Kraftwerk Knepper: Erfolgreiche Sprengungen schaffen Platz für 3500 Arbeitsplätze zwischen Dortmund und Castrop

Mehrere tausend Menschen verfolgten die beiden Sprengungen. Fotos: Alex Völkel
Mehrere tausend Menschen verfolgten die beiden Sprengungen. Fotos: Alex Völkel

Von der Sprengung berichten Karsten Wickern, Frank Heldt und Alex Völkel 

Eine weitere Dortmunder Landmarke ist gefallen – am Sonntag (17. Februar 2019) um 11.25 Uhr bzw. um 12.10 Uhr ließ Sprengmeister André Schewcow mit insgesamt 218 Kilogramm Sprengstoff die markantesten Bauteile des früheren Kraftwerk Knepper auf der Stadtgrenze von Dortmund zu Castrop-Rauxel fallen. Leicht verspätet, aber dafür genau wie geplant, fielen die riesigen Bauwerke. Entsprechend zufrieden und einspannt zeigte sich der Sprengmeister der Deutschen Sprengunion. 

Die Sprengung in Dortmund war vermutlich die größte des Jahres in Deutschland

Zunächst wurde um 11.25 Uhr wurde das Kesselhaus mit angrenzendem Treppenhaus/ Fahrstuhlschacht gesprengt. Rund acht Kilogramm gelatinöser Sprengstoff und eine geringe Menge plastifizierter Sprengstoff haben exakt bis zu 63 Millimeter Stahldicke durchtrennt. So landete nach vier Sekunden das Gebäude passgenau in dem dafür vorbereiteten Fallbett. Übrig bleiben gut 9.500 Tonnen Stahlschrott. Um diese Präzision zu erreichen, wurden im Vorfeld einige Probesprengungen zu Messzwecken durchgeführt. 

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Um 12.10 Uhr folgte die zweite Sprengung. Kühlturm und Schornstein kamen dabei mit einigen Sekunden Abstand zu Fall. Dank rund 60 Kilo gelatinösem Sprengstoff, der in rund 900 Bohrlöchern versenkt wurde und mit Unterstützung von Kippgelenken zur Richtungspräzision, lag der Schornstein nach gut 12 Sekunden genau an der dafür vorgesehenen Stelle. 

Der Kühlturm wurde mit rund 150 Kilo Sprengstoff, verteilt auf gut 600 Bohrlöcher, zu Fall gebracht und landete bereits nach drei Sekunden am Boden. Hier kommen mit beiden Gebäuden gut 19.000 Tonnen Stahlschott und Bauschutt zusammen. Die Menge des eingesetzten Sprengstsoffs sei dabei nicht sonderlich spektakulär. „In Steinbrüchen wird mehr Sprengstoff verwendet“, macht Sprengmeister André Schewcow deutlich. 

Allein für die Beseitigung der Schuttreste sind drei Monate angesetzt

Hier sei die Herausforderung vor allem das passgenaue Runterbringen von Bauwerken mit einer Höhe von mehr als 200 Metern – innerhalb einer bestehenden Bebauung, die keinen Schaden nehmen darf. Durch die Ausmaße der Gebäude dürfte es die größte Sprengung des Jahres gewesen sein – zumindest in Deutschland.

Seit einem Jahr laufen die Rückbauarbeiten. In der Spitze sind 100 Beschäftigte auf der Baustelle aktiv. Allein für den Rückbau der gesprengten Objekte sind drei Monate angesetzt. Dazu werden gut 30 Großgeräte und ungefähr 60 Mann im Einsatz sein. Das mineralische Abrissmaterial, welches den Großteil ausmacht, verbleibt direkt auf dem Gelände und wird für die Nachnutzung verwendet. Die übrigen Materialien werden der Prozesskette wieder zugeführt. 

Unter der Einbeziehung von Statikern, Gutachtern und Sachverständigen von Polizei, Feuerwehr und THW gingen der Sprengung in den letzten Monaten umfassende Sicherheitsplanungen voraus. Mit der Sprengung beauftragt wurde die Deutsche Sprengunion – ein Unternehmen der Hagedorn-Gruppe. 

