
Von Lukas Pazzini, Finn Wieschermann, Alex Völkel, Erik Latos und Sina Sakrzewa
Am Sonntag ereignete sich Historisches – so war es vielfach im Dortmunder Rathaus zu hören. Die CDU konnte ihre Freude kaum in Worte fassen, die Sozialdemokrat:innen wirkten wie erstarrt und konnten nicht glauben, dass die einstige Herzkammer der Sozialdemokratie bald nicht mehr von einem SPD-Oberbürgermeister regiert wird. Wir haben uns bei anderen Akteur:innen umgehört, was sie zu den Ergebnissen sagen.
Henrik Wüst: „Ein Sieg des Herzens und der Gemeinsamkeit gegen die Spaltung“
Einer ließ es sich nicht nehmen, im Dortmunder Rathaus vorbeizuschauen: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) traf gegen 21 Uhr ein und beglückwünschte die Dortmunder CDU zu ihrem Sieg. „Euer Wahlsieg ist das Wunder von Dortmund“, rief Wüst den CDU-Parteimitgliedern während seiner Ansprache zu.

„Heute ist es wahr geworden! Nach 80 Jahren hat diese Stadt einen neuen Oberbürgermeister. Einen Christdemokraten. Alexander Kalouti“, so Wüst.
Dieser Sieg sei ein „Sieg des Herzens und ein Sieg der Gemeinsamkeit gegen die Spaltung“, stellt er klar. „Ganz Deutschland guckt in diesen Stunden nach Dortmund.“ Übertrieben hatte er damit nicht: Selbst das „ZDF Heute Journal“ hatte Dortmund als erste Meldung.
Der Landesvorsitzende der CDU wies aber auch darauf hin, dass die Partei, 22 von 33 Stichwahlen gewonnen hat und damit ihre Dominanz als „Kommunalpartei Nummer Eins“ unter Beweis gestellt habe.
Die Dortmunder CDU kann ihr Glück kaum fassen
Alexander Kalouti wirkte über lange Strecken während der Auszählung sehr angespannt. Als sich sein Vorsprung immer weiter ausbaute, konnte er seine Freude nicht zurückhalten. Er empfinde eine große Freude, erklärte er, und bedankte sich bei seinem Team.

Ein weiterer Dank ging an den parteilosen OB-Kandidaten Martin Cremer, der Kalouti in den letzten zwei Wochen unterstützt hat. „Das bürgerliche Lager hat hier wieder zusammengefunden“, konstatierte Kalouti.
Welche Projekte er nun angehen wolle? „Wir müssen die Themen Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung in den Blick nehmen und handeln.“ Ferner ginge es darum, Dortmunds Wirtschaft zu stärken und Wohnraum für die wachsende Stadt zu schaffen.
Martin Cremer freute sich über Kaloutis Sieg. Inwiefern er einen OB Kalouti unterstützen wird? „Ich stehe mit meiner Expertise bereit und helfe dem Oberbürgermeister, sofern er mich braucht.“
Mader kündigt Kurswechsel über Bier, Kohle und Stahl hinaus an
Dortmund sei nicht mehr die Herzkammer der Sozialdemokratie, erklärte der Dortmunder CDU-Vorsitzende Sascha Mader. Die Zeiten der Folklore, in der immer wieder Bier, Kohle und Stahl in den Mittelpunkt gestellt worden sei, seien vorbei.

Stattdessen müsse die CDU mit Kalouti als OB jetzt mehr auf eine moderne Wirtschaftspolitik setzen. Mader kündigt außerdem ein Programm für die ersten hundert Tage von Alexander Kalouti an, in dem viele Probleme der Stadt adressiert werden sollen.
Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Jendrik Suck, ist sichtlich zufrieden mit dem Wahlergebnis: „Egal ob es Menschen aus dem Norden, aus dem Osten, aus dem Westen, aus dem Süden sind. Er wird ein Oberbürgermeister für alle Dortmunderinnen und Dortmunder sein. Das ist, glaube ich, auch ein ganz entscheidender Grund, warum er heute gewählt worden ist“ macht Suck klar.
Thomas Westphal: „Das hier ist nicht das Ende von Irgendwas“
Emotional zeigte sich Thomas Westphal, der Verlierer des Abends, als er vor seine Genoss:innen trat: „Ich weiß, dass es euch in diesem Moment nicht viel besser geht als mir…“, sagte er sichtlich angefasst. „So richtig verstanden hat man es noch nicht.“

