Unbekannte Täter setzen Schlaflager von Obdachlosen an der Reinoldikirche in Brand

Die Mordkommission bittet Zeugen weiterhin um Hinweise zum Vorfall

Blick auf den Eingang der Reinoldikirche bei Nacht.
Am Donnerstagabend setzten unbekannte Täter das Schlaflager zweier Obdachloser an der Reinoldikirche in Brand. Archivfoto: Sebastian Sellhorst

Nachdem bereits am vergangenen Dienstagabend ein Obdachloser in Essen Opfer eines Brandanschlags wurde, wurden nun am Donnerstagabend (25. September 2025) in Dortmund zwei Obdachlose an der Reinoldikirche von Unbekannten während des Schlafens in ihrem Schlaflager angegriffen. Die beiden Männer, 43 und 51 Jahre alt, blieben unverletzt. Die Polizei hat eine Mordkommission eingerichtet und bittet um Zeugenhinweise.

Täter setzen Schlaflager in Brand und flohen Richtung Brückstraße

Die beiden Obdachlosen hatten sich am westlichen Nebeneingang der Reinoldikirche zum Schlafen eingerichtet. Während sie schliefen, näherten sich ihnen zwei unbekannte Täter, die gegen 18.45 Uhr eine brennbare Flüssigkeit über den Schlafplatz gossen und entzündeten. Trotz der Verpuffung einer Deodose, durch die sich eine Stichflamme bildete, bemerkten die Obdachlosen rechtzeitig das Feuer und blieben unversehrt.

Die Brückstraße mit dem Konzerthaus (links) und der Reinoldikirche (im Hintergrund). Foto: Klaus Hartmann
Die beiden unbekannten Täter flüchteten in Richtung Brückstraße. Archivfoto: Klaus Hartmann

Zugleich wurden Einsatzkräfte des Kommunalen Ordnungsdienstes sowie ein Zeuge auf den Brand aufmerksam und konnten die Flammen noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr löschen.

Zu der Art der verschütteten Flüssigkeit liegen derzeit noch keine Erkenntnisse vor. Die Ermittlungen dazu seien jedoch im Gange und könnten bald Ergebnisse liefern, teilte Oberstaatsanwalt Carsten Dombert mit.

Die Täter flohen in Richtung Brückstraße. Trotz sofort eingeleiteter Fahndung konnten sie zunächst nicht gefasst werden. Zeugen schätzten die beiden Männer auf etwa 23 bis 25 Jahre und eine Körpergröße von rund 170 bis 185 cm. Der erste Täter hatte blonde Haare am Hinterkopf und war ansonsten kahl. Er trug dunkle Kleidung und einen beigen Rucksack. Der zweite Täter war ähnlich alt und groß und trug eine Kombination aus dunkler und beiger Kleidung. Weitere Erkenntnisse zu den Tätern liegen bislang nicht vor.

Tatmotiv noch nicht bekannt – Konflikt innerhalb der Szene sei jedoch nicht ausgeschlossen

Die Polizei hat inzwischen eine Mordkommission eingerichtet. Die Ermittler gehen dabei von einem versuchten Mord aus. Das gezielte Ausgießen und Entzünden einer hochbrennbaren Flüssigkeit auf schlafende Personen werteten sie als heimtückisch – ein Merkmal, das für die Einstufung als Mord relevant sei. Eine schwere Brandstiftung allein komme als Einordnung derzeit nicht in Betracht, erklärte Dombert.

Polizeiauto als Symbolbild.
Gewalt gegen wohnungslose Menschen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Archivfoto: Leopold Achilles

Zum Motiv der Tat liegen nach Angaben Domberts bislang keine gesicherten Erkenntnisse vor. Hinweise darauf, warum die Täter die Obdachlosen angriffen, seien erst möglich, wenn die Täter selbst ermittelt und befragt werden.

Einiges spreche jedoch dafür, dass es sich um eine Auseinandersetzung innerhalb der Wohnungslosenszene handeln könnte. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass die Täter selbst ebenfalls wohnungslos sind, so der Oberstaatsanwalt.

Superintendentin zeigt sich erschüttert über die Tat

Von der Tat erschüttert äußerte sich am heutigen Morgen (26. September) schließlich die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund, Heike Proske. „Wenn man Schlafsäcke mit Menschen darin anzündet, nimmt man in Kauf, dass sie sterben können. Diese abscheuliche Tat geschah nicht mitten in der Nacht, sondern um 18:45 Uhr“ so die Superintendentin.

Superintendentin Heike Proske vor dem Mikrofon.
Heike Proske ist Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund. Foto: Kirchenkreis / Stephan Schütze

„Da war es noch hell und die Innenstadt noch belebt. Es ist nur folgerichtig, dass die Polizei eine Mordkommission eingerichtet hat. Es ist nicht hinnehmbar, dass wehrlose Personen mitten unter uns Ziel solch brutaler Angriffe werden. Wohnungslose Menschen haben die gleiche Würde wie jeder und jede von uns“ fügt sie hinzu.

Zugleich spricht sie ihren Dank gegenüber den Einsatzkräften des Kommunalen Ordnungsdienstes, der Feuerwehr und der Polizei aus, die rechtzeitig zur Hilfe eilten: „Gut, dass so schnell Menschen vor Ort waren, die helfen konnten.“

Überprüfung möglicher Videoaufnahmen läuft derzeit

Die Ermittler prüfen zudem, ob Videoaufnahmen aus der Innenstadt den Vorfall oder die Flucht der Täter dokumentieren. Dombert erläutert, dass es inzwischen Routine sei, mögliche Kamerastandorte entlang potenzieller Fluchtrouten zu überprüfen und die Betreiber zu kontaktieren, um Aufnahmen zu sichten.