Bis zu 3500 neue Arbeitsplätze soll in dem neuen Gewerbe- und Logistikpark entstehen

Im Oktober 2017 hatte die Hagedorn Unternehmensgruppe das 580.000 Quadratmeter große Gelände erworben. Seit einem Jahr läuft der Rückbau des ehemaligen Kraftwerks von Uniper und EON. Nach erfolgter Sanierung und Revitalisierung sollen die Flächen durch renommierte Projektentwickler, dem Industrieimmobilien-Konzern SEGRO, vermarktet und an neue Eigentümer übergeben werden. 

Das neue Nutzungskonzept sieht auf der Fläche einen Logistik- und Gewerbepark vor. Es werden bis zu 3.500 neue Arbeitsplätze entstehen. Entsprechend wichtig ist das Vorhaben für die Städte Dortmund und Castrop-Rauxel, die das Areal gemeinsam entwickeln lassen. 

Für den zuständigen Projektleiter Rick Mädel von der Hagedorn Revital GmbH ist die Sprengung daher ein wichtiger Meilenstein. Dazu waren auch die EinwohnerInnen eingeladen, die mit sehr gemischten Gefühlen auf die Neunutzung des Areals blicken. Sie befürchten – gerade durch die vermehrten Verkehre des geplanten Logistik-Parks – Beeinträchtigungen für das bisher sehr beschauliche Areal. 

Neues Areal ist ein wichtiger Baustein in der Gewebeflächen-Strategie der Stadt Dortmund

Die Sorgen und Ängste nehme man durchaus Ernst, betonte Rick Mädel. Dennoch glaubt er, dass negative Effekte sich durch die geplante Erschließung minimieren ließen. „Wir rechnen daher zwar mit Gegenfragen, aber nicht mit Gegenwind“, betonte der Projektentwickler. Klar sei, dass es eine Folgenutzung für eine solche große Industrie-Brache geben müsse.

Pascale Ledune, stellvertretender Geschäftsführer der Dortmunder Wirtschaftsförderung, unterstrich die Notwendigkeit der Revitalisierung der Flächen. Denn die wirtschaftliche Entwicklung in Dortmund laufe so gut, dass es bereits jetzt zu Engpässen bei der Versorgung von Unternehmen mit Bauplätze komme. 

„Daher ist es wichtig, dass wir möglichen Interessenten diese rund 48 Hektar große Fläche anbieten können“, betonte Ledune im Gespräch mit Nordstadtblogger.  Allerdings werden für die vorbereitenden Arbeiten und die Beschaffung des Baurechts noch mindestens zwei Jahre benötigt, bevor neben dem Rückbau und der Nivellierung des Areals die ersten Neubauten beginnen können.

Jubel auch bei der VVN – mit der Sprengung endet für sie die Ehrung eines Nazis

„Die Ehrung für Gustav Knepper ist am Sonntag mit leinem autem Knall beendet  worden“, betont Ulrich Sander, Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regims/ Bunde der AntifaschistInnen (VVN/BdA). Damit finde die Ehrung eines NS-Wirtschaftsführers ein Ende, der am Aufstieg der Nazis beteiligt war und unzählige Zwangsarbeiter im Stahl- und Bergbaubereich ausbeuten ließ, so Sander. 

Knepper sei ein enger Mitarbeiter von Albert Vögler gewesen. „Schon lange vor 1933 hatte Albert Vögler engste Verbindung zur Nazipartei hergestellt und sein Verbindungsmann zur Nazipartei war kein anderer als der Hitler’sche Reichsbankpräsident und Reichswirtschaftsminister Walther Funk“ erinnerte Sander. Bereits vor 1933 sei der Chef des Gelsenkirchener Bergwerkvereins direkter Anhänger des Nationalsozialismus gewesen. 

„Im Oktober 1931 nahm Knepper an dem Treffen der Harzburger Front teil, bei der sich deutsche Rechtskräfte mit Hitler verbündeten“, so Sander weiter. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Knepper am 5. September 1945 von den Alliierten interniert, kam im August 1946 allerdings wieder frei. 

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Reaktionen

  1. Dortmund und Castrop-Rauxel laden ein: Digitaler Dialog zum Kraftwerk Knepper (PM)

    Dortmund und Castrop-Rauxel laden ein: Digitaler Dialog zum Kraftwerk Knepper

    Die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerkes Knepper sind inzwischen weit fortgeschritten. Auch die Änderungsverfahren für den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan, die die rechtliche Grundlage für die künftigen Nutzungen für das Areal bilden, gehen in eine weitere Phase: die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit ist nun vorgesehen.

