Der ehemalige WR-Chefredakteur Frank Bünte ist zu Gast

Evinger Geschichtsverein beleuchtet den medialen Wandel der deutschen Presselandschaft

Mit einer Kranzniederlegung und einem Trauermarsch zu der Redaktion der Ruhr-Nachrichten gedachten WR-Redakteur:innen und Leser:innen der WR am Samstag, 2. Februar 2013, der Schließung der WR. Archivfoto: Franz Luthe

Dem einstigen Dortmunder Dreiklang von Kohle, Stahl und Bier standen Rundfunk, Fernsehen und Presse zur Seite. Brauereien wurden aufgekauft und geschlossen, ebenso wie Zechen und Hoesch. Ähnlichen Veränderungen unterlag auch die Dortmunder Presselandschaft in der Vergangenheit. Digitalisierung, zurückgehende Anzeigen und Auflagen sowie sinkende Gewinne veränderten die Presselandschaft in Deutschland und Dortmund.

Erfahrener Chefredakteur hat den Wandel hautnah miterlebt

„Der mediale Wandel ist ein besonderes spannender Moment in der Nachkriegsgeschichte. Deshalb will der Evinger Geschichtsverein bei seinem nächsten Treffen am Montag, 26. Februar 2024 um 18 Uhr im Evinger Schloss, Nollendorfplatz 2, den vielfältigen Veränderungen und deren Folgen nachgehen“, sagt Wolfgang Skorvanek, Vorsitzender des Evinger Geschichtsvereins.

Prominenter Zeitzeuge an diesem Abend ist Frank Bünte. Sein Name ist eng mit der Westfälischen Rundschau verbunden, der Zeitung, die in Dortmund als erste nach dem zweiten Weltkrieg von den Alliierten die Genehmigung bekam, wieder zu erscheinen.

Frank Bünte begann 1971 als Wirtschaftsredakteur bei der Westfälischen Rundschau und war dort 16 Jahre, bis 2004, Chefredakteur. Täglich wurden damals über 100.000 Zeitungen gedruckt. 120 Stellen gab es in den Redaktionen der Westfälischen Rundschau, die sich Mitte der 70er Jahre der WAZ Mediengruppe angeschlossen hatte.

Der schrittweise Untergang der Westfälischen Rundschau wird beleuchtet

Während die Rundschau in Dortmund wirtschaftlich erfolgreich war, mussten andere Regionen, wie beispielsweise Lüdenscheid subventioniert werden. Ohne andere Optionen ernsthaft zu prüfen, wurde der Rotstift bei der Rundschau angesetzt und 2013 kam das Aus für die Eigenständigkeit der Redaktion schrieb der Deutsche Journalistenverband (DJV).

Referent Frank Bünte war langjähriger Chefredakteur der Westfälischen Rundschau. Foto: Evinger Geschichtsverein

Den Redakteuren wurde gekündigt, Inhalte des überörtlichen Zeitungsteils wurden fortan von der WAZ geliefert, die lokalen Nachrichten von konkurrierenden Verlagen. Zahlreiche Protestierende beklagten deshalb den Verlust der journalistischen Vielfalt und Qualität.

„Das Ende der Westfälischen Rundschau vollzog sich in mehreren Schritten“, merkt Uli Möller, stellvertretender Vorsitzender des Evinger Geschichtsvereins an. Erhalten blieb zunächst die Marke „Westfälische Rundschau“, jedoch ohne eigene Redakteure, aber mit Abonnenten.

Schließlich berichtete das Bundeskartellamt 2014: „Beim geplanten Zusammenschluss von WAZ/Westfälischer Rundschau und den Ruhr Nachrichten im Raum Dortmund wurde eine Anmeldung zurückgezogen, nachdem das Bundeskartellamt angekündigt hatte, den Erwerb zu untersagen.“

Über den Weg eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung erwarb das Medienhaus Lensing schließlich den Westfälischen Zeitungsverlag mit seinen Abonnierenden.

Mediale Metamorphose verlagert sich ins Digitale

Aber die Entwicklung der Tageszeitungen ist mit dem Untergang der Rundschau nicht beendet. Insbesondere der jüngere Teil der Bevölkerung liest nicht mehr auf Papier, sondern im Netz. Eine erkennbare Lobby für den Zeitungsjournalismus gibt es nicht.

Die Auflagenhöhe der Druckmedien nimmt in der gesamten Bundesrepublik stetig ab. Sinkende Erlöse aus der Tageszeitungssparte müssen deshalb durch Einsparungen und weitere Einnahmequellen ausgeglichen werden.

Aber um neue Geschäftsfelder zu erschließen, ist Kapital notwendig, aber „aus der Geschichte von Stahl, Kohle und Bier haben Dortmunder gelernt, dass meist nur die finanzstarken Betriebe eine Zukunft haben“, so Wolfgang Skorvanek.

Weitere Informationen:

Veranstaltung: Wie sich unsere Medienlandschaft verändert und schon verändert hat. Chancen und Gefahren eines massiven Umbruchs / Referent Frank Bünte
Termin: Montag, 26. Februar 2024, 18 Uhr
Ort: In den Räumen des Evinger Geschichtsvereins, Nollendorfplatz 2, 44339 Dortmund. Der Eintritt ist frei.

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Reaktionen

  1. Norbert

    Die Ruhr Nachrichten haben an allererster Stelle ein Qualitätsproblem. Wen interessiert es, wo der Müll nicht abgeholt wurde oder wer sich nicht an die StVO halten will? Das sind ja die Dauerthemen zur Zeit.

  2. Augustin Augustein

    Ein Qualitätsproblem hatten die Ruhr Nachrichten früher.

    Inzwischen haben sie ein total eskaliertes Existenzberechtigungsproblem daraus gemacht. Und mit der Abschaffung der WAZ Lokalredaktion und der danach folgenden Schließung der Westfälischen Rundschau gibt es nicht nur schon lange keine Alternative mehr, sondern das war auch am Tag der Schließung der WR-Redaktion bereits absehbar.

  3. BicycleFriend

    Leider zu spät gelesen, sonst wäre ich zur Veranstaltung gekommen. Was mir aber immer noch nicht klar ist: Warum genau ist die WR untergegangen? Waren es nur die sinkelnde Auflage wegen weniger Abonnenten* und weniger Anzeigekund*innen? Oder hat es die WR verpaßt, ein online-Angebot zu erstellen? Es wird wohl kaum zur gedruckten Zeitung zurück gehen. Die sinkende journalistische Qualität bei den RN ist kein Wunder: so schlampig wie die freien Journalist*innen bezahlt werden, davon kann niemand leben. Oder es werden vorgefertigte Texte von externen Personen, z. B. Vereinsmitgliedern über deren Veranstaltung, übernommen. Das ist kein Journalismus! Die meisten Infos über das Stadtgeschehen bekommt man von der stadteigenen Seite, vom WDR und NSB.

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