Schild der Videoüberwachung in der Brückstraße.
Seit 2016 wird die Brückstraße in Dortmund von der Polizei videoüberwacht. Archivfoto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Die Dortmunder Polizei bittet weiterhin um Hinweise von Zeugen, die Angaben zu den flüchtigen Tätern oder zum Ablauf der Tat machen können. Jede Beobachtung, die zur Identifizierung der Täter beitragen könnte, sei hilfreich.

Hinweise werden von der zuständigen Kriminalwache unter der Rufnummer 0231/132-7441 entgegengenommen.

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Reaktionen

  1. Pressemitteilung der Initiative „Schlafen statt Strafen“ zum Mordanschlag auf zwei obdachlose Menschen

    Am 25.9.2025 hat sich ein Mordanschlag auf zwei obdachlose Menschen in der Dortmunder Innenstadt zugetragen. Die Initiative Schlafen statt Strafen ist bestürzt und blickt mit großer Sorge auf die zunehmende Gewalt gegenüber obdach- und wohnungslosen Menschen in Dortmund. „Es ist besonders schockierend, dass so eine Tat am frühen Abend passiert ist, als die Innenstadt noch voller Menschen gewesen sein muss“, so Pressesprecher*in Chris Möbius. „Wir sind sehr erleichtert, dass die beiden Menschen, die das Ziel dieser Gewalttat waren, zumindest körperlich unverletzt blieben. Wir appellieren eindrücklich an die Stadt Dortmund und besonders das Sozialamt, dass den beiden schnell und unbürokratisch alle nötige und gewünschte Hilfe und Unterstützung zukommt, die sie für die Verarbeitung des Erlebten und die psychischen Folgen benötigen!“

    Auch wenn die Hintergründe dieser Tat erst ermittelt werden müssen, ist in den letzten Jahren und Monaten eine starke Zunahme von Gewalttaten gegen obdachlose Menschen und ein zunehmend feindseliges, klassistisch aufgeladenes Klima zu beobachten. Für Schlafen statt Strafen liegen die Gründe dieser zunehmenden Gewalt unter anderem auch in einer starken Tendenz innerhalb von großen Teilen der Lokalpolitik, obdachlose Menschen hauptsächlich als Problem und nicht primär als gleichwertige Bürger*innen zu sehen. „Wenn in der Politik obdachlose Menschen immer nur mit Drogenkonsum und Kriminalität gleichgesetzt werden und es nur darum geht, die betroffenen Menschen aus dem öffentlichen Stadtbild zu vertreiben, dann schlägt sich das natürlich in der öffentlichen Meinung nieder.“ sagt dazu Pressesprecher*in Chris Möbius. „Und wenn Stereotype und Hetze in der Lokalpresse ohne Einordnung wiedergegeben werden, dann setzt sich dieses Narrativ durch und es wird in Teilen der Gesellschaft akzeptierter, obdachlosen Menschen Gewalt anzutun. Das muss aufhören!“

    Schlafen statt Strafen fordert alle Akteur*innen dazu auf, die gesellschaftlichen Zusammenhänge und Gründe für Obdachlosigkeit – und auch den Konsum illegalisierter Drogen – mehr in den Fokus zu nehmen und sich um wirkliche Lösungen zu kümmern, statt Scheinlösungen wie Verdrängung und Kriminalisierung weiterzuführen.

    Schlafen statt Strafen sieht jetzt die Stadt Dortmund in der Pflicht, obdachlose Menschen vor Gewalt zu schützen und ihnen Sicherheit zu bieten. Dazu fordert die Initiative die beiden OB-Kandidaten Westphal und Kalouti auf, Stellung zu beziehen, mit welchen Maßnahmen sie schnell und effektiv Obdachlosigkeit senken und den betroffenen Menschen nachhaltige Perspektiven bieten wollen. Chris Möbius: „Es ist ganz einfach: Die beiden Menschen sind Ziel des Anschlags geworden, weil sie auf der Straße schlafen mussten. Wären sie in einer Wohnung gewesen, wären sie vermutlich nicht Ziel von Gewalt geworden. Es braucht Wohnungen für obdachlose Menschen, das ist der beste Schutz!“

  2. Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Dortmund und der Polizei Dortmund (PM)

    Wie berichtet, setzten am Donnerstagabend (25.09.) zwei Männer das Schlaflager zweier Obdachloser an der Reinoldikirche in Brand. Erste Ermittlungen ergaben, dass die Täter ebenfalls aus dem Obdachlosen-Milieu stammen. Diese konsumierten zuvor gemeinsam mit den 51- und 43-Jährigen Alkohol am westlichen Nebeneingang der Kirche. Anschließend legten sich die Männer schlafen.

    Einer der Täter goss daraufhin eine Flasche Wodka aus und zündete den Alkohol an. Anschließend flüchteten die Täter in Richtung Brückstraße. Die Polizei bittet weiterhin um Zeugenhinweise: Wer kann Angaben zur Identität der beiden flüchtigen Täter machen? Diese können wie folgt beschrieben werden:

    1. Täter: 23 bis 25 Jahre alt, 170 bis 185 cm groß. Blonde Haare am Hinterkopf, ansonsten Glatze. Trug dunkle Kleidung und einen beigen Rucksack.

    2. Täter: 23 bis 25 Jahre alt, 170 bis 185 cm groß. Trug dunkle und beige Kleidung.

    Hinweise nimmt die Kriminalwache unter der 0231/132-7441 entgegen.

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