    Der Standort des ehemaligen Kraftwerkes Knepper steht für die interkommunale Zusammenarbeit bei der Wirtschaftsflächenentwicklung in der Region. Dortmund und Castrop-Rauxel haben sich das städtebauliche Ziel gesetzt, auf dem Gesamtareal von rund 60 Hektar die Voraussetzungen für eine gewerbliche und industrielle Folgenutzung zu schaffen.

    Auf Dortmunder Stadtgebiet liegen zirka 52 Hektar der Entwicklungsfläche. Hier wird es sich bei den künftigen Nutzungen zum größten Teil um Flächen für das Logistik- und Distributionsgewerbe handeln. In den Randbereichen sind flankierend Flächen für gewerbliche Nutzungen, für die Regenrückhaltung und als Grünflächen vorgesehen. Im Laufe der Jahre entstandene Biotopstrukturen werden bei der Planung ebenfalls berücksichtigt.

    Dortmunds Dezernent für Planen, Umwelt und Wohnen Ludger Wilde ordnet die Bedeutung des Projektes für die Stadt ein: „Knepper ist für uns ein wichtiges Stadtentwicklungsprojekt. Mit der Konversion eines ehemaligen Industrie- und Kraftwerksgelände zu einem modernen Logistik- und Gewerbepark wird der Wirtschaftsstandort Dortmund / Castrop-Rauxel gestärkt.“

    Ein wesentlicher Standortfaktor für die Nutzungen ist die gute Anbindung an das Autobahnnetz. Die verkehrstechnische Erschließung des Areals ist ein bedeutendes Thema im Planverfahren. Hierzu wurden den politischen Gremien im Februar 2020 bereits Planungsgrundlagen und ein Verkehrskonzept vorgestellt. Die frühzeitige Beteiligung der internen und externen Fachbehörden wurde im Oktober/November 2020 durchgeführt.

    Axel Kunstmann, Bezirksbürgermeister in Dortmund-Mengede freut sich, dass es mit Knepper voran geht: „Ich hoffe, dass die Anregungen aus der Bezirksvertretung bei der weiteren Planung Berücksichtigung gefunden haben.“

    Jetzt ist im Vorfeld der anstehenden frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung eine Veranstaltung vorgesehen, in der die Bürger*innen von Dortmund und Castrop-Rauxel über den Planungsstand und den Fortschritt in der Bauleitplanung informiert werden.

    Aufgrund des eingeschränkten Handlungsspielraumes während der Corona-Pandemie wird die Informationsveranstaltung im digitalen Format stattfinden. Die Veranstaltung kann live als
    Online-Stream am Mittwoch, dem 24. Februar 2021, von 18:00 Uhr bis etwa 20:00 Uhr
    verfolgt werden.

    Alle Interessierten sind eingeladen, sich zu beteiligen. Der Zugang ist offen. Fragen können während der Online-Veranstaltung oder/und schon im Vorfeld per E-Mail dialog-knepper@dortmund.de eingereicht werden.
    Für die Beantwortung stehen in der Veranstaltung die beauftragten Planungs- und Gutachterbüros sowie Vertreter*innen der Planungsämter Dortmund und Castrop-Rauxel zur Verfügung. Die Moderation erfolgt durch „IKU_Die Dialoggestalter“. Der Stream wird nach der Live- Sendung noch für die Dauer von 14 Tagen zum Abruf bereitgehalten.

    Der Link zum Digitalen Dialog Kraftwerk Knepper wird veröffentlicht auf der Website der Stadt Dortmund dortmund.de/dialog-knepper Unter diesem Link stehen zudem nach und nach weitere Informationen und Unterlagen zum Planverfahren zur Verfügung: Änderung Flächennutzungsplan, Bebauungsplan-Vorentwurf, Plangebietsübersicht, Städtebauliches Konzept.

    Unabhängig von einer Teilnahme an der Informationsveranstaltung haben Interessierte während der frühzeitigen Beteiligung die Möglichkeit, sich über Inhalte und Ziele der Bauleitplanverfahren zu informieren und ihre Anregungen einzubringen. Diese Beteiligung findet im Nachgang zur Informationsveranstaltung bis einschließlich 22. März 2021 statt.

    Nähere Informationen hierzu folgen auch noch über die „Dortmunder Bekanntmachungen“ und über die Internetseite der Stadt Dortmund.

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