Freitag, 19. September, um 10 Uhr im Rathaus, um das amtliche Ergebnis zur Wahl des Rates, der Bezirksvertretungen, das Dortmunder Ergebnis zur Wahl des Regionalverbandes Ruhr sowie das Ergebnis zur Wahl des Integrationsrates auf Richtigkeit zu prüfen und festzustellen.
„In einem weiteren Schritt ist es dann Aufgabe des Wahlprüfungsausschusses, die Gültigkeit der Wahl und die Gültigkeit aller Wahlergebnisse festzustellen. Dem Ergebnis der Wahlprüfung kann nicht vorweggegriffen werden“, heißt es weiter.
Hohe Symbolkraft: Der Wahlkreis 39 könnte vielleicht an die AfD gehen
Das Spannende: Insbesondere der Wahlbezirk 39 (Westerfilde/Bodelschwingh) hat besonders hohe Symbolkraft und könnte im Fall einer Veränderung des Ergebnisses auch die Zusammensetzung des Rates insgesamt beeinflussen. Denn Gudrun Heidkamp hatte am Ende der Auszählung eine (!) Stimme Vorsprung vor Peter Bohnhof von der AfD. Der Bundestagsabgeordnete wäre dann der erste und einzige AfD-Vertreter, der direkt in Dortmund in den Rat gewählt worden wäre.

Das hätte Symbolkraft, würde aber für seine Fraktion sogar am ende den gegenteiligen Effekt haben: Sie würde wohl unter dem Strich ein Ratsmitglied weniger haben als vorher. Klingt absurd, ist aber dem Wahlrecht geschuldet.
Der Dortmunder Stadtrat hat regulär 82 Sitze – 41 davon werden direkt vergeben. Vom Stimmenergebnis hätten der SPD aber nur 20 Sitze zugestanden. Allerdings hat sie 26 – im Fall der Änderung zu Gunsten der AfD im Wahlkreis 39 nur 25 -Direktmandate geholt.
Der Kampf mit Ausgleichs- und Überhangmandaten
Deshalb gibt es Ausgleichs- und Überhangmandate für die anderen Fraktionen. In der Folge wird der künftige Stadtrat auf über 104 Mitglieder anwachsen – der Oberbürgermeister mit seiner eigenen Stimme ist da noch garnicht mitgerechnet. Wäre aber nun schon bei 25 SPD-Direktmandaten Schluss mit dem Rechnen und Ausgleichen gewesen, wäre der Stadtrat um vier bis sechs Sitze kleiner ausgefallen. Die AfD hätte dann unter dem Strich wohl einen Sitz weniger gehabt.
Zu kompliziert? Ist es. Und noch eine Möglichkeit gibt es: Sollte es eine Änderung beim Wahlkreis 13 geben und am Ende die SPD und nicht die CDU das Ratsmandat im Wahlbezirk 13 bekommen, müssten ebenfalls neu gerechnet werden. Dann wäre sogar ein Rat mit bis zu 108 Mitgliedern möglich. Zum Vergleich: Neun von 16 deutschen Landtagen hat weniger Abgeordnete als der künftige Dortmunder Stadtrat Mitglieder.
Doch wie mit den beiden Pannen wird es auch Freitag beim Wahlausschuss keine Klarheit geben. Mit einer möglichen Beanstandung müsste sich dann wohl im Dezember der neu einzurichtende Wahlprüfungsausschuss befassen. Danach könnten die Parteien noch den Klageweg beschreiten. Bis dahin tagt der Rat in 104-er-Größe…
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!
Mehr auf dazu auf Nordstadtblogger:
Zwei Wahlpannen könnten die Zusammensetzung des neuen Rates in Dortmund ins Wanken bringen


Reaktionen
Wahlausschuss stellt Ergebnisse der Kommunalwahlen und der Integrationsratswahl amtlich fest (PM)
Der Wahlausschuss hat am Freitag, 19. September, die Ergebnisse der Wahl des Rates, der Bezirksvertretungen, des Integrationsrates und des Regionalverbandes Ruhr in Dortmund amtlich festgestellt. Wahlleiter Norbert Dahmen berichtete dem Gremium von vier Unregelmäßigkeiten am vergangenen Wahlsonntag.
Darum geht‘s:Brechtener Grundschule: Dort wurden versehentlich auch für die Wahl des Rates Stimmzettel aus dem benachbarten Wahlbezirk 12 ausgegeben. Das führte zu 307 ungültigen Stimmen bei der Ratswahl.
Kita Speckestraße: Rund 50 Wähler*innen erhielten zu Beginn der Wahlhandlung keinen Stimmzettel für die Ratswahl. Das Kommunale Wahlbüro konnte nachträglich 30 Personen persönlich erreichen, 25 von ihnen gaben ihre Stimmen noch ab.
Briefwahl im Wahlbezirk 37: Durch einen Verpackungsfehler beim Druckdienstleister wurden teilweise falsche Stimmzettel für die Ratswahl (Wahlbezirk 36 statt 37) verschickt. Betroffene Briefwähler*innen wurden informiert und erhielten neue Unterlagen. Insgesamt mussten 51 Stimmzettel für ungültig erklärt werden.
Begegnungszentrum Mengede: Bei der Prüfung der Ergebnisse im Stimmbezirk 41105 fiel auf, dass die Stimmenzahlen für AfD und Die Linke bei der Ratswahl nicht zu den Ergebnissen der anderen Wahlarten passten. Da die beiden Parteien auf den Stimmzetteln direkt übereinander standen, lag der Verdacht eines Übertragungsfehlers nahe. Nach Einsicht in die Unterlagen bestätigte sich dies: Tatsächlich entfielen 69 Stimmen auf die AfD und 27 auf Die Linke. In der Wahlniederschrift waren diese Zahlen jedoch vertauscht eingetragen. Der Wahlausschuss hat das Ergebnis entsprechend korrigiert.
Über die Gültigkeit der Kommunalwahlen entscheidet am Ende des Jahres der Wahlprüfungsausschuss nach der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Rates.