In den letzten Tagen und Wochen habe es einen einzigartigen Wahlkampf gegeben. Er habe die Partei selten zuvor so engagiert und beieinander gesehen. „Das hier ist nicht das Ende von Irgendwas“, beschwor er den Willen, dass seine Partei auch künftig Dinge bewegen solle, könne und müsse.
„Wir hatten die Ideen, wir hatten die Pläne, wir hatten die Inhalte“, betonte Westphal. „Das müssen wir uns als Kraft bewahren für diesen Rat, für diese Stadt“, so der unterlegene Amtsinhaber. „Es geht um diese Stadt. Die ist uns wichtig. Für die tun wir alles“.
Die SPD will jetzt erst mal das Kommunalwahl-Ergebnis analysieren
Vom Ende einer Ära zu sprechen, sei ein großes Wort, sagte der Dortmunder SPD-Vorsitzende Jens Peick. Man bleibe trotz Verlust des OB-Postens stärkste Kraft im Rat.

Die Gründe, weshalb es Westphal am Ende nicht geschafft hat? „Die niedrige Wahlbeteiligung ist ein Grund“, aber auch, dass vor allem Menschen mobilisiert wurden, die mit Westphal aus verschiedenen Gründen unzufrieden gewesen sind, so Peick.
Die SPD wolle nun in Ruhe auswerten, was die Gründe für die Niederlage sind. Der scheidende OB Thomas Westphal stand dem Nordstadtblogger gestern nicht mehr für ein Interview zur Verfügung.
Die Grünen stellen Anforderungen an den neuen OB
Hannah Rosenbaum, Kreissprecherin der Grünen und scheidende Bezirksbürgermeisterin der Dortmunder Nordstadt, gratuliert dem Wahlsieger Alexander Kalouti. Dabei hebt sie die zukünftige Zusammenarbeit im Rat hervor und verweist auf die inhaltlichen Schwerpunkte der Grünen in Dortmund.

„Dazu zählt eine gute Infrastruktur für Schüler:innen mit kostenlosen Deutschlandticket. Auch bezahlbarer Wohnraum steht ganz oben auf der Liste“, so Rosenbaum.
„Und auch eine gute Verkehrswende: Also ÖPNV und Radverkehr. Das sind die Dinge, die wir voranstellen wollen und die wir jetzt in den Gesprächen, die im Rat geführt werden müssen, transportieren werden“, betont die Grünen-Kreissprecherin gegenüber Nordstadtblogger.

Katrin Lögering, Co-Fraktionssprecherin der Grünen und OB-Kandidatin, erklärte, mit dem OB zusammenarbeiten zu wollen, aber dessen Politik sollte nicht „auf dem Rücken der Schwächsten der Gesellschaft gemacht werden“, dagegen würden die Grünen im Zweifel vorgehen.
Die Co-Fraktionsvorsitzende und OB-Kandidatin der Linken, Fatma Karacakurtoglu, zeigte sich gegenüber Nordstadtblogger überrascht über den Ausgang der Wahl: „Es werden interessante fünf Jahre, kann ich da nur sagen.“ Nun komme es darauf an, ob Kalouti in Sachen Verwaltung überzeugen könne.
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Reaktionen
Ulrich Sander, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / BdA
Zu denjenigen, welche die Stichwahl gewonnen haben, gehört letztlich auch die AfD. Die CDU hat nichts gegen diese Profaschisten unternommen! Sie ist in den AK gegen Rechtsextremismus eingetreten, aber der ist ja im Tiefschlaf…
Ich bitte darum, unsere Initiative gegen die AfD und ihre Volksverhetzung zu unterstützen:
https://vvn-bda.de/volksverhetzung-im-nrw-wahlkampf-der-afd-vvn-bda-vertreter-erstattet-anzeige/
Hier das Aktenzeichen: Az. 250911-1010-061104. Der Vorgang liegt beim Staatsschutz und der Staatsanwaltschaft.