
Flächenstrategie der Stadt Dortmund. Der Verwaltungsvorstand hatte eine neue Beschlussvorlage zur Wirtschaftsflächenentwicklung eingebracht – flankiert von ambitionierten Zielen zur Flächenaufbereitung und -nutzung. SPD und Grüne haben dazu einen Ergänzungsantrag vorgelegt, der auf eine klare Einschränkung künftiger wirtschaftlicher Flächennutzung abzielt – insbesondere bei sensiblen Freiraumarealen wie der Brechtener Niederung. Während die Parteien den Kurs als nachhaltige und verantwortungsvolle Planung preisen, hagelt es von Seiten Unternehmer:innen-Vertretung der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Handwerkskammer (HWK) massive Kritik.
Grüne und SPD setzen auf qualitative Entwicklung
Mit ihrem Ergänzungsantrag grenzen SPD und Grüne die Optionen der Verwaltung ein: Flächen wie Buddenacker, Osterschleppweg oder Groppenbruch bleiben zwar weiter auf dem Prüfstand – die Brechtener Niederung hingegen soll explizit nicht mehr für wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden. ___STEADY_PAYWALL___

Zudem fordern sie eine Prüfung, welche Flächen langfristig der Biodiversität und dem Klimaschutz gewidmet werden können. Es gehe, so SPD und Grüne, eben nicht nur um Wirtschaftsflächen, sondern eben auch um Flächen für erneuerbare Energien oder Wohnraum.
Außerdem stünden Dortmund noch keine Insolvenzwellen oder Massenentlassungen ins Haus, die Wirtschaft bleibe aktuell stabil, betonen die beiden Parteien in ihrem Antrag.
IHK und HWK sehen wirtschaftlichen Schaden
Ganz anders bewertet das die Wirtschaft. In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisieren IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber und HWK-Hauptgeschäftsführer Carsten Harder die Strategie scharf.

Dortmund stehe am wirtschaftlichen Wendepunkt, der Mangel an aktivierbaren Flächen sei eklatant. Viele vermeintlich verfügbare Areale wie die Westfalenhütte oder das HSP-Gelände seien blockiert – durch Altlasten, ungeklärte Eigentumsverhältnisse oder fehlende Infrastruktur.
„Die Wirtschaft kann nicht auf zehn Jahre Planung warten“, heißt es deutlich. Dortmund müsse dringend mehr altindustrielle Flächen aktivieren und parallel neue Optionen schaffen, sonst drohten Investitionen in andere Städte abzuwandern.
Nachhaltigkeit als Maßstab – doch was heißt das?
Die Verwaltung hat in ihrer Beschlussvorlage betont, dass eine moderne Wirtschaftsflächenstrategie nicht nur wirtschaftliche, sondern auch ökologische und soziale Faktoren in Einklang bringen müsse.

Genau das sehen SPD und Grüne nun durch ihren Antrag gestärkt. Doch IHK und HWK befürchten allerdings einen Schaden für die Dortmunder Wirtschaft.
Dabei müsse es zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaft keine großen Differenzen geben, betonen Schreiber und Harder: „Nachhaltige Gewerbegebiete vereinen wirtschaftliche Dynamik mit ökologischer Verantwortung. Sie nutzen Infrastruktur effizient, sparen Ressourcen und erhalten Lebensqualität – wenn wir sie gut plänen und mit den Menschen vor Ort entwickeln.“
Vorentscheidung vor dem Kommunalwahlkampf?
Die Diskussion rund um die Wirtschaftsflächenstrategie dürfte auch den Kommunalwahlkampf 2025 prägen. Mit ihrer klaren Positionierung haben SPD und Grüne deutlich gemacht, dass sie Flächenpolitik nicht allein ökonomisch betrachten wollen. Für die Unternehmer-Vertreter dagegen bleibt Wachstum nur möglich, wenn neue Flächen real geschaffen werden.

