Performative Kunst mit dem Potential zu verzaubern

„Visual Sound Outdoor Festival“ in der Nordstadt

Wie bereits im letzten Jahr findet das Festival wieder im Außenbreich auf der Ostseite des Depots in der Nordstadt statt. Sascha Fijneman | Nordstadtblogger

Das „Visual Sound Festival“ im Kulturort Depot in der Nordstadt wächst weiter. In diesem Jahr stehen mehr Gigs auf dem Programm, das Festival wird von ursprünglich drei auf nun vier Tage verlängert und während sich das Geschehen bisher auf einer Hauptbühne abspielte, wird nun auf zwei Bühnen performt und vor allem experimentiert. Außerdem ist in diesem Jahr ordentlich Frauenpower mit lokalen, regionalen und internationalen Künstler*innen angesagt. Für den Besuch des Festivals gilt in Sachen Infektionsschutz die 3G-Regel (geimpft, getestet, genesen). Am Veranstaltungsort besteht jeweils rund eine Stunde vor Programmbeginn die Möglichkeit, einen kostenlosen Schnelltest machen zu lassen. Auf dem Festivalgelände brauchen keine Masken getragen werden, einige Programmpunkte finden jedoch auch in der Haupthalle des Depots statt, wo dann wieder die Maskenpflicht gilt. Außerdem wird darum gebeten, vorab Tickets online zu bestellen (Link im Anhang des Artikels), da die Veranstalter*innen so schon im Vorfeld einen besseren Überblick über die Gästezahlen behalten können.

„Visual Sound“ ist das Festival für alle Sinne

Die Keimzelle hinter „Visual Sound“ bleibt die Parzelle im Depot, in persona vertreten durch Künstlerin Angelika Hoffmann, die der treibende Motor hinter dem Klanglicht-Spektakel ist und das Festival organisiert. Zur Unterstützung hat sie mit kreativen Kolleg*innen den „Verein für interdisziplinäre Kulturprojekte e.V.“ gegründet, der übrigens allen kulturinteressierten Menschen aus Dortmund und der Region zur Teilnahme offen steht. So fußt die diesjährige Organisation auf einer breiteren Basis. ___STEADY_PAYWALL___

Angelika Hoffmann ist die treibende Kraft hinter dem „Visual Sound Festival“. Foto: Kathrin Rittgasser

Doch was ist „Visual Sound“ denn nun eigentlich? „Visual Sound“ – das sind visuelle und animierte Theaterformen, die mit Musik und Klangkunst in spannende Wechselbeziehungen gesetzt werden.

Alltäglich sind wir vom Zusammenwirken von Bildern und Klängen umgeben, nehmen dies jedoch nur unterbewusst wahr. Die Allgegenwärtigkeit von visuellen und akustischen Eindrücken, die unsere Sinne aktivieren, nehmen wir wie selbstverständlich hin.

„Ein einzelnes Bild kann ganz anders wirken, wenn man es ohne akustische Reize betrachtet oder mit. Musik und Klänge haben eine ganz andere Sprache als Bilder. Wenn man Klang und Bild jedoch gleichwertig betrachtet, kann dies zu völlig neuen Eindrücken führen“, so Hoffmann. Es geht ihr quasi darum, künstlerisch eine neue Sprache zu finden, die diese Inhalte transportieren kann und dafür sei nunmal eine große Offenheit für Experimente notwendig.

Die beteiligten Künstler*innen wissen diese Philosophie zu schätzen, denn für sie ist der performative und experimentelle Charakter des Festivals reizvoller als eine einfache Ausstellung ihrer Arbeit oder das Konzert einer Band. Denn „Visual Sound“ animiert dazu, spannende Kooperationen einzugehen, sich auf Neuland zu begeben und sich überraschen zu lassen, was passiert, um im besten Falle die eigene Arbeit zu bereichern und zu erweitern.

Kreative Wechselwirkungen sind ausdrücklich erwünscht

Vorbereitungen für das Klanglicht-Ensemble. Foto: André Symann

Bereits im letzten Jahr reagierte Angelika Hoffmann unmittelbar auf die Umstände der Pandemie und entwickelte gemeinsam mit dem Team des Kulturort Depot ein Outdoor-Konzept für das „Visual Sound Festival“, welches sich bewährt hat und somit auch in diesem Jahr umgesetzt wird. 

Auf der einen Seite bietet sie den Künstler*innen in diesen wirtschaftlich für sie äußerst schwierigen Zeiten eine Plattform, sich und ihre Arbeit der Öffentlichkeit zu präsentieren, denn nach den langen pandemiebedingten kulturellen Auszeiten, können die beteiligten Künstler*innen es kaum abwarten, endlich wieder vor Publikum aufzutreten und ihre Arbeiten zu präsentieren. 

