
Immer mehr mittelständische Unternehmen finden keine Nachfolge – viele denken über eine Aufgabe des Betriebs nach. Laut dem neuen „DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2025“ verzeichneten die Industrie- und Handelskammern (IHK) bundesweit knapp 10.000 Nachfolgeberatungen – ein Anstieg von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig mangelt es massiv an geeigneten Nachfolger:innen. Die IHK zu Dortmund bietet Beratungen, Netzwerke und konkrete Hilfen an.
DIHK-Report zeigt: Noch nie wollten so viele Betriebe aufgeben
Die Nachfolgefrage wird für viele mittelständische Unternehmen zur existenziellen Herausforderung. Der neue DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2025 liefert alarmierende Zahlen: Noch nie seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2007 haben so viele Unternehmerinnen und Unternehmer und erwogen, ihren Betrieb aufzugeben. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage ist auf einem historischen Höchststand.

Die wirtschaftliche Gesamtlage in Deutschland trägt entscheidend zur Entwicklung bei: eine anhaltende Konjunkturschwäche, steigende Kosten für Energie und Material sowie hohe regulatorische Belastungen lassen viele Unternehmer:innen an einen Ausstieg denken.
Besonders dramatisch: Gut 27 Prozent der beratenen Betriebe erwägen laut dem Report ganz zu schließen – in 92 Prozent der Fälle, weil kein Nachfolger gefunden werden konnte.
„Viele Unternehmen haben innovative Produkte und Dienstleistungen im Angebot sowie ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell, doch sie scheitern an der Frage: Wer führt es weiter?“, erläutert Simone Bergmann, Geschäftsführerin Handel, Dienstleistungen und Existenzgründungen bei der IHK zu Dortmund. „Wenn wir nicht gegensteuern, verlieren wir nicht nur wirtschaftliche Substanz, sondern auch unternehmerisches Wissen, Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung.“
Demografischer Wandel und gesellschaftliche Trends als Ursache
Viele Unternehmensinhaberinnen und -inhaber stehen altersbedingt vor dem Ruhestand. 72 Prozent geben an, aus Altersgründen über eine Nachfolge nachzudenken. Gleichzeitig fehlt es zunehmend an potenziellen Übernehmern aus den gründungsaktiven Altersgruppen zwischen 18 und 40 Jahren. 40 Prozent der IHKs sehen die steigende Belastung durch komplizierte Regelungen und Bürokratie als ursächlich an für Überlegungen, das Unternehmen zu schließen.
Ebenfalls problematisch ist eine wachsende gesellschaftliche Abkehr vom Unternehmertum. In zwölf Prozent der Fälle spielt die gesunkene gesellschaftliche Anerkennung unternehmerischer Tätigkeit bei der Entscheidung zur Aufgabe eine Rolle.

Die 79 IHKs bundesweit leisten einen zentralen Beitrag zur Sicherung von Unternehmensnachfolgen: Rund 50.000 Beratungskontakte jährlich finden statt – sowohl mit abgabewilligen Unternehmer:innen als auch mit potenziellen Übernehmenden.
Das Angebot reicht von individuellen Beratungen bis hin zu Nachfolgebörsen, wie dem IHK-Nachfolgepool und der Unternehmensbörse nexxt-change.org. „Wir begleiten unsere Mitgliedsunternehmen über viele Jahre. Gerade bei der Nachfolge ist Vertrauen entscheidend. Unsere Beraterinnen und Berater vermitteln nicht nur Informationen, sondern auch Verständnis für die emotionalen und wirtschaftlichen Dimensionen einer Betriebsübergabe“, betont Simone Bergmann.
Chancen durch gezielte Unterstützung und moderne Formate
Trotz aller Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen: Die Zahl der Interessierten an einer Unternehmensübernahme ist deutschlandweit im Jahr 2024 um gut 45 Prozent auf über 4.000 gestiegen (2023: 2.760). Viele von ihnen suchen Alternativen zur unsicheren Anstellung oder sehen in der Nachfolge eine attraktive Karriereoption.

Darüber hinaus bieten die IHKs zielgerichtete Unterstützung für Unternehmerinnen: Mit Initiativen wie dem Netzwerk „Business Women IHK“ werden Frauen gezielt für die Übernahme bestehender Unternehmen gewonnen. Das Potenzial ist enorm, denn bislang liegt der Frauenanteil unter den Übernahmewilligen bei unter 25 Prozent – obwohl sie bei Neugründungen bereits über 40 Prozent ausmachen.
Neben der engagierten Arbeit in den Kammern braucht es auch politische Reformen. Die IHK-Organisation fordert: weniger Bürokratie, bessere steuerliche Rahmenbedingungen, mehr wirtschaftliche Bildung in Schulen sowie niedrigere Energiekosten – Denn nur wenn sich Unternehmertum wieder lohnt und attraktiv erscheint, werden sich mehr Menschen für eine Nachfolge entscheiden.
Notfall-Handbuch der IHK als wichtige Vorsorgemaßnahme
Ein weiteres zentrales Ergebnis des DIHK-Reports: Viele Unternehmer:innen kümmern sich zu spät um die Nachfolge. Rund 70 Prozent verfügen über keinen sogenannten „Notfallkoffer“. Das kann im Krankheits- oder Todesfall den Fortbestand des Unternehmens gefährden.
Dabei empfiehlt die IHK eine frühzeitige Planung – im Idealfall drei bis zehn Jahre vor der Übergabe. Das schafft Verlässlichkeit und Sicherheit sowohl für Übergebende als auch für potenzielle Übernehmende.
Das IHK-Notfall-Handbuch soll hier unterstützen. Es bietet strukturierte Checklisten, Vorlagen und Hinweise zur Dokumentation aller wichtigen Unterlagen und Vollmachten – damit das Unternehmen im Ernstfall handlungsfähig bleibt.
Mehr Informationen:
- Den gesamten DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2025 gibt es unter: www.dihk.de/report.
- Zum gelangt IHK-Notfall-Handbuch man unter: www.ihk.de/notfall-handbuch.