Der Geschichtsverein erforscht die Kneipenhistorie im Ort

Als die Wirtschaft in Eving brummte

Vor dem Haus Heuner, Bergstr. / Ecke Lindenhorster Str. traf sich der Männergesangsverein Eintracht zu einem Ausflug. Der Wirt Heuner stellte insofern eine Ausnahme dar, als dass er zwei Gaststätten betrieb. Die 2. Gaststätte, Haus Tüttelmann befand sich ebenfalls auf der Bergstraße.
Vor dem Haus Heuner ( Bergstr. / Ecke Lindenhorster Str.) traf sich der Männergesangsverein Eintracht zu einem Ausflug. Der Wirt Heuner stellte insofern eine Ausnahme dar, als dass er zwei Gaststätten betrieb. Die 2. Gaststätte, Haus Tüttelmann befand sich ebenfalls auf der Bergstraße.

Andere Zeiten: Als die Wirtschaft in Eving brummte, gab es knapp 100 Gaststätten und Kneipen rund um die Zeche Minister Stein in Eving, weiß Klaus Berger vom Evinger Geschichtsverein. Von kleinen Kneipen an der Ecke für das schnelle Bierchen nach der Schicht über das Werksgasthaus der Zeche Minister Stein bis zu Ausflugslokalen mit großen Biergärten war zwischen dem Fredenbaum und Brambauer alles vertreten.

Lange Zeit wurden in Eving nur Dortmunder Biere ausgeschenkt

Ehem. Gaststätte "Zur schönen Aussicht", Holthauser Str. 124, warb mit einer schönen Anzeige im Dortmunder Adressbuch von 1897. Auf der Postkarte ist zu erkennen, dass eine Baumreihe das Lokal vom Ems-Kanal trennte.
Ehem. Gaststätte „Zur schönen Aussicht“: Auf der Postkarte ist zu erkennen, dass eine Baumreihe das Lokal vom Ems-Kanal trennte.

Auf die Spurensuche nach verschollenen und noch bestehenden Kneipen hat sich der Evinger Geschichtsverein begeben: „In den Wirtshäusern spielte sich lange Zeit ein Teil des gesellschaftlichen Lebens ab. Dort traf man sich aus vielerlei Gründen“, sagt Wolfgang Skorvanek, der Vorsitzende des Evinger Geschichtsvereins.

Man traf sich dort nach der Schicht, ging in die großen Säle der Gaststätten tanzen, vielleicht auch um jemanden kennen zu lernen, besuchte Kinos, die einigen Lokalen, wie dem Gasthaus Klüting, angeschlossen waren, kegelte, gründete Sparclubs oder nahm Sonntags mit der Familie in Ausflugslokalen Platz.

Treffpunkt für Vereine, Verbände und Parteien sind die Lokale bis heute. Auffallende Gemeinsamkeit der Evinger Wirtschaften und Kneipen war, dass hier lange Zeit nur Dortmunder Biere ausgeschänkt wurden. Fast alle Dortmunder Brauereien waren in Eving vertreten.

Wurzeln von „Benthaus“ reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück

Gar nicht untypisch für die 50er Jahre: Der Wirt, hier Wilhelm Klüting, zapfte, während (Ehe-)Frauen die Getränke zu den Gästen brachten.
Gar nicht untypisch für die 50er Jahre: Der Wirt, hier Wilhelm Klüting, zapfte, während (Ehe-) Frauen die Getränke zu den Gästen brachten.

Der Geschichtsverein fand weiter heraus, dass viele Evinger Gaststätten eine lange Tradition haben. Die „Schankwirtschaft Benthaus“ am Peddenbrink in Holthausen wurde beispielsweise zwar erst 1869 gegründet, jedoch muss es hier schon vorher eine Gaststätte gegeben haben, denn den Namen Benthaus konnten die Evinger Hobbyhistoriker bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen.

„Benthaus“ hieß damals so viel wie „Tanzhaus“. Zwar besteht die Schankwirtschaft mit dem schönen Biergarten nicht mehr, aber die Anekdote lebt weiter: Als einmal der Behälter des Heißgetränks, das dort bei Tanzveranstaltungen vor der Währungsreform getrunken wurde, platzte, lief die Flüssigkeit auf den Boden und war so synthetisch, dass die Farbe nicht mehr aus dem Betonboden herausgewaschen werden konnte.

