Fünf Jahre, zehn Publikationen und 40 Veranstaltungen:

Fritz-Hüser-Institut beendet das Projekt zum „Steinkohlenbergbau in der Literatur“

Insgesamt zehn Veröffentlichungen sind bei dem Projekt zur Bergbauliteratur entstanden.
Insgesamt zehn Veröffentlichungen sind bei dem Projekt zur Bergbauliteratur entstanden.

Das von der RAG-Stiftung geförderte Drittmittelprojekt „Steinkohlenbergbau in der Literatur“ im Fritz-Hüser-Institut ist jetzt abgeschlossen worden: Begonnen hat alles mit Besuchen in den Archiven und Bibliotheken im Ruhrgebiet, um die literarische Auseinandersetzung mit dem Steinkohlenbergbau der letzten hundert Jahre zu sammeln. Dabei sind schöne Entdeckungen gemacht worden, z.B. die bislang unveröffentlichte Kulturgeschichte der deutschen Bergarbeiter von Walter Köpping. Der Lektor und Literaturwissenschaftler Arnold Maxwill hat unter anderem drei aufwendig gestaltete Anthologien herausgebracht: Lyrik, Prosa, Reportagen. Damit ist das literarische Gedächtnis des Bergbaus gesichert.

Das literarische Gedächtnis des Bergbaus

„Das Erbe des Bergbaus, seine Geschichte und seine Geschichten zu bewahren, ist der RAG-Stiftung ein besonderes Anliegen“, führt Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied im Vorstand der RAG-Stiftung, aus. „Auch wenn der Steinkohlenbergbau in Deutschland seit 2018 beendet ist, hat er ein reiches materielles wie immaterielles Erbe hinterlassen. Dies gilt es zu erhalten und auch zukünftigen Generationen zu vermitteln. Die Literatur gehört zweifellos dazu. Mit diesem Projekt ist es uns erstmals gelungen, die umfassende Sammlung der Schriftstücke zu sichern und insbesondere auch einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.“

Anders als manche offizielle Würdigung rufen die Gedichte, Erfahrungsberichte und Romanauszüge auch in Erinnerung, dass nicht alles „Gold“ war unter Tage: Die Gegend zwischen Lippe und Ruhr war gleichermaßen Opfer und Profiteur der unter ihr gelagerten Kohle: Grubenunglücke, Lohnstreitigkeiten, Staublunge, Bier an der Bude, ein langsam wachsendes Wohlstandsniveau, Solidarität natürlich, aber auch Neid und Zank in der Kolonie.

Ausverkaufte Lesungen mit prominenten Lesenden im Ruhrgebiet

Foto Erich Grisar/ Stadtarchiv Dortmund

Vom Arbeits- und Alltagsleben in der „Tretmühle Ruhr“ wurde auf einer großen Lesereise durch die Region berichtet. Unter dem Titel „Wir fürchten nicht die Tiefe“ fanden über dreißig Lesungen statt, mit Ausflügen in die Bergbaureviere Saarbrücken und Ibbenbüren. Es gab ausverkaufte Abende mit Dietmar Bär, Martin Brambach, Claus-Dieter Clausnitzer, Peter Lohmeyer, Ralf Richter, Thomas Thieme und vielen anderen.

Neben der Kooperation mit Buchhandlungen, Literaturhäusern und Stadtbibliotheken gab es im Dortmunder U unter dem Titel „Flöze weltweit“ eine Filmreihe zu globalen Phänomenen von Kohleabbau und Strukturwandel. Möglich wurden Veranstaltungen wie diese durch die Zusammenarbeit mit Expert*innen  aus anderen Bereichen, etwa vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum, dem Museum Ostwall, der Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets, dem Ruhr Museum sowie dem LWL-Industriemuseum.

Ganz im Zeichen des interdisziplinären Austauschs stand auch die Tagung „Leben in der Arbeitslandschaft. Narrationen des Ruhrbergbaus“: zwanzig Kunst-, Sozial-, Geschichts- und Literaturwissenschaftler*innen erörterten ein breites Spektrum an Perspektiven, das die Konflikte in der Bergbauliteratur ebenso in den Blick nahm wie die Reisereportagen durchs Revier, nicht zuletzt das Problem der Repräsentation historischer und gegenwärtiger Arbeit in Museen, Broschüren sowie der Oral History. Deutschlandfunk, Frankfurter Allgemeine Zeitung usw. berichteten über die Debatten ausführlich.

Fazit: Die ehemalige Arbeitswelt im Ruhrgebiet wurde für die Gegenwart sichtbar gemacht. Sie regt auch ein Nachdenken über regionale Identität, den Strukturwandel und das fossile Zeitalter an. Das Drittmittelprojekt des Fritz-Hüser-Instituts für Literatur und Kultur der Arbeitswelt wurde von der RAG-Stiftung gefördert.

Print Friendly, PDF & Email

Reaktionen

  1. Fritz-Hüser-Institut vergibt erstmals literarische Stipendien – Schreiben über Arbeitswelten (PM)

    Das Fritz-Hüser-Institut für Literatur und Kultur der Arbeitswelt vergibt erstmals Arbeitsstipendien: Vier Autor*innen haben die Chance, sich in diesem Jahr literarisch mit Arbeitswelten zu beschäftigen. Die Stipendien sind mit jeweils 5000 Euro dotiert. Eingereicht werden können Prosa, Lyrik, Drama und literarischer Essay. Bewerbungsfrist ist der 15. Juni, im Sommer 2023 soll in Dortmund eine Veranstaltung mit allen Stipendiat*innen stattfinden.

    Die Texte sollen in deutscher Sprache verfasst sein; Deutsch als Erstsprache ist jedoch keine Voraussetzung. Inhaltlich kann es um klassische Lohnarbeit ebenso gehen wie um prekäre oder unentlohnte Arbeit, etwa künstlerische Arbeit oder Sorgearbeit. Die Texte können auch Veränderungen der Arbeit infolge ökonomischer oder politischer Umbrüche reflektieren. Überschneidungen mit anderen Themen sind willkommen.

    Bewerbungen sind bis 15. Juni per E-Mail zu richten an Arnold Maxwill, amaxwill@stadtdo.de. Weitere Infos zur Bewerbung unter http://www.dortmund.de/fhi

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert