70 junge Musiker:innen aus dem ganzen Land sind auf Europa-Tournee

„United for the future“: Das ukrainische Jugendorchester findet Kraft in der Musik

Bildrechte: Serehiy Horobets

Der schreckliche Angriffskrieg Russlands hat Selbstverständlichkeiten, europäische Werte, Kunstfreiheit und internationale Freundschaften in ein neues Licht gerückt. Das Jugendsinfonieorchester der Ukraine setzt den grausamen Umständen zum trotz seine musikalische Tätigkeit fort: 2022 bringt es die ukrainische Jugend erneut für eine Konzertsaison zusammen, um ihre Friedensbotschaft von mehr Gerechtigkeit und einer besseren Zukunft durch Musiker in die Welt zu tragen. Auf dem Programm stehen Werke ukrainischer Komponisten sowie beliebte Meisterwerke von Mozart und Beethoven.

Evakuierungsprojekt „Music for the Future“

Oksana Lyniv, Gründerin und Chef-Dirigentin Quelle: dpa

Das Jugendsymphonieorchester der Ukraine ist ein einzigartiges Projekt, welches 2016 auf Initiative der Dirigentin Oskana Lyniv in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn, dem Bundesjugendorchester Deutschland sowie der Deutsche Welle gegründet wurde.

Das Projekt führt junge talentierte Musiker:innen im Alter von 12 bis 22 Jahren aus allen Teilen der Ukraine zusammen und fördert die individuellen Stärken jedes Einzelnen. Seit 2016 zählt das Orchester nach zahlreichen Auftritten, unter anderem in Lviv, Kiew, Berlin und Beyreuth als etablierter Kulturbotschafter der Ukraine in der Welt.

Nach dem Kriegsausbruch des russischen Aggressors gegen die Ukraine hat das Jugendorchester gemeinsam mit dem slowenischen Jugendorchester ein großes Evakuierungsprojekt für junge Musiker:innen aus der ganzen Ukraine initiiert: „Music for the Future“ in Ljubljana, Slowenien.

Das Orchesterzentrum Dortmund bietet dem Jugendsymphonieorchester die Möglichkeit, sich auf ihr Konzert am 29. August beim Beethovenfest in Bonn vorzubereiten. Im Gegenzug haben Musikliebhaber*innen am Samstag, den 20. August. 2022 von 15 bis 17 Uhr die einzigartige Möglichkeit, das Orchester in Dortmund bei ihrer öffentlichen Generalprobe zu hören.

Dem Aggressor zu trotz wird von den Jugendlichen musiziert

Kyra Usielski | Nordstadtblogger

Das Jugendsinfonieorchester will dem Aggressor zu trotz die ukrainische Kultur und ihre Werte weiter in die Welt hinaus tragen. Seit dem Krieg gab es kaum Möglichkeiten für junge Musiker*innen der Ukraine ihre Geschichte zu erzählen, aber gerade in dieser Krisenzeit sei es laut der Gründerin und Stardirigentin Oskana Lyniv wichtig, der Welt die Schönheit der ukrainischen Kultur zu präsentieren.

Es geht aber nicht nur um das heraustragen in die Welt, auch den jungen Musiker*innen des Jugendsinfonieorchesters finden in diesen schwierigen Zeiten Trost in der Musik. Denn Eltern, Familien und Freunde mussten die Jugendlichen in ihrer Heimat zurücklassen.

Viele der Orchestermitgliedern berichten, dass sie wortwörtlich von ihren Eltern und Familien dazu „gezwungen“ wurden, diese Chance auf ein sicheres Leben zu nutzen. Viele der Jugendlichen wollten ihre Eltern nicht zurücklassen und berichten sogar davon, dass sie von einem schlechten Gewissen geplagt sind, ihre Familien nicht in Sicherheit zu wissen. Die Liebe zu ihren Eltern und für den inneren Frieden ihrer Familien hat letztendlich dazu geführt, Teil des Orchesters werden zu wollen.

Die Jugendlichen gewinnen Trost und Kraft durch die Musik

Kyra Usielski | Nordstadtblogger

Der Trennungsschmerz und das Trauma der Geschehnisse im Heimatland sitzen tief. Die Trauer und die Ungewissheit sind ständige Begleiter der jungen Erwachsenen, welche durch die tägliche Flut an Nachrichten ständig verstärkt werden. Lediglich in der Musik finden die gezeichneten Jugendlichen Ablenkung, Trost und Kraft und haben zumindest für den Moment der vollen Hingabe der Musik die Möglichkeit „Frieden zu finden“.

Sie erzählen mit den Stücken, die teilweise während des Krieges geschrieben wurden, ihre Geschichte und verleihen so ihren Gefühlen und Emotionen Ausdruck und tragen diese in die Welt hinaus. Der totale Moment der Hingabe bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Jugendlichen einen Moment der Ablenkung erleben.

Einige der Stücke Gedenken an all diejenigen, die kriegsbedingt durch die wahrscheinlich schrecklichste Zeit ihres Lebens gehen, an gefallene Soldaten und Zivilisten und an die tausenden Kriegsflüchtlinge, die Schutz in benachbarten Ländern suchen. Sicherlich ist daher nicht verwunderlich, dass sich diese Emotionalität deutlich in den Stücken widerspiegelt und einige der Jugendlichen davon berichten, dass bei den Proben nicht selten Tränen fließen.

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