Ob und wie sich der Beschluss heute im Ausschuss und dann nächste Woche in der letzten Ratssitzung vor der Kommunalwahl durchsetzt, bleibt abzuwarten.
Fest steht: Dortmunds Kurs in der Wirtschaftsflächenpolitik könnte zu einer der zentralen Weichenstellungen der kommenden Jahre werden – zwischen Innovationsförderung, Klimaschutz und Investitionssicherung des Standorts Dortmund.
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Reaktionen
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Gemeinsames Statement von IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber und HWK-Hauptgeschäftsführer Carsten Harder
Gewerbe- und Industrieflächen sind das Rückgrat der regionalen Wertschöpfung. Hier entstehen Arbeitsplätze, Ausbildungsangebote und das Steueraufkommen der Zukunft. Doch Dortmund steht am wirtschaftlichen Wendepunkt: Die verfügbaren Wirtschaftsflächen reichen bei Weitem nicht mehr aus. Der aktuelle Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bedeutet für die Wirtschaft sogar Bürokratieaufbau und weitere Hemmnisse – obwohl die beiden Parteien für sich in Anspruch nehmen, dass sie für Bürokratieabbau stehen.
Das Wirtschaftsflächenpotenzial belegt eine Vielzahl planerischer Initiativen – etwa von der Westfalenhütte (Kokerei Kaiserstuhl) über den Energiecampus bis hin zur HSP-Fläche. Doch der Eindruck täuscht: Viele dieser Projekte befinden sich erst in frühen Planungsstadien, sind durch Altlasten, Eigentumsfragen oder infrastrukturelle Hürden blockiert. Einige Flächen sind bereits verkauft, andere nur teilweise nutzbar.
Die Wirtschaft kann aber nicht auf zehn Jahre Planung warten. Innovative Unternehmen, die sich vor Ort ansiedeln oder erweitern wollen, brauchen schnell zusammenhängende Flächen mit guter Infrastruktur. Nur wenn kurzfristig verfügbare Flächen vorhanden sind, wird in Dortmund investiert – sonst woanders, zum Nachteil unserer Wirtschaft. Die Stadt muss dringend in die Lage versetzt werden, mehr altindustrielle Flächen aufzubereiten und zu bezahlbaren Preisen auf den Markt bringen zu können. Aufgrund der bestehenden Rahmenbedingungen reichen die bisherigen Anstrengungen nicht aus. Mit Blick auf die Flächenrevitalisierung braucht es bessere Kooperations-, Planungs- und Finanzierungsmöglichkeiten.
Neue Flächen schaffen neues Wachstum
Neben dieser unerlässlichen Flächenrevitalisierung sind auch neue Flächenausweisungen unerlässlich. Neue Flächen schaffen Raum für neue Technologien und attraktive Arbeitsplätze. In Dortmund zeigt die von der Verwaltung vorgelegte Wirtschaftsflächenstrategie in die richtige Richtung. Dabei darf und muss Nachhaltigkeit das Leitbild sein.
Nachhaltige Gewerbegebiete vereinen wirtschaftliche Dynamik mit ökologischer Verantwortung. Sie nutzen Infrastruktur effizient, sparen Ressourcen und erhalten Lebensqualität – wenn wir sie gut planen und mit den Menschen vor Ort entwickeln. Ökologie und Wirtschaft müssen nicht im Widerspruch stehen – wenn man vorausschauend plant.
Die Erschließung und Aufbereitung bestehender Brachflächen ist oft mit langwierigen Verfahren verbunden – Altlasten, Eigentumsfragen, mangelnde Erschließung. Ohne parallel vorbereitete neue Flächen entsteht ein gefährlicher Engpass, der die wirtschaftliche Entwicklung ausbremst. Innovative Unternehmen, etwa aus der Technologie-, Energie- oder Wasserstoffbranche, brauchen zusammenhängende Flächen, gute Verkehrsanbindung und spezifische Infrastruktur.
Diese Voraussetzungen lassen sich in bestehenden Gebieten nicht immer schaffen. Eine moderne Wirtschaftsflächenstrategie muss diese Anforderungen mitdenken. Wer nicht alle Optionen prüft, hat später keine Handlungsfähigkeit, ist nicht auf zukünftige Entwicklungen vorbereitet und steht ohne Alternativen da.