Erste ArbeitgeberInnen in Dortmund setzen ein Zeichen gegen Diskriminierung HIV-Positiver Menschen am Arbeitsplatz

(v.l.n.r.) Christian Uhr (Stadtrat), Michael Mantell (Vorstand aidshilfe dortmund e.v.), Jörg Dannenberg (Stv. Geschäftsführer Jobcenter Dortmund), Willehad Rensmann (Geschäftsführer aidshilfe dortmund). Fotos: Laura Sommer

Von Laura Sommer

Medizinisch hat sich viel verändert: Menschen mit HIV können heute bei rechtzeitiger Diagnose ein ganz normales Leben führen und alt werden. Sie sind außerdem genau so leistungsfähig wie ein Mensch ohne HIV-Erkrankung und können alle Berufe ausüben ohne häufiger zu erkranken. Die Stadt Dortmund, Dortmund Airport und das Jobcenter Dortmund haben als Erstunterzeichner die „Deklaration gegen die Diskriminierung HIV-Positiver“ am Arbeitsplatz unterschrieben.

Bei erfolgreicher Medikation sind HIV-Positive nicht mehr infektiös

HIV wird immer noch mit einer nicht aufhaltbaren Seuche assoziiert. Dabei hat sich medizinisch so viel geändert, dass Menschen bei rechtzeitigem Krankheitsbefund mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) ein ganz normales Leben führen können. Sie haben eine fast genauso hohe Lebenserwartung wie ein Mensch ohne das Virus.

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Nicht nachweisbar = Nicht übertragbar (N=N) Es ist bewiesen, dass unter erfolgreicher Therapie, die Anzahl der Viren soweit reduziert wird, dass HIV nicht übertragen werden kann.

Daraus folgt: Bei erfolgreicher Medikation kann die Viruslast unter die Nachweisgrenze gelangen, was bedeutet das HIV-Positive nicht mehr infektiös sind. Die Therapie unterdrückt die HIV-Vermehrung durch die Medikation. Wenn dadurch HIV im Blut seit mindestens einem halben Jahr nicht mehr nachweisbar ist, befinden sich auch in anderen Körperflüssigkeiten wie Sperma, kaum noch Viren.

Eine HIV-Übertragung ist daher weder am Arbeitsplatz möglich, noch kann das Virus bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr übertragen werden, wenn sich die HIV-PatientInnen unter der Nachweisgrenze befinden. Michael Mantell, Vorstand der aidshilfe dortmund spricht von einem „Informationsproblem“ in der Gesellschaft und vor allem bei ArbeitgeberInnen.

Zum Welt-Aids-Tag 2018 wurde eine große Kampagne gestartet: Nicht nachweisbar = Nicht übertragbar (n=n). Häufig erfahren Menschen mit HIV immer wieder Benachteiligung, Diskriminierung und Ausgrenzung. Daher verheimlichen viele ihre Infektion. Die Folgen: hohe psychische Belastungen, obwohl sie ein ganz normales Leben führen könnten.

ArbeitgeberInnen gegen Diskriminierung HIV-Positiver am Arbeitsplatz

Bundesweit wollen sich viele ArbeitgeberInnen dem entgegen stellen – unter anderem SAP, Daimler, Bosch, die Deutsche Bank, IBM, Accenture oder PWC. Sie haben daher die Deklaration gegen die Diskriminierung HIV-Positiver unterzeichnet. Sie wirbt um Selbstverständlichkeit im Umgang mit den Betroffenen und setzt ein Zeichen für Akzeptanz, Vielfalt und Inklusion.

Die Stadt Dortmund und das Jobcenter Dortmund haben auch die Karte der Vielfalt unterschrieben. Sie sind gegen jegliche Diskriminierung und Ausgrenzung.

Das Jobcenter Dortmund unterschrieb die Deklaration, da es  als „Abbild der Gesellschaft eine Vorbildfunktion“ habe und gegen „Ausgrenzung und Diskriminierung jeder Art“ eingestellt sei. „Es geht um die Stärke der Menschen, nicht um die Schwächen. Und dabei ist es völlig egal welche Herkunft oder sexuelle Orientierung sie haben“, so das Jobcenter Dortmund.

Außerdem hat das Jobcenter eine hohe Anzahl an MitarbeiterInnen und auch dort wird jeder Mensch so akzeptiert, wie er ist. Ein weiterer Grund für die Unterzeichnung der Deklaration sei die „Abgrenzung von rechtsextremen Gedankengut in der Gesellschaft“. Das Jobcenter Dortmund lehne jegliche Form von Diskriminierung ab.

Die Stadt Dortmund hat mit circa 10.000 ArbeitnehmerInnen gleichermaßen einen Vorbild-Charakter. „Die Stadtverwaltung ist bunt gemischt, tolerant und ebenfalls ein Abbild der Gesellschaft“, so Christian Uhr, der stellvertretend für den Oberbürgermeister anwesend war. Die Stadt Dortmund ist Erstunterzeichnerin, um so die „Wichtigkeit zu beweisen und um ein Zeichen gegen Ausgrenzung zu setzen“.

Nicht nachweisbar = Nicht übertragbar – mit Fortbildungen gegen Unwissenheit

Das Caféplus ist ein offenes Selbsthilfe- und Begegnungszentrum.

„Man muss das nicht ’nachweisbar = nicht übertragbar‘ nach außen tragen“, so Andreas Klein von der Aids-Beratung des Gesundheitsamtes Dortmund. Aber wie kann man Sensibilität bei Nicht-Betroffenen schaffen? Mit Fortbildungsmaßnahmen könne man der Unwissenheit von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen entgegen gehen. Außerdem könnten nur unwissende das Virus weitergeben, deshalb müsse man die Testbereitschaft fördern.

Laut Robert-Koch-Institut lebten Ende 2017 rund 86.000 Menschen mit HIV in der Bundesrepublik. Davon gab es 450 Todesfälle. In Dortmund leben circa 800 Menschen mit HIV. Das Caféplus in Dortmund ist ein offenes Selbsthilfe- und Begegnungszentrum wo Menschen mit einer HIV-Erkrankung, aber auch alle anderen, zusammenfinden. Es gibt regelmäßig Kulturveranstaltungen, aber auch Informationsveranstaltungen rund um die Themen HIV, Aids und sexuelle Gesundheit.

Die ErstunterzeichnerInnen wollen einen ersten Schritt machen und danach über MultiplikatorInnen die Informationen weiter streuen. Eventuell wird so die Sensibilität und die Testbereitschaft in der Gesellschaft gefördert und die Angst vor Diskriminierung verringert.

Darüber hinaus rufen sie weitere Unternehmen und ArbeitgeberInnen auf, der Initiative beizutreten. Interessierten steht die aidshilfe dortmund für ausführlichere Informationen zu Verfügung, auf Wunsch werden auch Inhouse-Schulungen oder Informationsveranstaltungen durchgeführt.

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