Gedenken zum dritten Todestag von Mouhamed Dramé – Revisionsverfahren steht noch aus

Angehörige erinnern Freitag gemeinsam an Opfer von Polizeigewalt

Gedenktafel am Tatort
Heute erinnert eine Gedenktafel am Zaun der Jugendwohngruppe an Mouhamed Lamine Dramé. Paulina Bermúdez | Nordstadtblogger

Der Solidaritätskreis lädt anlässlich des dritten Todestags des jungen Geflüchteten Mouhamed Lamine Dramé am Jahrestag zum Gedenken ein. Er wurde am 8. August 2022 bei einem Polizeieinsatz getötet. Über das Jahr 2024 lief der Prozess gegen fünf Beamt:innen, die an dem Einsatz beteiligt waren. Sie alle wurden vom Landgericht Dortmund freigesprochen.

Prozess gegen Polizist:innen endete mit Freisprüchen

Während das Revisionsverfahren gegen die Freisprüche der angeklagten Polizist:innen noch aussteht, veranstaltet die Familie Dramé zusammen mit dem Solidaritätskreis „Justice4Mouhamed“ ein Gedenken für den getöteten Mouhamed Lamine Dramé. Am Freitag (8. August 2025) um 18 Uhr treffen sich Angehörige von Opfern von Polizeigewalt, um gemeinsam zu erinnern.

Der Prozess fand im Landgericht Dortmund statt. Karsten Wickern | Nordstadtblogger

Das Gericht hat das Urteil damit begründet, dass die Polizist:innen fälschlicherweise von einer Notwehrlage ausgegangen waren, und daher straflos gehandelt haben. Die Familie des Getöteten gibt sich mit dem Urteil nicht zufrieden und fordert weiter Konsequenzen und Gerechtigkeit.

Zur Demonstration anlässlich der Freisprüche der angeklagten Polizist:innen am 14. Dezember 2024 waren zuletzt rund 1.500 Menschen gekommen. Sie trugen ihren Unmut bezüglich des Urteils laut auf die Straße.

Möglichkeit der Revision steht noch aus

Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat gegen den Freispruch des Einsatzleiters Revision eingelegt. Sie hatte eine Bewährungsstrafe von 10 Monaten für den Einsatzleiter gefordert. Die Anwältin der Nebenklage hat ebenfalls Revision eingelegt, jedoch gegen das gesamte Urteil.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat in letzter Instanz die Klage der Ruhrnachrichten abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe ist für die Revisionsverfahren zuständig. Foto: Depositphotos.com

Beide Fälle von Revision müssen vom Bundesgerichtshof geprüft werden. Dieser kann den Antrag auf Revision ablehnen oder das Urteil des Landgerichts Dortmund aufheben.

Der Bundesgerichtshof teilte auf Anfrage der Nordstadtblogger-Redaktion mit, dass das noch keine Revisionsanträge vorliegen. Das Landgericht Dortmund muss dem Bundesgerichtshof noch die Akten über die Staatsanwaltschaft und den Generalbundesanwalt zur Entscheidung vorlegen.

Angehörige von Opfern sprechen über Polizeigewalt

Mamadou Saliou Diallo neben Lasanna Dramé (li.) und Sidy Dramé (re.). Foto: Darya Moalim für Nordstadtblogger.de

Die Familie Dramé fordert ein würdevolles Erinnern an Mouhamed. Dazu läd der Solidaritätskreis Mouhamed zum Zusammenkommen nahe des Tatorts ein, um zu gedenken und die Familie Dramé in ihrer Trauer zu unterstützen. Das Gedenken findet am Kurt-Piehl-Platz um 18 Uhr statt.

Es sprechen zudem verschiedene Angehörige von Opfern tödlicher Gewalt durch Polizist:innen. Darunter sind die Brüder Mouhameds, Sidy und Lassana Dramé, sowie der Bruder des 2005 getöteten Oury Jalloh, Mamoud Saliou Diallo.

Ermittlungen nach Todesfall mit Polizeibeteiligung in Scharnhorst eingestellt

Ebenfalls zu Wort melden werden sich Angehörige von Neijb Boubaker, der am 14. März in Dortmund-Scharnhorst von der Polizei erschossen wurde. Der 70-Jährige wurde von Rettungskräften wegen epileptischer Krampfanfälle behandelt. Diese wollten ihn ins Krankenhaus bringen. Darauf habe er ablehnend reagiert.

