
Der mobile Ausstellungstruck des bundesweiten Projekts „In Echt?“ macht derzeit Halt in Dortmund. Bis Samstag dem 6. September, können Besucher:innen vor dem Deutschen Fußballmuseum in eine besondere Form der Erinnerungskultur eintauchen. Am 5. September steht der Truck stattdessen an der Kampstraße/ Ecke Katharinnenstraße. Herzstück der Ausstellung sind Virtual-Reality-Interviews mit fünf jüdischen Überlebenden der NS-Verfolgung: Ruth Winkelmann, Kurt Hillmann, Charlotte Knobloch, Inge Auerbach und Leon Weintraub.
Virtuell Zeitzeug:innen gegenübertreten und Fragen stellen
Die aufgezeichneten Gespräche ermöglichen es, den Zeitzeug:innen virtuell gegenüberzutreten und per Blicksteuerung Fragen auszuwählen. Ergänzt wird das Erlebnis durch analoge und digitale Stationen, die die Biografien der Überlebenden sowie die Entstehung der Aufnahmen beleuchtet.

Zur Vorstellung sprachen unter anderem Friedhelm Evermann, Sonderbeauftragter für Vielfalt, Toleranz und Demokratie der Stadt Dortmund, sowie Katja Melzer, Direktorin des Brandenburger Museums. Melzer schilderte, wie die Idee für das Projekt entstand: „Wir standen vor der Frage, wie wir damit umgehen, dass Zeitzeug: innen nicht mehr erzählen können.“
Zusammen mit der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF wurde das Projekt schließlich realisiert. Auf Grundlage der im Archiv der Universität hinterlegten Rohaufnahmen von Interviews mit NS-Überlebenden wurden ausgewählte Sequenzen zu einer Virtual-Reality-Anwendung aufbereitet.
Evermann betont die Bedeutung der Verbindung von immersiven Bildern und Zeitzeugengeschichten: „So eine Mischung kann spannend sein, trotz der tiefen Thematik. So gerät Geschichte nicht in Vergessenheit.“ Als weiteren Ort der Erinnerungskultur und Toleranz in Dortmund nannte er die Steinwache.
Projekt agiert als zentrales Bildungsangebot für Schulklassen
Ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung ist das Workshop-Angebot für Schulklassen der Jahrgangsstufen 9 bis 13. Die Jugendlichen erhalten zunächst eine Einführung in die NS-Zeitzeugenschaft und lernen anschließenden die technologischen Grundlagen der Aufnahmen kennen.

An bis zu sieben Stationen können sie die Potenziale und Grenzen virtueller Zeitzeugenschaft untersuchen und reflektieren, welche Rolle sie künftig für Geschichtsvermittlung und Erinnerungskultur spielen kann.
Olga Preiss vom Tourmanagement berichtet von durchweg positiven Erfahrungen: „Die Begegnungen gehen den Kindern sehr nah. Einige vergleichen die Gespräche mit Gesprächen mit ihren Großeltern.“
Rabbiner Avigdor Nosikov: „Erinnerungskultur darf nicht verloren gehen“
Der erste Workshop in Dortmund sei erfolgreich verlaufen. Wenn Schüler: innen bereits Vorwissen aus dem Unterricht mitbringen, sei die Hemmschwelle geringer.

Aber auch Jugendliche ohne Vorkenntnisse könnten hier ihre ersten Berührungspunkte mit dem Thema machen, erklärt Preiss.
Auch die jüdische Kulturgemeinde Dortmund unterstützt das Projekt. Avigdor Nosikov, Rabbiner der Gemeinde, betont:
„Viele junge Menschen kennen die Geschichte des Holocausts nicht mehr, und das darf nicht passieren. Es liegt in unserer Verantwortung, die Erinnerungskultur zu bewahren.“
Der Truck hat am 5. September von 16:30 Uhr bis 18:30 Uhr und am Samstag, den 6. September von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Die Teilnähme ist kostenfrei.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!
Mehr auf dazu auf Nordstadtblogger:
Dortmund feiert die Eröffnung einer jüdischen Grundschule zum Start des neuen Schuljahres
„Ich hatte nicht geglaubt, dass es in Dortmund wieder ein aktives jüdisches Leben geben wird“