Mosaik e.V. wartet auf Baugenehmigung für Wohngemeinschaft von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung in Eving

Im Beginenhof in der Dortmunder Nordstadt Leben Frauen zusammen.
Gemeinschaftlich wie im Beginenhof stellt sich der Mosaik e.V. das neue Projekt vor. Archivfoto: Alex Völkel

Von Lisa König

Mit 36 Jahren fühlt man sich im Seniorenheim eher fehl am Platz. Doch teilweise haben Menschen mit Beeinträchtigung keine andere Wahl, als in solchen Einrichtungen unterzukommen. Veränderung soll ein neues Wohnprojekt in Eving vom Verein Mosaik e.V. und der zugehörigen Genossenschaft bringen. Im Winterkampweg auf dem Gelände eines ehemaligen Sportplatzes soll eine Gemeinschaft entstehen, die das Leben von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung vereint. Der Verein hat dafür mit dem Architekten Andreas Schlösser zusammen ein Gebäude entworfen, dessen Bauantrag momentan geprüft wird.

Noch sind Wohnungen frei für Menschen mit und ohne Hilfebedarf

Der Gebäudekomplex soll die Form von einem U haben, zur Straße hin geöffnet mit einem Innenhof in der Mitte. Vorne soll ein kleiner Wendehammer entstehen, denn die anliegende Straße wird in Zukunft eine Sackgasse sein. „Etwa 40 Prozent des Gebäudes werden zum Verein Mosaik gehören, vor allem der linke Flügel. Der Rest gehört zur Wohnen im Winterkamp GmbH“, erzählt Dieter Schade. Er ist Teil des Vorstands von der „Mosaik –  Leben in Vielfalt“ eG. Die Genossenschaft  wurde 2014 speziell für den Grundstückskauf und Häuserbau gegründet. Auf der Fläche von Mosaik sollen 21 Wohneinheiten entstehen, mit unterschiedlich großen Wohnungen von 44  bis zu 150 Quadratmetern.

Einige der Wohnungen könnten auch von größeren Familien genutzt werden, je nachdem, wer noch einziehen möchte. Insgesamt rechnet der Verein mit ungefähr 36 Bewohnern. Von den 21 Wohneinheiten sind bisher neun belegt, die restlichen 12 stehen noch frei für Menschen mit und ohne Hilfebedarf. Auch auf der Seite, die nicht zu Mosaik gehört, sollen öffentliche Wohnungen entstehen, die barrierefrei eingerichtet sind.

„Zwei WGs mit jeweils drei Bewohnern sind schon mal sicher. Die eine ist schon komplett belegt mit einem Rollstuhlfahrer und zwei anderweitig beeinträchtigten Menschen“, erzählt Gabriele Wiemann aus dem Vorstand von Mosaik. Sie wird später selbst in das Gebäude einziehen, zusammen mit ihrem Mann.

„Mir gefallen WGs, da ist es nicht so langweilig“ – Stefan Müller, zukünftiger Bewohner

Dieter Schade mit seiner Tochter, Stefan Müller und Gabriele Wiemann. Foto: Lisa König

In der zweiten WG werden noch Mitbewohner gesucht. Bislang einziger zukünftiger Bewohner ist Stefan Müller. Seit einem Unfall sitzt er im Rollstuhl und ist auf eine besondere Wohnsituation angewiesen. „Eigentlich komme ich nicht aus Dortmund. Aber mein Sohn wohnt hier in der Nähe“, erzählt Müller. Er hat sich bewusst für das Leben in einer WG entschieden. „Ich habe schon vorher in Wohngemeinschaften gewohnt, das gefällt mir gut. Da ist es nicht so langweilig. Im Moment wohne ich in einem Seniorenzentrum“, berichtet der 36- Jährige.

„Es ist wichtig, im Kopf zu behalten: Menschen mit Hilfebedarf sind ganz unterschiedlich. Manche brauchen nur Hilfe bei der Organisation ihres Lebens, andere sind auf ambulante Pflege angewiesen“, erklärt Wiemann. Die beeinträchtigten Personen bringen ihr Personal selbst mit, mit persönlichem Budget. „Das hier soll keine Pflegeeinrichtung werden. Das Projekt möchte zwar eine Wohngemeinschaft zwischen allen Beteiligten bilden, aber es bleibt für jeden frei, wie weit er sich einbringen oder zurückziehen will.“

In Gemeinschaftsräumen sollen auch Aktionen stattfinden, die für die Öffentlichkeit geöffnet werden. „Der erste Schritt ist, dass wir uns untereinander alle kennenlernen.“, erzählt Schade. „Und auch die Personen aus dem rechten Gebäudeflügel sollen soweit eingebunden werden, wie sie möchten. Dabei ist es vermessen, zu sagen, dass wir mal eben eine Gemeinschaft aus 90 bis 100 Menschen aufbauen können. Aber langfristig wollen wir auch versuchen, das Umfeld mit einzubinden und die Gemeinschaft zu vergrößern.“

Vorraussichtlich 2020 können die ersten Bewohner einziehen

Mit dem Hörder Architekten Andreas Schlösser arbeitet Mosaik schon lange zusammen. Er hat das Grundstück von der Stadt gekauft und der Verein pachtet seinen Teil des Gebäudes. Beim Grundstückskauf wurde auch eine Abmachung mit der Stadt bezüglich der Kosten getroffen. Einen Teil des insgesamt 3,5 Millionen Euro schweren Projekts übernimmt die Genossenschaft, durch Eigenanteile oder Sponsoren von außen.