Die alten Kneipen entlang der heutigen Evinger Straße dienten etwa ab1830 als Unterkunftsstätten für Wagenführer, die von hier aus ins Bergische oder ins Sauerland fuhren, um dort von den kleinen Eisen- und Schmiedewerken Waren zu holen oder auch um Kohle aus dem Ruhrtal ins Münsterland zu befördern.

Schankwirtschaften mussten Zimmer und Ställe vorhalten

Ehem. Gaststätte "Zur schönen Aussicht", Holthauser Str. 124, warb mit einer schönen Anzeige im Dortmunder Adressbuch von 1897. Auf der Postkarte ist zu erkennen, dass eine Baumreihe das Lokal vom Ems-Kanal trennte.
Die ehem. Gaststätte „Zur schönen Aussicht“, Holthauser Str. 124, warb mit einer schönen Anzeige im Dortmunder Adressbuch von 1897.

So sahen die Schankkonzessionen damals jeweils vor, dass neben der Schankwirtschaft, auch Unterkunftsräume und Stallungen vorzuhalten waren. Die Bedeutung als Unterkunftsstätte nahm gegen Ende des 19. Jahrhunderts ab, als sich der Transport von der Straße auf die Gronau-Enscheder-Eisenbahn verlagerte.

Ein typisches Beispiel hierfür ist die Gasstätte Hiddemann an der Evinger Str. 549, die auch als Poststation diente und wo sogar bis 1905 noch eine Schmiede betrieben wurde. Auch am Gasthaus Wortmann, Evinger Str. 387  bestand um 1850 neben einer kleinen Unterkunft eine Wiege- und Zollstation für Wagen und Waren, die vom Hafen in Lünen nach Dortmund kamen bzw. zum Lünener Hafen gebracht wurden.

„Bekannte ehemalige Wirtschaften kennen Evinger bis heute. Haus Heuner an der Bergstraße, Ecke Lindenhorster ist solch ein Lokal, das Treffpunkt vieler Vereine war. Nach dem Leerstand der Räume folgte der Abriss und Wohnungen entstanden hier“, erinnert sich Klaus Berger.

Vortrag zur Evinger Kneipengeschichte

Abriss, ein Schicksal das vielen Kneipen nach dem Kneipensterben in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wiederfuhr, so beispielsweise dem Stadtwaldrestaurant an Evinger Straße, Haus Klüting oder der Grünen Tanne an der Bayrischen Straße.

„Kneipen in Eving – Damals und heute“, sind das Thema des Evinger Geschichtevereins, Nollendorfplatz 2 (Wohlfahrtsgebäude / Altes Schloss) am Montag, 26. September 2022 um 18 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos, der Zugang barrierefrei. Interessierte sind herzlich willkommen.

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Reaktionen

  1. Gerhard Heldt

    Ja, ich habe lange in Eving in der Oberadener Strasse gewohnt.Habe auch dort meine Frau schon als Kind kennen gelernt. Die Kneipenvielfalt ist mir heuten noch ein Begriff. Haus Frohning, Haus Becker, zum Treppchen, zum Pütt, katholisches Vereinshaus, an die erinne ich mich heute noch, owohl ich schon 1969 nach Kamen- Methler gezogen bin.Lebe Grüße an alle Evinger.
    Gerhard Heldt

    • Ilka

      Hallo Gerhard,
      Ich habe soeben, beim stöbern im Web, diesen Artikel gefunden und Deinen Kommentar gelesen. Wie ich las, ist Dir das Haus Becker auch im Gedächtnis geblieben.
      Ich bin 1963 geboren und erinnere mich daran das ich das ein oder andere mal mit meinen Großeltern, meine Uroma im Haus Becker besucht habe. Sie führte diese Gaststätte zu dieser Zeit. Ihr Name war Lina Eschmann. Soweit ich mich recht erinnere hat sie dort immer ihren selbst gemachte Kartoffelsalat angeboten.
      Kannst Du Dich eventuell an sie erinnern?

      Liebe Grüße sendet Dir Ilka aus Unna – Königsborn!

  2. Merle

    Mega schade, dass ich den Vortrag im September verpasst habe. Ich finde geschichtliche Analysen immer super interessant. Danke für die Recherche 🙂
    Ich werde mit anderen Augen durch die Straßen schlendern.

    Werden vielleicht regelmäßig historische Stadtführungen angeboten?

    Liebe Grüße und danke für eure Arbeit,

    Merle

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