Das Team kann nicht weitermachen - noch kein Plan B

(K)ein Hafen für alle: Imbiss und Eventlocation Hafenkombüse muss der Industrie weichen


Von Florian Stary

Seit dem Jahreswechsel ist der Dortmunder Hafen um eine Attraktion ärmer. Die Hafenkombüse an der Kanalstraße gibt es nicht mehr. Fast ein Jahr lang stand das Schicksal des zuletzt als Veranstaltungsort bekannt gewordenen Kleinrestaurants auf Messers Schneide.

Wichtiger Imbiss für Lkw-Fahrer, aber auch Kulturort

Beschäftigte der Nachbarunternehmen und auch die Lkw-Fahrer haben nun keine Anlaufstelle mehr. Foto: Team Hafenkombüse

Wenn LKW-Fahrer nach langer Tour endlich den Dortmunder Hafen erreichten, hieß ihre erste Anlaufstation meist Hafenkombüse. Denn für viele Jahre war der Imbiss die einzige Möglichkeit, zwischen Containern und Frachtkränen schnell was auf die Gabel zu bekommen, dringend notwendige Blasenentleerung inklusive.

Damit allerdings ist seit Anfang 2024 Schluss – die Hafenkombüse existiert nicht mehr. Die Chronologie, die zu ihrer Schließung geführt hat, ist dabei vor allem für die beiden Inhaber der kleinen Gaststätte, Felix Pohl und Amadeusz Sokolowski, mehr als frustrierend.

Übernahme mit neuem Konzept mitten in der Pandemie

Für Pohl und Sokolowski begann ihre Zeit als Pächter der Hafenkombüse zu einem Moment, an dem die meisten wohl die Finger von einem Gastronomiebetrieb gelassen hätten: im Mai 2021, als Corona das öffentliche Leben immer noch fest im Griff hatte und Lokale sich weiterhin strengen Auflagen gegenübersahen.

Felix Pohl mit der Nordstern-Auszeichnung. Foto: Team Hafenkombüse

Um sich gegen das Virus zu behaupten und die Hafenkombüse zukunftssicher zu machen, planten die zwei Männer daher mit einem neuen Konzept: Zukünftig sollten Speisen- und Cateringangebot durch kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte und Poetry-Slams erweitert werden, um so weitere Einnahmequellen zu generieren.

Die Idee fand Anklang. Der Stadtrat sprach eine Duldung für das Konzept aus; Pohl und Sokolowski holten beim Gründerwettbewerb „Nordstern“ 2022 den dritten Platz. Allerdings bedeuteten diese ersten Erfolge auf lange Sicht keinesfalls Klarschiff für die Hafenkombüse.

Interessenskonflikt zwischen Industrie und Kultur

Foto: Team Hafenkombüse

Denn eine Duldung ist kein rechtssicherer Status. Das Grundstück, auf dem der Imbiss liegt, ist als Industrie- und Gewerbegelände ausgeschrieben.

Dass dort jahrelang überhaupt Essen serviert werden durfte, war nur den zugedrückten Augen aller Verantwortlichen sowie einer gewissen Rücksichtnahme auf die Fernfahrer zu verdanken.

Problematisch wird dieser Umstand durch den sich langsam aber sich vollziehenden Strukturwandel im Hafen. Insbesondere die Speicherstraße soll zum neuen Dortmunder Szenequartier werden. Dabei ist das gesamte Hafengebiet gleichzeitig ein Industrie- und Logistikstandort von internationaler Bedeutung.

Foto: Team Hafenkombüse

Laut der für den Standort verantwortlichen Dortmunder Hafen AG gehe der Wirtschaft im Bereich des Kanals gerade schlicht der Platz aus. Industriell weiterhin sinnvoll wachsen und arbeiten zu können, sei derzeit nur noch dank vorausschauender Planung möglich.

Die Versorgung der umliegenden Betriebe und der LKW-Fahrer mit Speisen und Getränken durch die Hafenkombüse wäre daher zwar noch akzeptabel, eine Nutzung der Hafenkombüse als Eventlocation aber nicht hinnehmbar. Zu groß sei das Risiko, dass ein erfolgreiches Konzept Nachahmer anziehe und diese der Wirtschaft noch mehr Raum rauben.

Erfolglose Kompromisssuche

So kam es Anfang 2023 zu ersten Gesprächen zwischen den Betreibern der Hafenkombüse und der Hafen AG unter Beteiligung der Wirtschaftsförderung und Vertretern aus der Politik. Den dort vorgebrachten Vorschlag, Pohl und Sokolowski könnten das Grundstück des Imbisses kaufen statt pachten und so ihr Konzept weiter fortführen, lehnte die Hafen AG zunächst mit der Begründung ab, dass die veranstalteten Events die Umgebung verschmutzen, für Ruhestörungen sorgen und das Einbruchsrisiko erhöhen würden.

Foto: Team Hafenkombüse

Zwar rückte die Arbeitsgemeinschaft in den Folgemonaten von dieser Negativdarstellung wieder ab, ihr Gegenvorschlag war für Pohl allerdings auch nicht tragbar: „Die Hafen AG bot uns an, jährlich zehn Events für im Hafen ansässige Firmen veranstalten zu dürfen. Das entspricht leider weder unserer Idee, noch ist es real umsetzbar. Die Kulturszene trifft sich gerne zu Konzerten oder anderen Veranstaltungen in einem Imbiss. Eine Firma mit dutzenden Angestellten sucht sich für ihre Feier lieber eine andere Location.“

Den Betrieb allein durch Essensverkauf und Catering weiter aufrecht zu erhalten, war ebenfalls nicht denkbar: „Nicht nur, dass Corona das Ausgehverhalten der Menschen deutlich verändert hat. Obendrauf kommt außerdem die Inflation durch die Energiekrise und die Aussicht, dass für Gastronomiebetriebe bald wieder der gehobene Mehrwertsteuersatz gilt“, so Pohl.

Die Zukunft ist offen bis fragwürdig

Felix Pohl und Amadeusz Sokolowski. Foto: Team Hafenkombüse

„An der Kanalstraße geht es für uns definitiv nicht weiter“, berichtet Pohl. „Zwar hat uns die Hafen AG ein Gebäude an der Speicherstraße in Aussicht gestellt, allerdings wird dort erst 2026 mit den Bauarbeiten begonnen.“

Ob es für die Hafenkombüse in zwei Jahren im neuen Szeneviertel weitergeht, ist also fragwürdig. Bis dahin müssen Brummifahrer sich nach ihrer Tour mit einem Brötchen von der Tankstelle begnügen und ihre Notdurft im nächsten Gebüsch verrichten.


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Reaktionen

  1. Markus

    Finde die Argumentation der Hafen AG nicht nachvollziehbar & sehr schade. Für Image und öffentliche Wahrnehmung der Hafen-Industrie wäre es ein Gewinn und den Konflikt dass das die Industrie gefährdet kann ich nicht erkennen. Das Tyde hat auch nicht dazu geführt dass die Industrie verdrängt wird. Wäre übrigens ein schönes Objekt um weiter zu machen, schade dass es nur noch für Privatveranstaltungen genutzt wird momentan.

  2. Torsten Berens-Schwarz

    Und damit hat die ARAL Tankstelle ein Monopol für die Versorgung der Brummifahrer. Der dortige Parkplatz reicht längst nicht mehr aus für die vielen Brummis von denen übrigens auch die Stadt Dortmund profitiert.

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