
Der Dortmunder Gerhard Stranz forscht zur Dortmunder Musikgeschichte und hat sich bereits für die Wiederentdeckung des Hörder Pianisten Eduard Wilsing eingesetzt. Nun stellte er weitere Forschungsergebnisse vor, die Dortmund auch mit dem berühmten Komponisten und Organisten Johann Sebastian Bach (1685-1750) in Verbindung bringen. Ein wichtiges Kapitel in seiner neuen Veröffentlichung bildet das berühmte Weihnachtsoratorium.
Sammlung Preller ist Bestandteil einer der fünf Säulen im Bach-Archiv Leipzig
Dortmund – eine Bachstadt? Für Gerhard Stranz ist diese Frage mit „Ja“ zu beantworten. Am Rande seiner Forschung zu dem aus Hörde stammenden Komponisten Eduard Wilsing stieß er auf Ergebnisse, die belegen „dass Dortmund eine Ankerstadt von Bachwerken ist und zur Sicherung vieler Werke von Johann Sebastian Bach beigetragen hat, die heute so selbstverständlich bekannt sind.“___STEADY_PAYWALL___

Kein Weihnachtsoratorium ohne Wilsing? Ganz so weit würde Stranz nicht gehen. Er verweist jedoch darauf, dass vielfach nicht bedacht werde, „dass Bach das Werk zuletzt am 6. Januar 1735 bei der Aufführung des letzten Teils in die Hand genommen hat“.
Erst Eduard Wilsing habe mit der Erstellung eines neuen Klavierauszugs dazu beigetragen, „dass es am 17. Dezember 1857, also vor 168 Jahren, erstmals wieder vollständig aufgeführt werden konnte“. Erst seitdem sei das Weihnachtsoratorium „insgesamt“ bekannt geblieben.
Wilsing entwickelt seine Kompositionsfähigkeiten autodidaktisch aus den Werken Bachs, die ihm aus der Sammlung seines Urgroßvaters Johann Gottlieb Preller, zur Verfügung standen. In zwei Koffern nahmen die Werke den Weg nach Dortmund, dann weiter nach Berlin und in namhafte Archive. Heute ist die Sammlung Preller Bestandteil einer der fünf Säulen im Bach-Archiv Leipzig.

Zudem kannte Wilsing den Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy und lieferte mit seiner Tätigkeit für den Verlag die Vorarbeit für die Bach-Aufführungen des berühmten Kollegen. „Klavier-Auszüge Wilsings sorgten über lange Zeit für die Möglichkeit zur Wiederaufführung großer Werke wie der Matthäus-Passion und eben des Weihnachtsoratoriums“, erklärt Stranz. Später sei Wilsing durch Eheschließung auch selbst Teil der Ahnentafel der Mendelssohns geworden.
„Philharmoniker sind das älteste bürgerliche Orchester Nordrhein-Westfalens“
Kulturdezernent Jörg Stüdemann nahm die Publikation der Forschungsergebnisse bei einer Veranstaltung im Pianohaus van Bremen entgegen. Er wisse das Engagement durchaus zu schätzen, so Stüdemann, denn sonst wären viele Entdeckungen nicht zur Aufführung gelangt, hätten junge Musiker:innen nicht Wilsings Werke in ihr Repertoire nehmen und bei Wettbewerben vortragen können.

Auch Cellist Markus Beul zeigte sich beeindruckt. Denn – quasi nebenbei – ermittelte Stranz noch ein Stück Geschichte der Dortmunder Philharmoniker: „Der Gründungsimpuls für das Orchester kam vom Urgroßvater von Eduard Wilsing und geht auf das Jahr 1754 zurück“, so Stranz.
Damit seien die Philharmoniker das älteste bürgerliche Orchester Nordrhein-Westfalen. Beul dankte für den Hinweis und befand: „Wenn alle wie Stranz arbeiten würden, bräuchte man keine KI.“
Und Gerhard Stranz hat weitere Pläne: In den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung will er Wilsings Beethoven-Bearbeitungen rücken und Werke wie das Oratorium „Jesus Christus“ von Wilsing und das „Laudate Dominum“ Prellers zur Aufführung vorbereiten. Dazu sucht er weitere Förderer, Musikverleger und Herausgeber.
Die Veröffentlichung „Dortmund – eine Bachstadt“ ist für 14,90 Euro im Buchhandel erhältlich.
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