Greenpeace Dortmund protestiert vor Lidl-Filiale in Huckarde gegen die Haltungsbedingungen von Mastschweinen

AktistInnen von Greenpeace haben in Huckarde ein Zeichen gesetzt. Fotos: Leopold Achilles
AktistInnen von Greenpeace haben in Huckarde ein Zeichen gesetzt. Fotos: Leopold Achilles

Von Thomas Engel

Ein trüber Montagvormittag vor der Lidl-Filiale in Dortmund-Huckarde. Greenpeace-AktivistInnen tauchen mit Transparenten und Postern auf. Zügig werden die Außenscheiben der Filiale beklebt. Es entsteht ein großflächiges Bild, das wenig erbauliche Szenen aus Schweineställen in Mastbetrieben zeigt. Aus einem Lautsprecher hallt symbolisch das Quieken der gequälten Kreaturen. Vier herbeigerufene Polizisten beenden den Protest.

Kontroversen um die Massentierhaltung von Mastschweinen

Massentierhaltung von Mastschweinen in der Bundesrepublik – ein sensibles Thema, an dem sich so manche Geister scheiden. Während der Deutsche Bauernverband sich mit Händen und Füßen gegen eine „pauschalisierende“ Kritik an den Bedingungen, unter denen Tiere hierzulande zur Fleischproduktion gehalten werden, wehrt, ist für Greenpeace klar:

Die in der Bundesrepublik geltende Nutztierhaltungsverordnung bzw. TierSchNutzV (Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung) widerspricht in wichtigen Punkten dem Tierschutzgesetz (TierSchG).

Die bekannte Lidl-eigene Marke Landjunker bewirbt auf ihrer Website die Schweinehaltung im eigenen Hause mit den Worten: „Moderne Ställe sind auf die Bedürfnisse der Schweine ausgelegt und regeln Temperatur und Klima tiergerecht angepasst und automatisch.“ Das allerdings sehen die AktivistInnen von Greenpeace etwas anders.

Greenpeace-Gutachten sieht Tierschutz durch Haltungsauflagen nicht gewährleistet

Ein von den Naturschutz-AktivistInnen bei einem Hamburger Anwaltsbüro in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zur Haltung von Mastschweinen (vollständiger Text: hier) kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die in der TierSchNutzV definierten Bedingungen für die Zulassung zur Haltung von Mastschweinen „der Art und den Bedürfnissen der Schweine nicht gerecht“ (S. 53) würden und daher gegen das TierSchG verstießen.

In dem Gesetz zum Schutz von Tieren wird HalterInnen eine Pflicht zur angemessenen Ernährung, Pflege und verhaltensgerechter Unterbringung auferlegt. Dies wird dem Gutachten zufolge durch das geltende Recht im Sinne der TierSchNutzV nicht gewährleistet.

Vielmehr wird in dem besagten Gutachten zusammenfassend festgestellt: „Die aktuell zugelassene Haltung von Mastschweinen fügt den Tieren aufgrund der massiven Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit Schmerzen, Leiden und Schäden zu, indem ihnen ein Lebensraum vorenthalten wird, der ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen ist.“

EU-Recht spricht nicht gegen eine Verschärfung der Vorschriften

Auch die Maßnahmen der vom Lebensmittelhandel finanziell unterstützten „Initiative Tierwohl“ genügten laut Gutachten den Anforderungen des Tierschutzgesetzes nicht. Schließlich betonen die Gutachterinnen, dass eine Verschärfung der Haltungsvorschriften in der Bundesrepublik nicht gegen EU-Recht verstoße, da die betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien zur Schweinehaltung lediglich Mindestnormen darstellten, die offen für eine Verschärfung durch nationalstaatliche Gesetzgebung oder Vorschriften seien.

Damit ist für die Greenpeace-AktivistInnen die Situation klar. Zumal für sie in Deutschland immer noch zu viel Fleisch gegessen wird: 60 Kilogramm pro Jahr – deutlich über dem weltweiten Durchschnittswert von 40 Kilogramm. Und ebenfalls viel mehr, als die Deutsche Gesellschaft für Ernährung an Fleischkonsum aus gesundheitlichen Gründen empfiehlt, nämlich 15-30 Kilogramm jährlich.

Aktionen gegen den Verkauf von Billigfleisch aus Massenproduktion in den Filialen der Lidl-Kette sind von Greenpeace mehrfach organisiert worden. Bereits an zwei Aktionstagen im letzten Jahr zogen die AktivistInnen bundesweit jeweils vor etwa 50 Filialen des Discounters, um auf das Leid jener Tiere aufmerksam zu machen, deren Fleisch dort verkauft wird.

Interview

Wogegen protestieren Sie?

„Wir sind heute hier vor der Lidl-Filiale in Huckarde, weil wir gegen die Massentierhaltung in Deutschland protestieren wollen. Insbesondere Lidl hat diese Produkte, die aus tierquälerischer und umweltzerstörerischer Schweinehaltung stammen.“

Protest bei der Massentierhaltung von Schweinen. Tut sich der Lidl da besonders hervor?

„Nein, das kann man nicht unbedingt sagen. Das wird bei anderen Discountern, Aldi, Penny und Konsorten nicht anders sein. Aber bei Lidl sind wir guten Mutes, denn Lidl zeigt, dass es auch anders gehen kann. In Dänemark zum Beispiel gibt es über 100 Lidl-Filialen, in denen Fleisch angeboten wird, wo die Tiere tiergerecht gehalten worden sind, die nicht mit Antibiotika behandelt worden sind und deren Schwänze zum Beispiel auch nicht kupiert worden sind. Wenn also Lidl auf unsere Forderungen eingeht, dann sind die anderen quasi gezwungen, nachzufolgen. Deswegen haben wir uns ausgerechnet Lidl exemplarisch vorgenommen.“

Wie sehr werden die Schweine denn gequält. Wogegen protestieren Sie vor allem?