Zum anderen möchte Angelika Hoffmann etwas für den Stadtteil, für die Belebung der Nordstadt und die Sichtbarkeit ihrer kreativen Szene tun, wobei der Kulturort Depot für sie der Dreh- und Angelpunkt bleibt. 

Schnittmengen der verschiedenen künstlerischen Darstellungsformen

Besonders wichtig ist ihr der Kontakt und die Vernetzung der kreativen Köpfe untereinander und so freut sie sich ungemein, neben lokalen und regionalen Künstler*innen auch international angesagte Acts im Programm zu haben, die „Visual Sound“ über die Region hinaus zum Gesprächsthema machen werden. 

So erhofft sich Angelika Hoffmann eine gegenseitige „Befruchtung“, eine Bereicherung der Kreativen untereinander, für die sie mit „Visual Sound“ den perfekten Rahmen bieten möchte. „Visual Sound ist besonders, sowas gibt es nicht an jeder Ecke. Das Festival soll dazu dienen, Schnittmengen der verschiedenen künstlerischen Darstellungsformen zu bilden, wobei der Freiraum für Experimente hierbei äußerst wichtig ist“, erläutert Hoffmann ihre Vision.

Aus dem Stadtteil für den Stadtteil

Wie die Nordstadt selbst, zeichnet sich „Visual Sound“ durch kulturelle Vielfalt aus, wird durch die Bevölkerung des Stadtteils getragen und ist ganz nah an ihr dran. So sind auch diverse Vereine und Kulturschaffende aus der Nordstadt am Programm beteiligt. 

Der Flüchtlingshilfe-Verein „Train of Hope“ beteiligt sich beispielsweise mit einem musikalischen Projekt für junge Menschen mit Fluchterfahrung. Gemeinsam mit ihnen hat die Harfinistin und Musiktherapeutin Zainab Lax Stücke ausgewählt und entwickelt, die sie bei „Visual Sound“ am Samstag um 18 Uhr präsentieren werden.

Die zum „Train of Hope“ gehörende Frauengruppe „Women of Hope“ wird sich um das leibliche Wohl der Festivalgäste kümmern und sie mit syrischen Köstlichkeiten, vegetarischem und veganem orientalischem Fingerfood versorgen. Am Samstag stehen mit der Band „Call me Mary“ Rock’n’Roller aus dem Dortmunder Hafen auf der Bühne

Christof Schläger verwandelt die Haupthalle des Depot in einen Klangdschungel

Zur Eröffnung des Festivals am Donnerstag, 9. September, erwartet die Besucher*innen direkt ein Highlight von „Visual Sound 2021“. Christof Schläger, der mehrfach preisgekrönte Künstler und Initiator des KunstWaldes auf dem früheren Zechengelände Teutoburgia in Herne, wird seine „Geräuschgestalten“ präsentieren. Für Angelika Hoffmann eine Ehre, ihn zum „Visual Sound“-Festival begrüßen zu dürfen.

In der Haupthalle des Depots erwartet die Gäste ein besonderes Highlight des Festivals. Foto: Christof Schläger

Der Künstler nennt seine Schöpfungen nicht Instrumente, sondern Maschinen. So sehen sie auch aus – konstruiert aus unverkleideten technischen, teils elektrischen Bauteilen. Man erkennt Stahlrohre, Schläuche, grobe Federn, Klingeln, kleine Motoren und viele Kabel, die sich, sorgfältig gebündelt wie Adern an den Maschinen entlang ziehen und sie mit Strom versorgen.

Bei der konzertanten Aufführung werden die einzelnen Objekte, deren Erscheinung auch rein optisch-ästhetisch ein reines Vergnügen ist, nacheinander zum Tönen gebracht, bis sie sich zu einem umfassenden Klangdschungel vereinen. Die Objekte rufen auch bestimmte Assoziationen hervor, so gibt es spinnenähnliche Gestalten namens „Whopper“, die ihren Namen durch die Klänge erhalten haben, die sie erzeugen.

Angelika Hoffmann hatte im Vorfeld die Gelegenheit, dem Künstler bei seiner Arbeit in einer Maschinenhalle in Herne auf die Finger zu schauen. „Da habe ich mich gefühlt wie Alice im Wunderland“, so die beeindruckte Künstlerin. 

„Es war einfach nur beeindruckend zu sehen, mit welch ausgetüftelter, ausgeklügelter Hingabe Schläger zu Werke geht. Man muss diese Komposition einfach erlebt haben“, so Hoffmann begeistert. Christof Schlägers Rauminstallation „Geräuschgestalten“ wird als einziger Programmpunkt in der Haupthalle des Depots präsentiert. Am Freitag um 19.10 Uhr haben die Gäste noch einmal die Möglichkeit, die Geräuschgestalten live zu erleben.

