Wichtiges DDR-Literatur-Archiv zieht von Berlin ins Fritz-Hüser-Institut nach Dortmund

Literaturgeschichte des Ostens und des Westens wird zusammengeführt

Blick ins Archiv in Berlin
Das DDR-Literaturarchiv wird am 12. November 2025 in Berlin verabschiedet und zieht dann nach Dortmund. Foto: Dolores Pieschke / SchreibArt e.V.

Das Fritz-Hüser-Institut (FHI) für Literatur und Kultur der Arbeitswelt in Dortmund erhält besonderen Zuwachs: Ein komplettes DDR-Archiv mit wichtigen Texten schreibender Arbeiter und Arbeiterinnen zieht ein. Das Archiv wird am 12. November 2025 in Berlin verabschiedet und zwei Tage später (14. November) in Dortmund begrüßt.

Klassenkampf und Systemkritik: Texte von Arbeitenden in Ost und West

Mit dem Umzug des DDR-Archivs an das Fritz-Hüser-Institut schließt sich ein Kreis. „Mit diesem Umzug wird ein wichtiges Stück Literaturgeschichte des Ostens und des Westens zusammengeführt. Das macht mich als Literaturwissenschaftlerin, aber auch als Privatperson sehr glücklich, denn so können wir hier mehr über die – und aus der – Literatur der DDR lernen und zusätzlich Dinge im Gesamtzusammenhang sehen und erforschen“, sagt Dr. luditha Balint, Direktorin des Fritz-Hüser-Instituts.

Das „Archiv Schreibende ArbeiterInnen“ in Berlin bewahrt Texte und Materialien von Mitgliedern sogenannter „Zirkel schreibender Arbeiter“ in der DDR. Auch das Fritz-Hüser-Institut in Dortmund sammelt und erforscht deutschsprachige Literatur der Arbeitswelt.

Gegründet wurde das Institut aus der Privatsammlung von Fritz Hüser (1908–1979), Direktor der Dortmunder Stadtbücherei und Mitbegründer der Dortmunder Gruppe 61. Er sammelte zum Beispiel Texte von Autoren, die Literatur als Mittel des Klassenkampfs einsetzen. Ungefähr zur selben Zeit gründeten sich in der DDR die ersten „Zirkel schreibender Arbeiter“. Anfang der 1960er-Jahre begannen sie in volkseigenen Betrieben und kulturellen Institutionen unter Anleitung von Autor:innen wie Heiner Müller, Brigitte Reimann oder Christa Wolf Literatur zu schreiben. Nach der Wiedervereinigung hat der Verein „SchreibArt“ alles Archivische gesammelt, was aus den Zirkeln geblieben ist.

Eine praktische Ergänzung: Alles an einem Ort vereint

„Allen, die bisher zwischen Berlin und Dortmund pendeln mussten, wenn sie mehr über die Literaturgeschichte von Arbeitenden erfahren wollten, wird mit dem Umzug des Berliner Archivs nach Dortmund der Zugang zum Material deutlich erleichtert“, erklärt Balint.

Iuditha Balint
Dr. Iuditha Balint, Direktorin des Fritz-Hüser-Instituts. Foto: Magnus Terhorst

Die Spezialbibliothek des Instituts umfasst mittlerweile mehr als 40.000 Bände seit dem 16. Jahrhundert und wird laufend ergänzt. Sowie etwa 120 Vor- und Nachlässe bzw. Sammlungsbestände von Schreibenden, bildenden Künstler:innen und literarischen Gruppen bzw. Vereinigungen seit dem 19. Jahrhundert. Mit dem Archiv der „Zirkel schreibender Arbeiter“ wird dieser Bestand nun bedeutend erweitert.

Das Dortunder Team des Fritz-Hüser-Instituts blickt dem Neuzugang voller Vorfreude entgegen. „Ich fühle mich geehrt über das Vertrauen, mit dem dieses Archiv in unsere Hände ins Fritz-Hüser-Institut gegeben wird. Und natürlich sehe ich unserer Arbeit mit diesem Material mit großer Aufregung entgegen“, so Balint.

Zwei Termine: Zwischen Abschied und Neuanfang

Der offizielle Abschied des Archivs findet am 12. November, ab 14.30 Uhr im Industriesalon Schöneweide in Berlin statt. Unter den Teilnehmenden sind unter anderem Dolores Pieschke (Vorsitzende des Vereins SchreibArt e.V.), Dr. Iuditha Balint (Direktorin Fritz-Hüser-Institut) und Regina Kittler (Vorsitzende des Landesverbands Berlin im Deutschen Bibliotheksverband).

Nur zwei Tage später folgt der Neuanfang in Dortmund: Das Literaturhaus Dortmund (Neuer Graben 78) lädt am 14. November, um 19.30 Uhr zum Willkommensabend. Mit dabei sind in Dortmund ebenfalls unter anderem Dolores Pieschke und Ray-Dany Mathiscig von SchreibArt e.V., Dr. Iuditha Balint (Direktorin FHI) und Jörg Stüdemann (Kulturdezernent Stadt Dortmund).

Für Balint ist der Umzug mehr als nur ein organisatorischer Schritt: „Es ist ein kostbares Geschenk, das uns gemacht wird, das ist mir sehr bewusst. Auf dieses Vertrauen und dieses Geschenk soll unsere Arbeit in Zukunft aufbauen“, betont sie.

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