
Die Nordstadtliga ist vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) in Hamburg mit dem Julius-Hirsch-Preis ausgezeichnet worden. Die Dortmunder Straßenfußballliga überzeugte die Jury durch ihr langjähriges Engagement für Vielfalt, Teilhabe und gegen Rassismus. Als Laudator würdigte Ex-BVB-Profi Otto Addo die Arbeit des Projekts. Neben der Nordstadtliga zeichnete der DFB zwei weitere Projekte aus. Die Preis erinnert an den von den Nationalsozialisten ermordeten Nationalspieler Julius Hirsch.
Auszeichnung für ein Projekt, das seit Jahren Vielfalt und Respekt fördert
Die Nordstadtliga ist seit 2001 eine Straßenfußballliga für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Dortmunder Norden, die das ganze Jahr läuft. Sie ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Jugendamt Dortmund, der AWO Streetwork sowie dem Fan Projekt Dortmund e.V. und ist zudem ein Leuchtturmprojekt der BVB-Stiftung „Leuchte auf“.

Bei der Preisverleihung trat Otto Addo als Laudator auf. 2002 wurde er mit dem BVB Deutscher Meister, hier spielte er von 1999 bis 2005. Heute trainiert er die ghanaische Nationalmannschaft. Er kennt die Nordstadtliga schon lange und hat als Mitglied der Julius-Hirsch-Preis-Jury bewegende Worte für den zweiten Preisträger gefunden: „Ich find’s enorm, was die Nordstadtliga leistet. Sie gibt ganz, ganz vielen Jugendlichen und Kindern Halt, Gehör und die Chance, gesehen zu werden.“
Monika Nienaber-Willaredt, Dezernentin für Schule, Jugend und Familie, würdigte die Auszeichnung als Anerkennung der jahrzehntelangen Arbeit in der Nordstadt. Sie sagte: „Der Julius-Hirsch-Preis ist eine besonders wichtige Auszeichnung für die Nordstadtliga. Er zeigt deutlich, wie wertvoll unsere Arbeit in der Nordstadt ist. Seit über 20 Jahren machen wir jungen Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen ein Angebot, das sie zusammenbringt, das für Verständigung und für gegenseitigen Respekt sorgt.“
Ein „Safespace“ für alle Kinder und Jugendlichen
Kerngedanke der Liga ist, dass Fußball verbindet. In der Nordstadt leben über 61.000 Menschen aus 142 verschiedenen Nationen. Oft kommen sie hier an, wenn sie aus ihrer Heimat fliehen mussten. Allen Kindern und Jugendlichen bietet die Nordstadtliga einen Anlaufpunkt, um gemeinsam zu trainieren, sich in Wettkämpfen zu messen. Die Liga erreicht junge Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen oft keinen Zugang zum Vereinssport haben. Sie ermöglicht ihnen eine sinnvolle und gesunde Freizeitbeschäftigung.

Doch die Nordstadtliga ist viel mehr als das Spiel an sich: „Nordstadtliga ist ein Gefühl. Nordstadtliga ist ein Ort. Nordstadtliga ist ein Safespace. Nordstadtliga ist Hoffnung. Natürlich geht es hier um Fußball. Aber der Fußball vermittelt den jungen Menschen wichtige Werte: Respekt, Fairness, Vertrauen, Unterstützung“, sagt Mirza Demirović, Leiter der Nordstadtliga.
2024 haben die Mitarbeiter:innen über die Nordstadtliga mehr als 4000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erreicht. Der Liga-Betrieb ist nur ein Baustein der Nordstadtliga. Fast täglich gibt es Veranstaltungen, trainiert wird an fünf Tagen in der Woche auf unterschiedlichen Plätzen (Burgholzstraße, Max-Michallek-Platz). Die „Nordstadtliga Queens“ sind ein eigener, geschützter Raum für junge Frauen und Mädchen und ein bedeutender Teil im gesamten Konzept.
Gamze Kubaşık: „Die Nordstadtliga hat diese Auszeichnung mehr als verdient“
Mit all dem fördert die Nordstadtliga Teilhabe, Selbstwirksamkeit und Gemeinschaft. „Statt Defiziten stehen Potenziale im Mittelpunkt. Sichtbarkeit im Quartier – etwa durch Murals auf Hauswänden – stärkt das Zugehörigkeitsgefühl der Kinder und Jugendlichen“, heißt es in der Begründung für die Auszeichnung.

Einen ganz besonderen Moment gab es nach der Preisverleihung. Gamze Kubaşık hatte eine Video-Botschaft für die Nordstadtliga. Gamze ist die Tochter von Mehmet Kubaşık, der 2006 vom NSU ermordet wurde. In Erinnerung an den getöteten Dortmunder spielt die Nordstadtliga jedes Jahr den „Mehmet-Kubaşık-Cup“ aus.
Gamze Kubaşık würdigte das Engagement als wichtiges Zeichen gegen Rassismus und rechte Gewalt. Dass der Julius-Hirsch-Preis an die Nordstadtliga geht, bedeutet ihr persönlich sehr viel: „Die Nordstadtliga hat diese Auszeichnung mehr als verdient. Denn sie schafft Räume, in denen Jugendliche Respekt erfahren, ihre Stärken entdecken und sich selbst organisieren können. Sie zeigt: jede und jeder zählt.“
Hintergrund zum Julius-Hirsch-Preis
Der vom DFB vergebene Julius-Hirsch-Preis erinnert an den deutsch-jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch, der 1910 und 1914 Deutscher Meister wurde. Im März 1943 ließen die Nationalsozialisten Julius Hirsch deportieren. Historische Zeugnisse legen nahe, dass er direkt bei seiner Ankunft im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde. Nach dem Krieg wird Julius Hirsch mit Datum 8. Mai 1945 für tot erklärt.
Der Preis würdigt Menschen und Projekte, die sich mutig und wirksam für Vielfalt, Menschenwürde und ein respektvolles Miteinander sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung einsetzen. Im Dialog mit der Familie Hirsch führt die DFB-Kulturstiftung die Preisverleihung seit 2005 durch.