Die Situation eskalierte und die Rettungskräfte zogen die Polizei hinzu. Boubaker soll sich, laut Staatsanwaltschaft, mit einem Messer auf die Polizist:innen zubewegt haben. Ein Polizist schoss ihm dann in den Bauch. Er verstarb noch am Einsatzort. Es gibt kein Videomaterial des Vorfalls, die Bodycams der Polizist:innen waren ausgeschaltet. Die Ermittlung gegen die verantwortlichen Polizist:innnen wurde nun eingestellt.


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Reaktionen

  1. Wolfgang Richter

    Wolfgang Richter

    Eine Erinnerung an meine Reaktionen zum Verfahren im Jahr 2004 – hier unverändert wiedergegeben.. Der Tod des jugndlichen Flüchtlings duch Polizistenhand blieb ungesühnt.

    Reaktion vom 11. Dezember 2024 – Antwort

    Ein Prozess gegen Polizisten geht in erster Instanz zu Ende. Im ‚Ergebnis‘ so wie zu erwarten und zu seinem Beginn vorausgesagt war: „Dem Staatsanwalt ist für seinen Mut zu danken, den sinnlosen Tod des Jungen aus dem Senegal und daran beteiligte Polizei vor Gericht zu stellen. Es ist aber zu fürchten, dass der Versuch, polizeiliches Versagen zu be- und verurteilen, zu kurz greift und ‚Bewährungen‘ und ‚Freisprüche‘ produzieren wird.“ ( W. R. am 09.08.2023)

    Genau so kündigen es die Plädoyers für das Urteil am dafür vorgesehenen Schlusstag am 12. 12. 2024 jetzt an: Viermal Freispruch und einmal Bewährung. Der Richter und seine Beisitzer werden das aus eigenem Rechtsverständnis kaum korrigieren. Eine Revision des Urteils ist angesagt.

    Der juristische Prozess folgt bis zum Urteil dem gesellschaftlichen Verständnis vom Schützen des Eigenen und Strafen des Anderen. Auf den Anruf wegen des Verdachts einer suizidalen Absicht des Jungen (das Messer am Bauch) rückte eine nahkampfmäßig ausgestattete Kohorte aus der Wache aus, ‚um den Jungen zu retten‘ (wir mussten schnell handeln). Übung? Vorführung? Bewährung?Alles Grübeln hilft nicht – es gibt schon für diesen Start keine Erklärung, so wenig wie für den folgenden Einsatz der Waffen – bis zum Tod ‚des Anderen‘.

    Es bleiben alle strukturellen Fragen: „Warum hat der Einsatzleiter den Einsatz befohlen – warum ist ihm niemand ins Wort gefallen? Warum haben zwei Polizistinnen Nahkampfinstrumente eingesetzt – warum hat keiner ihrer Kameraden Halt gerufen? Warum hat ein Waffenträger geschossen – warum hat ihm niemand die Waffe aus der Hand gedreht? Ein halbes Jahr wurde recherchiert, wer im Rudel mehr und wer weniger beteiligt war. Das ist gut. Aber anzuklagen ist vor allem auch die Rudelbildung selbst und ihre gedankliche und ideologische Verfassung. Polizeipräsidenten und Justizminister tragen Verantwortung, der sie nicht gewachsen sind.“ (W.R. am 26. 05. 2024)

    Die Anklage vollbrachte beachtliche ‚Argumentationsketten‘ bis zur Reinwaschung der in ihrem Verständnis freizusprechenden bzw. auf Bewährung freizustellenden Angeklagten. So können sie alle beamtet bleiben. Rassisten gehören nicht in den Staatsdienst. Aber die gibt es ‚bei uns‘ ja auch nicht.

    Übrigens wurde das Opfer – Mouhamed Dramé – in einem Plädoyer dieses Prozesses ungestraft zum potentiellen Täter erklärt: „Man konnte ja nicht wissen, was er denkt“. Also klar, der wird ans Töten denken. Rassismus geht nicht anders.

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