
Taher Shahin ist heute 25 Jahre alt und kam vor zehn Jahren aus Syrien nach Dortmund. Heute studiert er Biomedizintechnik an der FH Dortmund und wird sein Studium im nächsten Jahr beenden.
Flucht aus Syrien – Ankommen in Deutschland
„Mein Vater sagte zu mir: ‚Du hast zwei Möglichkeiten: entweder Du tötest oder Du wirst getötet. Geh‘ hier weg! Ich will, dass du in Sicherheit lebst. Geh‘ nach Deutschland!’“ So beginnt die Geschichte von Shahins Flucht nach Deutschland.

Für seinen Vater sei es nicht einfach gewesen, erklärt Taher, denn er schickte seinen Sohn ins Ungewisse. Erst flog Taher von Damaskus in den Libanon. Von dort in die Türkei. In Izmir traf Shahin andere Menschen, die nach Griechenland wollen. Der erste Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, scheiterte.
Nach einem weiteren Versuch gelangt er auf die Insel Samos, von dort über den Balkan nach Österreich und kam schließlich nach Dortmund.
Deutschland nahm zu dieser Zeit Flüchtende auf. „Wenn man uns dort die Türen öffnet, uns willkommen heißt, baue ich dort mein Leben auf. Ich kenne den BVB, mit dem ICE geht es direkt nach Dortmund“, so Taher. Dortmund wurde zu Tahers Sehnsuchtsort, an dem er im August 2015 eine Erstaufnahmestelle bezieht. Von hier aus erhält er Hilfe, um Asyl zu beantragen, einen Platz in einer Wohngruppe, Deutschunterricht.
Wann ist es gelungene Integration?
Jetzt befindet sich Shahin in den letzten beiden Semestern seines Biomedizintechnik-Studiums, hat vorher die Realschule und das Berufskolleg abgeschlossen. Außerdem ist er seit Mai 2024 deutscher Staatsbürger. Er bringt sich ehrenamtlich beim Verein „Train of Hope“ ein, hilft dort Menschen, die neu in Deutschland ankommen.

Ob Integration nur gelingt, wenn man sich anstrengt? Shahin schaut lange, denkt nach. „Ja, es braucht Leistung, von denen, die hierher kommen. Ich musste ja auch erstmal zeigen, dass ich was leisten will. Gleichzeitig braucht es von der Gesellschaft hier auch Verständnis für die schwierige Lage, aus der Geflüchtete kommen.“
Zudem bemerkt er, dass auch in der Gruppe von den seit 2015 nach Deutschland geflüchteten und migrierten Personen immer mehr gegen weitere Migration argumentiert wird. Shahin spricht von Egoismus. „Wir haben eine Chance bekommen auf ein gutes Leben. Die anderen sollen auch eine Chance bekommen.“
Syrien beim Wiederaufbau helfen
Ende November 2024 stürzten syrische Rebellen, angeführt von der islamistischen HTS, den syrischen Diktator Bashar al-Assad und bildeten eine Übergangsregierung.
Shahin nutzte die Gelegenheit und flog im März 2025 nach Syrien. „Unter al-Assad hätte ich tausende Dollars bezahlt, um nicht zum Wehrdienst eingezogen zu werden. Als ich jetzt am Flughafen in Syrien ankam, sagte ein Soldat zu mir: ,Willkommen in deinem Land´.“
Shahin glaubt, dass sich Syrien nun auf einem Weg der Besserung befindet und möchte diesen aktiv unterstützen. So kann er sich vorstellen nach seinem Studium für eine deutsche Firma als Medizintechnologe in Syrien beim Wiederaufbau zu helfen.
„Wir haben es zusammen geschafft!“
Ob er wieder nach Syrien zurückkehrt? „Deutschland ist jetzt meine Heimat, ich bin Deutscher“, erklärt Shahin, fügt aber nachdenklich hinzu: „In Syrien war ich jetzt fremd, weil ich gegangen bin. In Deutschland bin ich immer noch fremd, weil ich gekommen bin.“

Für Angela Merkel, stellvertretend für die vielen Menschen, die sich 2015/2016 für die Geflüchteten engagiert haben, empfindet er große Dankbarkeit: „Sie und viele Menschen in Deutschland haben uns die Türen geöffnet, haben uns viel gegeben. Jetzt müssen wir sehr viel zurückgeben.“
Was Shahin über Merkels Schlüsselsatz: „Wir schaffen das!“ heute denkt? „Am Anfang habe ich gedacht, der Satz „Wir schaffen das!“ gilt nur für die Deutschen, die so viele Menschen ab 2015 aufgenommen haben. Nach drei, vier Jahren habe ich den Satz auf mich bezogen: Ja, ich habe es geschafft, hier Fuß zu fassen und was Vernünftiges zu machen. Zehn Jahre später denke ich: Das ist ein gemeinsames Wir. Wir haben es zusammen geschafft!“
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!