
Das Projekt „Gewalten Formen“, eine mobile Installation von Klara Kron und Franci Schönhöfer, ist ab Samstag, den 15. November 2025, im öffentlichen Raum Dortmunds zu sehen. Die im Rahmen ihres Masterabschlusses im Fach Szenografie und Kommunikation entstandene Arbeit setzt sich mit Strukturen patriarchaler Gewalt auseinander und verbindet damit Kunst und Politik. Zu sehen ist die Installation bis zum 26. November 2025, unter anderem am Stadtgarten, Mehmet-Kubasik-Platz, an der Möllerbrücke und in der Emil-Figge-Straße. Unterstützt wird das Projekt vom Kulturbüro und durch die Frauenberatungsstelle Dortmund.
Wut als Antrieb, um auf die Missstände aufmerksam zu machen
In Deutschland erlebt nach Dunkelfeldstudien etwa jede dritte Frau mindestens einmal im Leben körperliche und/oder sexualisierte Gewalt – mehr als 12 Millionen Frauen. Jeden zweiten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet, wie Statistikdaten aus 2023 zeigen. Ein Thema, das aus der Sicht von Klara Kron und Franci Schönhöfer mehr Gehör finden sollte.

Aus diesem Grund haben sie sich im Rahmen ihres Abschlussprojekts im Masterstudiengang Szenografie und Kommunikation an der FH Dortmund mit diesem Thema im Projekt „Gewalten Formen“ auseinandergesetzt.
„Ich habe vorher schon ein paar Projekte dazu gemacht, deshalb fiel die Wahl auf das Thema ziemlich schnell“, erzählt Schönhöfer. Gepaart ist das Ganze mit der Wut, die zugleich als Antrieb dient – Wut darüber, dass das Thema in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen oder mit Gleichgültigkeit betrachtet wird, fügt die Studentin hinzu.
„Ich glaube, bei mir kam das vor allem dadurch, dass in Dortmund so viele Femizide passiert sind. Das hat einfach eine krasse Wirkung in der Nachbarschaft gehabt, gerade, weil das ja teilweise im eigenen Wohnumfeld, passiert ist“, so Kron. „Je mehr wir uns damit beschäftigt haben, desto dringlicher wurde das alles. Man merkt, wie groß das Problem ist und wie sehr es ignoriert wird. Ich glaube, das war letztlich auch unser Antrieb.“
Zusammenspiel zwischen Mahnmal und Informationsträger
Für ihr Projekt haben Kron und Schönhöfer zunächst überlegt, welchen Schwerpunkt und welche Mechanismen patriarchaler Gewalt sie setzen möchten. Schnell wurde ihnen jedoch klar, dass sie keinen einzelnen Aspekt herausgreifen, sondern die Zusammenhänge verschiedener Gewaltformen sichtbar machen wollten. „Also wenn man sich so eine Gewaltpyramide vorstellt, das visualisiert das ja sehr gut. Und uns war wichtig, dieses Komplexe zu zeigen, dass diese Gesamtheit der Gewalt in unterschiedlichen Formen existiert“, erklärt Schönhöfer.

Die Installation besteht aus einem mobilen Holzgerüst, das aus vier Modulen zusammengesetzt ist. Das etwa drei Meter hohe, orange-rote Gerüst erinnere im aufgebauten Zustand an einen Turm – bewusst, wie die Studentinnen erklären.
Ein Leuchtturm diene beispielsweise als Orientierung und erzeuge Aufmerksamkeit. Ebenso habe die Idee einer Litfaßsäule mitgespielt, die sich ins Stadtbild einfügt und Informationen vermittelt, führt Schönhöfer weiter aus.
Die Außenflächen sind mit Statements, Informationen und typischen Mythen rund um das Thema Gewalt bedruckt, beispielsweise Sätze wie „Jeder kennt Betroffene, aber niemand einen Täter“ oder „Täter sind immer Monster“, die mit Fakten widerlegt werden. „Das ist ein bisschen ein Hybridformat. Aus der Ferne wirkt es eher wie ein Mahnmal, wenn man jedoch näher herangeht, hat es etwas Informatives“, so Kron.
„Das Wissen aus den Büchern herauszuholen und in den öffentlichen Raum zu bringen“
Dass das Projekt nicht für eine Ausstellung im geschlossenen Raum aufgearbeitet wurde, ist eine bewusste Entscheidung der Studentinnen gewesen. „Wir wollten bewusst aus dieser Kunst-Bubble ausbrechen“, erklärt Schönhöfer. „Wenn man in einer Galerie oder einem Museum ausstellt, erreicht man meist Menschen, die sich ohnehin schon mit solchen Themen beschäftigen.“ Vielmehr wollten sie das Projekt in einem Umfeld zeigen, in dem Menschen spontan damit konfrontiert werden.

Auch wenn sie den Umfang der Thematik deutlich eingrenzen mussten. So berichtet Schönhöfer, dass sie sich zu Beginn von der Größe und Komplexität des Problems erschlagen fühlten.
„Das ist so eine andere Form, als wenn man jetzt ein Buch darüber schreibt, wo man alles ausführlich darstellen kann“, erklärt Kron. Sie ergänzt, dass genau darin eine der größten Herausforderungen lag: zu entscheiden, wo man anfängt und wo man aufhört.
Zugleich sehen sie genau darin aber auch das Potenzial des Projekts. „Menschen, die sich sonst vielleicht kein Buch zu dem Thema durchlesen würden, können so trotzdem ein paar Sätze oder Eindrücke mitnehmen. Die Idee war, das Wissen aus den Büchern herauszuholen und in den öffentlichen Raum zu bringen“ so Kron.
Weiterführung des Projektes ist bereits geplant
Wenn auch das Projekt bis zum 26. November 2025 im öffentlichen Raum zu sehen ist, planen Kron und Schönhöfer, das Projekt darüber hinaus weiterzuführen und über Dortmund hinaus zu zeigen.

So überlegen sie, ein Rahmenprogramm zu entwickeln, das jeweils einen anderen Schwerpunkt setzt und Expert:innen einbindet, indem ihnen eine Stimme gegeben wird.
Für den Auftakt der Ausstellung des Projekts erhoffen sich die beiden jedoch, dass Passant:innen stehen bleiben, etwas lesen und vielleicht neue Erkenntnisse gewinnen. Außerdem sehen sie das Projekt als Gelegenheit, auf sexistische Sprache oder alltägliche Denkweisen aufmerksam zu machen und Menschen zu ermutigen, problematische Formulierungen oder Verhaltensweisen anzusprechen. Schon allein die Wahrnehmung der Arbeit im öffentlichen Raum betrachten sie dabei als wichtigen Erfolg.
Alle Termine in Dortmund im Überblick:
- 15.11. Stadtgarten, Ausgang Friedensplatz I 15:00 – 19:00 Uhr
- 20.11. Mehmet-Kubasik-Platz I 12:00 – 19:00 Uhr
- 25.11. Sonnenplatz, an der Möllerbrücke I 12:00 – 19:00 Uhr (Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen)
- 26.11. Emil-Figge-Straße 40a, vor der kostBar I 10:00 – 17:00 Uhr
Mehr dazu auf Nordstadtblogger:
Fast jeden Tag wird in Nordrhein-Westfalen eine Frau getötet, nur weil sie eine Frau ist
Jahrelange Gewalt endete in einem Femizid: Ehemann von Sara D. wegen Mordes verurteilt

