
Bei der Abstimmung über die Besetzung der Ausschüsse steht der Verdacht im Raum, dass sich einige Fraktionen bei der konstituierenden Ratssitzung am 13. November zusammengetan haben, um der AfD mutmaßlich Sitze wegzunehmen. Der CDU-Oberbürgermeister Alexander Kalouti bat die Fraktionen hierzu um Stellungnahme und wollte über dieses Thema im letzten Stadtrat am 18. Dezember diskutieren – doch der Tagesordnungspunkt wurde gestrichen.
Spiegelbildlichkeit der Ausschüsse oder freie Wahl der Ratsvertreter:innen
Doch worin besteht das Problem? Die Ausschüsse des Stadtrats, in denen Entscheidungen vorbereitet, diskutiert und bereits abgestimmt werden, bevor sie in den Stadtrat kommen, sollen spiegelbildlich, also nach den Kräfteverhältnissen im Stadtrat, zusammengesetzt werden.

Diese Spiegelbildlichkeit kam nach der Abstimmung am 13. November nicht zustande. So erhielt die AfD weniger Sitze, als ihr rein rechtlich zustünden, das „Bündnis für Vielfalt und Toleranz“ erhielt andererseits Sitze in Ausschüssen, obwohl sie nur zwei Sitze im Stadtrat haben.
Daraufhin kam der Verdacht seitens des Rechtsdezernenten Norbert Dahmen und Alexander Kalouti auf, dass hier nicht mit rechten Dingen zugegangen sei, weshalb Kalouti die Fraktionen und Gruppen kontaktierte und sie fragte, ob sie etwas von Absprachen wüssten, die nicht vorhandene Spiegelbildlichkeit bewirkten. Es droht auch hier, wie im Fall der „Brandmauer“-Resolution, dass sich die Arnsberger Kommunalaufsicht einschaltet. Im schlimmsten Fall müssten die Wahlen wiederholt werden.
Rechtlich ist die Situation einigermaßen vertrackt: In der Gemeindeordnung NRW (GO), die dem Verfahren zugrunde liegt, steht, dass sich die Fraktionen auf einen gemeinsamen Wahlvorschlag einigen sollten und die Ratsvertreter:innen frei abstimmen dürften. Dem kann aber rein praktisch die höchstrichterliche Rechtsprechung, auf die sich der Oberbürgermeister zusammen mit seinem Rechtsdezernenten bezieht, entgegenstehen, die Spiegelbildlichkeit fordert. ___STEADY_PAYWALL___
SPD und Grüne fordern klarere Formulierung, AfD sieht sich um Sitze gebracht
Auf diese vertrackte Situation weist auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Carla Neumann-Lieven in ihrem Antwortschreiben an den Oberbürgermeister hin, das dem Nordstadtblogger vorliegt. So habe es natürlich im Vorhinein Absprachen gegeben, die eben notwendig seien, um einen „reibungslosen Ablauf“ zu ermöglichen.

Außerdem bat sie den CDU-OB darum, dass er sich auf Landesebene für eine klarere Formulierung der GO einsetze. Dem stimmte auch die Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen & Volt“ zu.
Die Linke bestätigte ebenso Gespräche unter den „demokratischen Fraktionen“ im Rat und dass eine Spiegelbildlichkeit bei einer Ausschussgröße von 21 Sitzen sowieso schwer erreichbar sei.
Die AfD sieht sich um Sitze in Ausschüssen gebracht, wie sie in ihrem Antwortschreiben erläutert. Es habe bewusst Absprachen gegeben, die zum Nachteil der AfD waren, so AfD-Fraktionsvorsitzender Heiner Garbe. Sollten die Ergebnisse vom 13. November weiter Bestand haben, behält sich die AfD vor, bei der Arnsberger Kommunalaufsicht vorstellig zu werden, sollte der OB dies nicht tun.
Tagesordnungspunkt wird abgesetzt: CDU fordert OB auf, Arnsberg zu kontaktieren
Die CDU wies unterdessen jede Beteiligung an rechtswidrigen Absprachen von sich und bezeichnete sich als „Verfechterin der Spiegelbildlichkeit“.

Eigentlich sollte genau dieser Punkt am 18. Dezember diskutiert werden. Doch eine Mehrheit aus unter anderem SPD, „Bündnis 90/Die Grünen“ und „Die Linke & Tierschutzpartei“ strich den Tagesordnungspunkt. CDU, FDP/Bürgerliste und AfD sprachen sich hingegen für eine Diskussion aus.
„Mit der Rechtswidrigkeit ihres Wahlverhaltens haben SPD und Linke der Demokratie einen Bärendienst erwiesen“, kritisiert CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Jendrik Suck diese Streichung. Er bat den Oberbürgermeister außerdem darum, er möge die Kommunalaufsicht fragen, ob das Vorgehen der Ratsmehrheit rechtmäßig sei oder nicht.
Erneuter Sticker-Streit im Stadtrat ruft nach langfristiger Regelung
Nach dieser Diskussion um den umstrittenen Tagesordnungspunkt startete der Stadtrat aber immer noch nicht in die eigentliche Sitzung. Vorher diskutierten die Stadträt:innen wie in den letzten Sitzungen um den Sinn und Unsinn von Stickern im Stadtrat.

So beanstandete Mike Dennis Barthold (AfD) Sticker auf den iPads von Christoph Neumann (Bündnis 90/Die Grünen & Volt) und von Olaf Schlösser (DIE PARTEI). OB Kalouti bat beide, die Sticker abzunehmen, wogegen sich Schlösser anfangs widersetzte. Sichtlich genervt wies Kalouti Schlössers Einspruch gegen das Abdecken mit den Worten „Es stört den Ablauf der Sitzung“ ab.
Fatma Karacakurtoglu (Die Linke & Tierschutzpartei) zeigte Unverständnis gegenüber dem Vorgehen von Kalouti. „Es kann nicht Sinn der Sache sein, dass der Rat sich von solchen Leuten“, gemeint ist die AfD, „hertreiben lässt“.
Stefan Meißner (Bündnis 90/Die Grünen & Volt) und Jendrik Suck (CDU) baten den Oberbürgermeister am Ende der Debatte, in der AfD-Fraktionsvorsitzender Heiner Garbe einen Ordnungsruf erhielt, endlich Fakten zu schaffen. Es brauche ein Prozedere, sodass „wir nicht die kommenden fünf Jahre in jeder Sitzung erstmal eine halbe Stunde das aufführen, was wir gerade zum Besten gegeben haben.“ So könne es auch schneller um Inhalte gehen.
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