
Mit einer weiteren Gedenktafel am Mehmet-Kubaşik-Platz erinnert die Stadt Dortmund an Mehmet Kubaşik, der am 4. April 2006 von der rechtsextremen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (kurz NSU) ermordet wurde. Kubaşik führte einen Kiosk in der Mallinckrodtstraße und war dort für seine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft bekannt. Dort hatte ihn der NSU erschossen. Fast zwei Jahrzehnte nach der Tat hat Dortmund nun ein weiteres sichtbares Zeichen gesetzt – gegen das Vergessen und für eine lebendige Erinnerungskultur.
Ein Zeichen von Respekt und gegen das Vergessen
Zur Enthüllung der Gedenktafel im Beisein von Gamze und Elif Kubaşik, Tochter und Witwe des Opfers, kamen zahlreiche Menschen zusammen: Vertreter:innen der Stadt, Angehörige und Dortmunder:innen, die Mehmet Kubaşik kannten oder von seiner Geschichte berührt wurden.

Unter ihnen waren der 1. Bürgermeister Norbert Schilff, Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum und der Generalkonsul des türkischen Konsulats in Essen, Taylan Özgür Aydin.
Gamze Kubaşik, die an diesem Tag viele Hände schüttelte und mit Teilnehmenden der Enthüllung sprach, zeigte sich bewegt, aber auch dankbar: „Für mich war er nicht nur ein Opfer von Hass und Gewalt, sondern vor allem ein liebevoller Ehemann, Vater und Freund. Diese Tafel steht für Zusammenhalt, Mitgefühl und Verantwortung“, sagte sie. „Sein Name wird hier weiterleben, mitten in dieser Stadt.“

Der türkische Generalkonsul aus Essen, Taylan Özgür Aydin, bewunderte den Mut und die Haltung der Familie Kubaşik, was er in englischer und anschließend auch in türkischer Sprache zum Ausdruck brachte. Mit ruhiger, aber mitreißender Stimme würdigte er die Kraft der Angehörigen, die sich weiterhin für Aufklärung und Gerechtigkeit einsetzten.
„Trotz des erlittenen Leids steht sie heute stark da, als lebendiges Zeugnis für Widerstandskraft und Menschlichkeit“, so Aydin. Gleichzeitig erinnerte er an die „offene Wunde“, die der NSU-Komplex in vielen migrantischen Gemeinschaften hinterlassen habe.
„Erinnerung lebt durch Menschen, die sich engagieren und Gesicht zeigen“

Dortmunds 1. Bürgermeister Norbert Schilff fand zuvor eindringliche Worte zur Erinnerung an Mehmet Kubaşik: „Er war kein Fremder. Er war kein anonymer Name. Er war ein Nachbar, ein Freund.“
Der SPD-Politiker mahnte, dass Erinnerung mehr sei als das Aufstellen von Denkmälern: „Sie lebt durch Menschen, die sich engagieren und Gesicht zeigen“, betonte Norbert Schilff.

Auch Bezirksbürgermeisterin der Nordstadt, Hannah Rosenbaum, sprach über die Bedeutung des Tages: „Es ist ein guter Moment, diese Tafel aufzustellen. Gerade in Zeiten, in denen rechtsextreme Äußerungen wieder lauter werden. Nie wieder ist nicht nur gestern, nie wieder ist jetzt und morgen.“, betont Rosenbaum, zugleich auch Kreissprecherin der Partei Bündnis 90/ Die Grünen.
Erinnerungstafel – ein Werk der Theater-Schlosserei

Die Gedenktafel wurde von den Auszubildenden Pascal Thesen und Sean Stephan Flender der Theater-Schlosserei entworfen und umgesetzt. Sie liegt auf großen Metallbuchstaben mit den Initialen „MK“ – und trägt den Schriftzug „In Erinnerung an Mehmet Kubaşik“. Der Text auf der Tafel erinnert an den Familienvater, den BVB-Fan und Dortmunder, der „von Rassismus und Hass aus dem Leben gerissen wurde“.
Gamze Kubaşik begleitete die Entstehung des Projekts eng und dankte den beiden jungen Handwerkern ausdrücklich: „Ich war tief berührt – nicht nur von ihrer handwerklichen Arbeit, sondern von der Haltung, mit der sie an dieses Projekt herangegangen sind. Es war spürbar, dass es für sie nicht einfach ein Auftrag war, sondern ein Herzensanliegen. Und das hat mich sehr bewegt.“
Auch Professorin Barbara John, die Beauftragte der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des NSU, betonte in ihrem verlesenen Grußwort: „Die Tafel ist ein würdiges Zeichen der Erinnerung. Sie zeigt die hohe Sensibilität, mit der die Stadt Dortmund mit ihrer Verantwortung umgeht.“
John hob hervor, dass Dortmund eine „beispielhafte Erinnerungskultur“ entwickelt habe, die durch Engagement und Beteiligung junger Menschen weitergetragen werde.
Engagiert gegen Rechtsextremismus: Tochter Gamze Kubaşik
Bei der Enthüllung der Tafel legte auch Gamze Kubaşik Hand an. Seit vielen Jahren engagiert sie sich bundesweit gegen Rechtsextremismus – sie geht in Schulen, macht Lesungen und wirkt bei Gedenkveranstaltungen mit.
„Ich wünsche mir, dass wir nicht nur erinnern, sondern auch handeln“, sagte Gamze Kubaşik. „Dass wir uns nicht abwenden, wenn Menschen ausgegrenzt werden, sondern laut sind – für Menschlichkeit und Respekt.“
Eine Botschaft, die auch Dortmunds 1. Bürgermeister Norbert Schilffteilt: „Wir sind gefragt, Gesicht zu zeigen. Nicht nur heute – jeden Tag. Denn Erinnerung verpflichtet. Nie wieder ist jetzt!“
Die neue Gedenktafel auf dem Mehmet-Kubaşik-Platz ist damit nicht nur ein Ort des Erinnerns, sondern auch ein Mahnmal der Hoffnung, ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Stadt Dortmund Haltung zeigt.
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