„86 Prozent der Kosten werden aber durch öffentliche Förderungen getragen. Es ist unüblich, dass das so hoch ist“, so Schade. Das liege daran, dass die Stadt Dortmund einen hohen Bedarf an öffentlichen Wohnungen habe.

„Je nachdem, wie schnell wir die Baugenehmigung erhalten, könnten wir den Spatenstich Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres machen.“ Dann dauere es etwa 12 Monate, bis der Komplex fertig sei. Anfang 2020 könnten also die ersten Bewohner einziehen.

Nun hofft der Verein vor allem, die nächsten zwölf Mitbewohner zu finden. „Wir suchen noch, deshalb brauchen wir auch die Presse. Aber wir sind da ganz zuversichtlich“, erklärt Schade. Wichtig sei: Jeder Bewohner müsse in die Genossenschaft eintreten. Das bringe vor allem mehr Freiheiten bei der Mitgestaltung. Aber es bedeute auch, dass Entscheidungen gemeinsam getroffen und Aufgaben aufgeteilt werden. „Dabei wird es auch immer Situationen geben, in denen jemand sagt: Das kann oder möchte ich nicht. Und das ist auch okay so. Niemand soll hier gezwungen werden, eine Anzahl an Sozialstunden zu leisten.“

Das Projekt ist Teil vom vierten „Tag des offenen Wohnprojektes“, der am 16. September 2018 stattfindet. An diesem Tag öffnen drei bereits realisierte Wohnprojekte ihre Türen für Besucher, darunter der Beginenhof in der Dortmunder Nordstadt. Außerdem informieren Vertreter von sechs geplanten Projekten über ihre Ziele und Projektstände. Diese reichen von einer Seniorengemeinschaft über Mehrgenerationenwohnen und Gemeinschaftlichem Wohnen von Frauen bis hin zum Mosaik Projekt.

Mehr Infos: Wohnprojekte und -initiativen sowie Experten stellen sich vor

Folgende Wohnprojekte und -initiativen sowie Experten gemeinschaftlicher Wohnprojekte stellen sich am Sonntag, 16. September 2018, vor:

  • 10 bis 12 Uhr Mehrgenerationen-Wohnen „WIR auf Phoenix“ und Gemeinschaftliches Wohnen „Gemeinsam statt einsam“und Mehrgenerationen-Wohnen „WIR auf der Kluse“, Lange Hecke 49, Dortmund-Hörde
  • 11 bis 13 Uhr Mehrgenerationen-Wohnen „WIR am Phoenixsee“ Architekt: Post / Welters Architekten und Stadtplaner GmbH und Gemeinschaftliches Wohnen „Hand-in-Hand nachHALTige Wohnkultur“,
    An den Emscherauen 2 – 8a, Dortmund-Hörde
  • 12 bis 14 Uhr Inklusives Wohnen „Mosaik e.V.“,
    Winterkampweg, Dortmund-Eving
  • 13 bis 15 Uhr Genossenschaftliches Wohnen „Verein gemeinsam – nicht einsam e.V.“
    Kleingartenanlage Westerholz e.V., Schützenstr. 196, Dortmund
  • 14 bis 16 Uhr Gemeinschaftliches Wohnen und Leben von Frauen „Beginenhof Dortmund“ und
    Gemeinschaftliches Wohnen „Buntes Wohnen e.V.“
    Gut-Heil-Straße 18, Dortmund-Nordstadt
  • Das Service-Team „…anders wohnen – anders leben…“ im Amt für Wohnen und Stadterneuerung organisiert den Tag des offenen Wohnprojektes. Bereits seit 2007 berät und unterstützt das Team Interessierte an neuen Lebens- und Wohnformen bei der Realisierung ihrer Wohnprojekte.
  • Die Veranstaltungsflyer zum Tag des offenen Wohnprojektes liegen ab sofort in Bezirksverwaltungsstellen, im Rathaus, in der Berswordthalle, in Familien- und Seniorenbüros sowie im Amt für Wohnen und Stadterneuerung öffentlich aus.
  • Weitere Informationen gibt es beim Service-Team „…anders wohnen – anders leben…“, Amt für Wohnen und Stadterneuerung, Südwall 2-4, Dortmund, Telefon 50-23938 oder 50-23921, www.wohnungsamt.dortmund.de, wohnungsamt@dortmund.de
  • Das Programm als PDF zum Download: Flyer Tag des offenen Wohnprojektes 2018
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Reaktionen

  1. Sylvia Günther

    Danke an Lisa König für ihren Einsatz, die gute Recherche, das nette Foto und den aufschlussreichen Artikel.
    Ich hoffe, dass sich dadurch an Gemeinschaft interessierte Menschen ermuntert fühlen, sich bei MOSAIK zu melden. Wäre klasse, wenn darunter auch jüngere Menschen wären (um die 30 oder noch jünger). Ich selbst ziehe gern dort ein und freue mich schon jetzt auf ein lebendiges Miteinander. Besonders willkommen sind auch Kinder!

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