Jungen-Turngruppe FS 98: Hier in der Nordstadt lernen die Stärkeren die Fürsorge für die Schwächeren

Jungen-Turngruppe FS 98. Foto: Dietmar Wäsche
Jungen-Turngruppe FS 98. Foto: Dietmar Wäsche

„Wer bei uns ein Schimpfwort benutzt, der muss erst einmal auf die Bank und eine Pause machen.“ Strenge Regeln, ähnlich wie im Fußball, gelten in der Turnabteilung des FS 1889. Das Besondere: Die Sportler, von denen die guten Manieren gefordert werden, sind noch recht jung.

Zwischen 4, so wie der kleine Celio, und 12 Jahre wie Saiko, Ahmet oder Philipp. Und es sind ausschließlich Jungen, die sich immer freitagabends in der Sporthalle der Diesterwegschule verausgaben. Darunter auch verhaltensauffällige oder behinderte Kinder, die von Übungsleiterin Kathy Horvat und ihrer Assistentin Özlem betreut werden.

Fußball oder Zombieball: Das Aufwärmtraining suchen sich die jungen Sportler selbst aus

Los geht es mit einem Aufwärmtraining, das sich die energiegeladenen Jungs selbst aussuchen dürfen. Fast immer läuft es auf Fußball hinaus. Oder auf Zombieball. Kathy Horvat schmunzelt: „Ich vertrete manchmal die Trainerin einer Mädchengruppe. Da merkt man deutlich den Unterschied. Die Mädchen starten am liebsten mit Hula-Hoop-Reifen.“

Dass Jungs und Mädchen getrennt trainieren, hat einen ganz banalen Grund. Die gemischte Kinder-Turngruppe, die in den 1980-er Jahren ins Leben gerufen wurde, wurde schlichtweg zu groß. Der Verein FS 1898, der noch zahlreiche andere Sportarten anbietet, entschied sich zu einer Teilung der Gruppe.

Derzeit sind es etwa zwölf Jungs, die jeden Freitag zum Training kommen. Vor allem türkische und deutsche Kinder, alle aus der Nordstadt. Der relativ große Altersunterschied ist dabei kein Problem. „Bei uns lernen die Kinder, dass die Älteren den Jüngeren helfen müssen und die Stärkeren den Schwächeren, und dass sie auch Rücksicht aufeinander nehmen müssen“, sagt Kathy Horvat. Doch natürlich auch der Integrationsgedanke und vor allem die regelmäßige Bewegung spielen eine Rolle.

Die Turnkünste werden alle zwei Jahre den Familien der Jungen präsentiert

Das Gelernte, etwa die Übung am Reck oder der Handstand, können die Kinder – wenn sie es denn wollen – ihren Familien vorführen. Gelegenheit dazu besteht bei der Jahresabschlussfeier, die alle zwei Jahre durchgeführt wird. „Dann sind die Kinder sehr stolz“, erzählt die Übungsleiterin.

Sie selbst ist durch Zufall zu ihrem Job gekommen. Kathy Horvat brachte im August 2012 ihren Sohn zur Turngruppe des FS 1898, als dort gerade ein personeller Engpass bestand. Sie sprang als Hilfe ein und wurde vom Verein gebeten, sich doch mehr zu engagieren. Mittlerweile hat sie ihren Übungsleiterschein und jede Menge Erfahrung. „Heute kann ich das Training ganz spontan leiten“, sagt sie.

Die Zusammensetzung der Gruppe und deren  Tagesform entscheiden darüber, welche Übungen oder Spiele gemacht werden. An diesem warmen Sommertag ist die Tagesform großartig. Als das Training um 19.30 Uhr endet, wollen die begeisterten Kinder immer noch nicht aufhören.

HINWEIS:

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– Der Artikel von Claudia Behlau ist ein Beitrag aus dem Buch “Wir: Echt Nordstadt”.

– Das Buch mit 106 Gruppenportraits ist kostenlos beim Quartiersmanagement Nordstadt, Mallinckrodtstraße 56, 44147 Dortmund, erhältlich. (Mail: info@nordstadt-qm.de)

– Eine große Ausstellung mit Bildern und Texten zu  “Wir: Echt Nordstadt” ist bis Ende September 2015 am Big Tipi im Fredenbaumpark zu sehen.

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