„Man sieht ja auch auf den Bildern, die wir jetzt auf die Filiale geklebt haben, dass die Schweine auf engstem Raum stehen, dass sie wenig oder gar kein Tageslicht haben, dass sie sich nicht bewegen können und auch ihrem natürlichen Bewegungsdrang nicht mehr folgen können. Hinzukommt kommt noch, dass sie mit Antibiotika präventiv versorgt werden, was nicht notwendig ist.“

Reaktionen

  1. TVC 15

    Unsere Nasen sind nicht so niedlich, wie die der Schweine und deshalb sollten wir uns alle mal daran packen. Diese Massenzucht ist doch nur möglich, weil wir als Konsumenten das preiswerte Billigfleisch kaufen. Und dies nicht nur als BürgerInnen mit geringem Einkommen (was noch einigermaßen verständlich ist), sondern quer durch alle Einkommensschichten. Es ist nicht nötig, gleich Vegetarier zu werden, doch der Fleischkonsum sollte von jedem Menschen überdacht und eingeschränkt werden.

  2. Astrid Muth

    Es handelt sich nicht um Tierhaltung, sondern um Tierausbeutung. Ausbeutung ist Gewalt. Das Kaufen von Käse, Joghurt, Eiern … und das Essen der Leichen unserer Opfer ist ein Verbrechen, ein legales Verbrechen. Es wird Zeit die Augen auf zumachen und mit dieser grauenhaften Gewalt aufzuhören. Die anderen Tiere sind uns hilflos ausgliefert. Sie sind nicht dazu da, dass wir sie zu Sklaven machen, grausam misshandeln, ausbeuten und abschlachten (lassen). Infos und Rezepte für ein möglichst gewaltfreies Handeln: http://www.vegan-taste-week.de

  3. Greenpeace Dortmund protestiert am Samstag vor Edeka Zugespielte Bilder zeigen: Supermarktkette verkauft Fleisch aus tierschutzwidriger Haltung (PM)

    Gegen Billigfleisch, dessen Produktion Tiere leiden lässt, protestieren diesen Samstag von 11:00 bis 13:00 Uhr Greenpeace-Aktive vor der Edeka-Filiale Dörfer am Brackeler Hellweg 137. Greenpeace waren Aufnahmen von verletzten, erkrankten, bewegungsunfähigen oder toten Schweinen aus 10 Mastställen zugespielt worden. Die Hälfte der Ställe, die sich in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen befinden, beliefert Deutschlands größten Einzelhändler Edeka.

    Ein Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace bewertet die in diesen Ställen praktizierte Haltungsform als verfassungs- und tierschutzwidrig (https://act.gp/3YCb6iX). Edeka selbst wirbt auf Webseiten mit einigen dieser Höfe für mehr Tierwohl. Ein 3D-Banner mit einem gebrochenen Herzen illustriert bei der Protestaktion den Widerspruch zwischen dem Leid in den Ställen und Edekas “Wir lieben Lebensmittel”-Marketing.

    „Diese herzzerreißenden Bilder voller Tierleid entlarven Edekas schamlose Versprechungen von Qualität, Nachhaltigkeit und Tierwohl”, sagt Joachim Hermes von Greenpeace Dortmund. „Edeka muss das doppelte Spiel auf Kosten des Tierwohls endlich beenden und Billigfleisch aus dem Sortiment verbannen.“

    Ein kürzlich veröffentlichter Greenpeace-Report zeigt: Die Werbestrategien der führenden Supermarktketten widersprechen ihren eigenen Zielen. Sie versprechen mehr Tierwohl und verpflichten sich zum Klimaschutz, aber werben weiterhin massiv für Fleisch aus den schlechtesten Haltungsformen. Auch bei Edeka dominiert die Werbung für nicht gekennzeichnetes Fleisch oder solches aus den zwei schlechtesten Haltungsformen. Bei Biofleisch war Edeka sogar Schlusslicht der Branche. Die Bewerbung klimafreundlicher pflanzlicher Alternativen spielt beim Konzern entgegen seinen ambitionierten Klimaschutzzielen nur eine geringfügige Rolle. 

    Deutschlandweiter Greenpeace-Aktionstag

    Die Haltung von Tieren für die Fleisch- und Milchproduktion verursacht klimaschädliche Treibhausgase. So werden in Deutschland etwa 75 Prozent des Methans in der Landwirtschaft freigesetzt. Sowohl Tierwohl- als auch Klimaziele sind nur zu erreichen, wenn Supermärkte ihr Sortiment umstellen auf mehr pflanzliche und weniger tierische Produkte und für letztere hohe Tierwohl-Standards ansetzen. Doch eine Proteinstrategie, die genau das beinhalten würde, hat Edeka im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern bisher nicht vorgelegt. Eine jährliche Abfrage von Greenpeace bei den Supermärkten zu ihrem Sortiment tierischer Produkte zeigt zudem, dass Edeka-Fleisch immer noch zu über 80 Prozent aus tierschutzwidrigen Haltungsformen stammt.

    Bundesweit protestieren an diesem Wochenende Greenpeace-Aktive in mehr als 30 Städten vor Edeka-Filialen gegen Tierleid und Klimazerstörung durch das Billigfleischsystem.

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