Das Klanglicht-Ensemble möchte sein Publikum mit einfachen Mitteln verzaubern

Das Klanglicht-Ensemble mit Angelika Hoffmann arbeitet mit ganz einfachen Mitteln. Foto: André Sämann

Am Donnerstag um 21 Uhr steht dann ein weiterer Programmpunkt ganz besonderer Art an. Das Klanglicht-Ensemble, von dem Angelika Hoffmann selbst ein Teil ist, präsentiert die Premiere von „Human Interface“. Darunter sind menschliche Schnittstellen zu verstehen, für kausale Wechselbeziehungen von elektro-akustischen und visuellen Reizen. 

Licht, Musik, Geräusche, Objekte, Bildende Kunst und Handlung werden zu einer dynamischen Performance verpackt – einem spannenden, akustischen Lichttheater. Hier ist Resonanz in unmittelbarer Wirkung zu erleben.

Ganz im Sinne der Künstler*innen des Klanglicht Ensembles, die zwischen Nostalgie und visionärem Weitblick die Erlebnisqualität des Analogen mit viel Freude an digitalen Klängen und am Detail zelebrieren.

„Mit dem Klanglicht-Ensemble hoffen wir, das Publikum mit ganz einfachen Mitteln zum Staunen zu bringen. Es ist ein Theaterlabor mit dem Potential zu verzaubern“, freut sich Angelika Hoffmann auf die Performance. 

Lassen Sie sich überraschen, wenn Alltagsgegenstände wie Götterspeise, Eiswürfel, Rote Bete oder Brause in ein künstlerisches Konzept eingebunden werden, wobei fantastische Dinge entstehen können. „Das Ganze besticht durch seine sinnliche Erlebnisqualität“, macht Hoffmann neugierig auf mehr. Auch die Performance des Klanglicht-Ensembles kann man zweimal erleben. Ein weiterer Auftritt findet am Samstag um 21 Uhr statt.

Jede Menge multikulturelle Power, die sich nicht in Schubladen stecken lässt

Feministischer Punkrock aus Mühlheim mit „Lily Havoc“. Foto: Lily Havoc Band

Am Freitag geht es dann vor allem musikalisch zu. Die Band „Lily Havoc“ präsentiert um 18 Uhr feministischen Punkrock für alle, die genug haben von analoger Kulturabstinenz und lädt zum Abtanzen auf Glam Grunk.

Mit dem Quartett Vandermark / Muche / Lehn / Blume betreten international renommierte Musiker die Bühne des „Visual Sound-Festivals“. Das hochkarätige Quartett um den Dortmunder Schlagwerker Martin Blume bietet innovative Musik auf höchstem Niveau und wird gegen 20 Uhr mit seinem Programm beginnen.

Mit dem Duo „Talibam“ wird es dann ab circa 21 Uhr groovig bis verrückt. Die New Yorker Kevin Shea und Matt Motel sind höchst fantasievolle, interdisziplinär arbeitende Künstler, die fantasievollen Jazz spielen werden. „Das Duo ist kreativ ohne Grenzen und verfügt über eine anarchische Energie, die nicht zu bremsen ist. Lassen wir uns überraschen, was diesmal auf der Bühne passieren wird“, freut sich Angelika Hoffmann auf den Gig.

Die Qual der Wahl: Vier Tage prall gefülltes Programm

Die Dortmunder Kultband „Aniyo Kore“ tritt am Sonntag auf. Foto: Dennis Treu

Am Samstag gibt’s mit „Call me Mary“ Rock’n’Roll made in Dortmund, Li Kemme und Florian Walter laden zur Jamsession mit Performance und die diplomierte Figurenspielerin und klassisch ausgebildete Sängerin Winnie Luzie Burz aus Stuttgart begibt sich mittels einer Objekt-Klang-Performance unter dem Titel „Epiphanie“ auf die Suche nach dem einzigartigen Moment der Erhabenheit.

Auch am Sonntag wird musikalisches Programm geboten. Zum Abschluss tritt um 20:30 Uhr das Dortmunder Trio „Aniyo Kore“ auf und verspricht brachiale Heavyness und tiefe Emotionen irgendwo zwischen Sludge und Post-Punk. 

Dies waren nur einige Beispiele aus dem prall gefüllten Programm des Festivals. Alle weiteren Informationen zu Künstler*innen und Festival finden Sie auf den im Anhang des Artikels verlinkten Internetseiten. 

Unterstütze uns auf Steady

Weitere Informationen:

Preise:
Donnerstag: 15 Euro (regulär) / 8 Euro (ermäßigt)
Freitag/Samstag/Sonntag: jeweils 20 Euro (regulär) / 12 Euro (ermäßigt)
Festivalticket für alle Tage: 50 Euro (regulär) / 30 Euro (ermäßigt).
Alle Tickets zzgl. Vorverkaufsgebühr.
Direkter Link zum Online-Shop bei Ticketpay: https://shop.ticketpay.de/BLFGL89F

Write a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert