
Von Susanne Schulte
Dienstagmorgen kurz vor 10 Uhr an der Haltestelle Hauptbahnhof Richtung Norden: Jürgen Steinmann guckt sich zufrieden um. „Es sind ja doch noch einige gekommen“, sagt er. Und wenn er ehrlich ist, hatte er nichts anderes erwartet. Er kennt die Truppe. Seit zwei Jahren geht der Ennepetaler kontaktfreudigen und wanderbegeisterten Frauen und Männern jede Woche auf wunderbaren Wegen voran – in Dortmund und in Dortmunds Nachbarschaft. Die acht Jahre davor trug er nur seinen Rucksack. Da trug noch Reinhold Schulte die Verantwortung. Dieser gab die Aufgabe weiter. Und Jürgen Steinmann übernahm sie gerne. An seiner Seite plant und geht Brigitte Frauenrath.
„In jeder Jahreszeit sieht die Landschaft ja anders aus“

Die U 41 Richtung Brambauer fährt pünktlich ein. Brambauer ist der Start der heutigen Wanderung. Von dort geht es knapp neun Kilometer nach Lünen, vorbei am Colani-Ei, durchs Industriegebiet zur Mühle Buddenburg und über den Deich durch die Lippe-Auen nach Lünen.
Die meisten der gut ein Dutzend Ausflügler*innen kennen die Tour bereits. „Aber in jeder Jahreszeit sieht die Landschaft ja anders aus“, so der Wanderführer. Und manchmal wird der Weg auch ein wenig abgewandelt. „Aber diese Tour gefiel der Gruppe am besten.“

Wer zum erstenmal dabei ist, wird freundlich und interessiert angesprochen. Und das bereits auf dem U-Bahnsteig. Man duzt sich, Vornamen werden gleich behalten. ___STEADY_PAYWALL___
Die Unterhaltungen auf der halbstündigen Fahrt drehen sich ums Wetter und ums Reisen – ein Trupp von vier Frauen, die sich beim Wandern kennengelernt haben, sind zusammen in den Urlaub ans Mittelmeer geflogen und deshalb diesmal nicht dabei – und um Veranstaltungen, bei denen man sich getroffen hat.
Die Frauen und Männer kommen aus ganz Dortmund, kennen sich häufig schon seit Jahren, planen ihre Woche rund um den Wandertag. „Für Dienstag mache ich nie Arzttermine aus“, erzählt eine Frau.
Suche nach richtigem Lokal für Einkehr ist schwierig geworden
So akribisch wie Jürgen Steinmann seine Anreise aus Ennepetal plant, inklusive möglicher Ausfälle von Verbindungen, so genau plant er auch das Programm. Für jeweils ein Quartal gibt es stets einen DIN-A-4-Zettel, auf dem für fast jeden Dienstag steht, wann man sich wo trifft, wann genau die Bahnen in welche Richtung fahren, der ungefähre Streckenverlauf und – ganz wichtig – wo die Einkehr sein wird.

„Wir gucken immer nach Lokalen, die einen Mittagstisch anbieten“, sagt Brigitte Frauenrath. Die haben sich seit der Corona-Zeit stark minimiert.
„Viele öffnen erst um 17 Uhr, manche öffnen nur von Mittwoch bis Sonntag. Und wir wandern ja immer dienstags.“ Doch bislang haben sie stets Ersatz gefunden – entweder eine andere Gaststätte oder eine andere Tour.
Zur Natur gibt’s immer auch Kultur und Geschichte zu entdecken
In Lünen taten sie eine andere Lokalität auf, die Strecke blieb im Programm. Von der Endhaltestelle Brambauer geht es durch ein Wohngebiet auf einen Fußweg, der zum Colani-Ei führt, eine phantasievolle Gestaltung eines ehemaligen Fördergerüsts der Zeche Minister Achenbach nach einer Skizze des Designer Luigi Colani. Über die Kanalbrücke geht’s durchs Industriegebiet Richtung der Schlossmühle Buddenburg. Picknickpause. Die Wander*innen holen meist Obst und Getränke aus den Rucksäcken und freuen sich aufs warme Mittagessen.

Bei leichtem Niesel marschiert die Gruppe über den Deich durch die Lippeauen. „Wegen Regen ist noch keine Tour ausgefallen“, erzählt Jürgen Steinmann. Aber wegen Hitze. Bei 36 Grad über sonnige Höhen, das will er anderen und die sich selbst nicht mehr zumuten. Mittlerweile ist der Kirchturm der Lüner Innenstadt zu sehen.
In der ausgesuchten Gaststätte war keine Reservierung möglich, aber Jürgen Steinmann und Brigitte Frauenrath sind zuversichtlich, dass alle einen Platz bekommen, wenn auch nicht an einem Tisch. Und so passiert es auch. Die Tagesgerichte, gut ein Dutzend stehen zur Auswahl, schmecken und kosten inklusive Getränk keine zwölf Euro.
Ursprung der Wandergruppe ist nicht mehr bekannt
Jürgen Steinmann ist ehrenamtlich unterwegs wie auch zuvor Reinholt Schulte. Wie lange die Gruppe schon besteht, das weiß niemand mehr. Manche machen sich bereits seit 20 Jahren und länger wöchentlich auf den Weg.

„Vor dem Reinholt gab es die Gruppe auch schon. Ich glaube, der Wanderführer hieß Karl-Heinz“, erinnert sich ein Mann. Er selbst las vor zwei Jahrzehnten im Programm des Wilhelm-Hansmann-Hauses (WHH) von dem Angebot. Heute wirbt das Haus in seiner Broschüre nicht mehr mit der Wandergruppe.
Jürgen Steinmann mailt die Liste regelmäßig ans WHH, wo sie ausgedruckt wird. Die Zettel zum Mitnehmen mit der Quartalsübersicht der Touren stehen in einer Box auf dem Empfangstresen im Foyer, nicht gleich ins Auge springend, mehr ein wenig zurückhaltend am kurzen Ende vor der Wand.
Kostenlos und sorglos – Teilnehmende kommen nur fürs Ticket auf
Doch die fehlende Werbung, auch in der Zeitung steht nie eine Ankündigung, schadet dem Begegnungs- und Bewegungsangebot nicht. Üblicherweise sind gut 20 Personen unterwegs und „wir waren auch schon über 30“, so Brigitte Frauenrath. Mund-zu-Mund-Propaganda sorgt immer wieder für Neuzugänge.

Wer am Ende der Tour nicht mit einkehren möchte, verabschiedet sich vorher. Andere bleiben auch anschließend noch zusammen für einen Einkaufsbummel oder einen Cafébesuch. Paare haben sich in all den Jahren in der Gruppe gefunden, Freundschaften entstanden, wie die der vier Frauen, die jetzt gemeinsam urlauben.
Die Teilnahme an den Wanderungen ist kostenlos, nur die Fahrtickets müssen alle für sich bezahlen. Die meisten sind im Besitze des Deutschlandtickets. Wie auch Jürgen Steinmann. Für ihn macht es sich bezahlt – schon allein auf jeder Dienstfahrt an jedem Dienstag von und nach Ennepetal.

Mehr Informationen und weitere Termine:
- Zur Teilnahme an den Wanderungen wird jeden Dienstag eingeladen. Die Strecken sind maximal 14 Kilometer lang, meist jedoch kürzer. Das Tempo wird mit 3,5 Kilometer pro Stunde angegeben. Steigungen sind kaum zu bewältigen. Eine Anmeldung ist nicht nötig, nur das pünktliche Erscheinen an den Treffpunkten.
- Am 14. Oktober 2025 geht es um 9.45 Uhr auf der Brücke über dem Hörder Bahnhof los. Ziel ist Aplerbeck. Die Einkehr im Lokal Platia vorgesehen.
- Am 21. Oktober ist um 10.15 Uhr Start an der Asselner Kirche, zu erreichen von der S-Bahn-Haltestelle Asseln-Mitte. Von dort geht es nach Husen mit Einkehr im Café Vorwerk. Nach der Pause führt der Weg weiter nach Scharnhorst.
- Am 28. Oktober fährt die Gruppe nach Castrop-Rauxel. Die S-Bahn 2 dorthin fährt um 9.47 Uhr von Gleis 6 des Dortmunder Hauptbahnhofs. Gewandert wird durch den Gysenberg nach Herne. Einkehr ist im Brauhaus geplant. Treffpunkt ist etwa zehn Minuten vorher in der Bahnhofshalle vor Rossmann.
- Am 4. November geht es erneut in den Westen nach Westerfilde. Abfahrt um 9.47 Uhr mit der S 2 von Gleis 6 des Dortmunder Hauptbahnhofs. Von Westerfilde führt der Weg zum Hof Menken. Treffpunkt ist zehn Minuten vor Abfahrt in der Bahnhofshalle vor Rossmann.
- Der Plan mit allen Wanderungen bis zum Jahresende ist im Wilhelm-Hansmann-Haus zu erhalten.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!
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