
Das Netzwerk für Antidiskriminierungsarbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW (ada.nrw) verzeichnet im Jahr 2024 deutlich mehr Diskriminierungsfälle. Dortmund liegt sogar über dem Landesdurchschnitt. Das geht aus dem jetzt veröffentlichten Jahresbericht 2024 vor. Besonders häufig wird rassistische Diskriminierung gemeldet – doch viele Betroffene fallen weiter durch gesetzliche Schutzlücken. Das Netzwerk ada.nrw und der Planerladen gGmbH in Dortmund fordern daher Reformen und stabile Finanzierungsstrukturen.
Mehr Diskriminierungsfälle – auch in Dortmund steigt die Zahl
Im vergangenen Jahr haben die landesweit 42 ADA-Beratungsstellen insgesamt 1.043 neue Diskriminierungsfälle dokumentiert. Das entspricht einem Anstieg um rund 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das deckt sich auch mit den Erfahrungen der Beratungsstelle der Planerladen gGmbH.

„Bei uns haben die Anfragen um 18 Prozent im vergangenen Jahr zugenommen und liegen damit noch leicht über dem Landesdurchschnitt“, erläutert Regina Hermanns von der Dortmunder Antidiskriminierungsstelle, die sich mit rassistischer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt beschäftigt. Die dokumentierten Fälle sind laut Netzwerk nur die „Spitze des Eisbergs“ – die Dunkelziffer sei hoch.
In diesem Zusammenhang weist Anne Schlösser, Geschäftsführerin der Planerladen gGmbH und Trägerin der Beratungsstelle, auf die Wichtigkeit der Dokumentation hin: „Mit ihren Analysen und Falldokumentationen liefern die ADA-Jahresberichte einen wertvollen Beitrag zur Sichtbarmachung der Dimensionen und Ausprägungen von Diskriminierung und Rassismus in den zentralen Handlungsbereichen unserer immer mehr von Vielfalt geprägten Gesellschaft.“
Minderheiten werden für gesellschaftliche Krisen verantwortlich gemacht
Zunehmend ereignen sich immer mehr Fälle in der Öffentlichkeit. Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit manifestierten sich dort besonders häufig – teils offen verbal oder körperlich. Die Zahlen machen eine gesellschaftliche Spaltung deutlich. Ideen, die manche Menschen abwerten, finden immer mehr Platz.

Rassismus bleibt mit knapp 70 Prozent die häufigste Diskriminierungsform. Besonders häufig traten dabei Antimuslimischer Rassismus (39,1 Prozent) und Anti-Schwarzer Rassismus (22,8 Prozent) auf. Auch Antisemitismus nahm 2024 deutlich im Vergleich zum Vorjahr zu und machte 6,8 Prozent aller dokumentierten Fälle aus – ein großer Anteil, bedenkt man die Größe der betroffenen Community.
Überdies zeigen die Zahlen: Mehr als die Hälfte aller dokumentierten Fälle fielen nicht in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Besonders betroffen sind Menschen, die Diskriminierung im Bildungsbereich oder durch Behörden erleben – Bereiche, die bislang kaum rechtlich geschützt sind, weil sie vom AGG nicht abgedeckt werden.
Beratungsstellen fordern gesetzliche Nachbesserung
Vor diesem Hintergrund fordert das Netzwerk ada.nrw grundlegende Reformen. Neben der Erweiterung des Antidiskriminierungsrechts soll ein starkes Landesantidiskriminierungsgesetz für NRW geschaffen werden, das insbesondere Diskriminierung durch staatliche Stellen erfasst und. Zusätzlich wird die Einrichtung einer Ombudsstelle auf Landesebene gefordert.

Auch der Planerladen setzt sich aktiv für rechtliche Verbesserungen ein. Anfang des Jahres startete die Kampagne „Fair vermieten. Diskriminierung verbieten.“, die auf notwendige Reformen des AGG aufmerksam macht und die Anpassungen für einen starken Diskriminierungsschutz fordert.
„Denn in seiner aktuellen Fassung bietet das Gesetz zu viele Schutzlücken, die Diskriminierung Tür und Tor öffnen und es Betroffenen erschwert, das ihnen zustehende Recht einzufordern“, erläutert Hermanns. Die Beratungsstellen stoßen dadurch an strukturelle Grenzen.
Wichtige Demokratiearbeit braucht finanzielle Sicherheit
Bis zum Ende des vergangenen Jahres hatten die Beratungsstellen vom Land NRW keine finanziellen Mittel zur Fortführung ihrer Arbeit im laufenden Jahr erhalten. Die Vorfinanzierung setzte kleinere Träger stark unter Druck und zwang sie teilweise sogar zur Aufgabe ihrer Angebote.
„In den Zeiten zunehmenden Rechtspopulismus, in denen wir gerade leben, ist ein kontinuierliches Beratungsangebot umso wichtiger. Die Träger brauchen dafür verlässliche Rahmenbedingungen und finanzielle Sicherheiten. Oftmals können Fachkräfte aufgrund dieser Unsicherheiten jedoch nicht gehalten werden. Damit gehen nicht nur unerlässliche Qualifikationen und direkte, persönliche Kontakte verloren, sondern es bedeutet auch einen Vertrauensverlust in die Communities“, appelliert Planerladen-Geschäftsführerin Anne Schlösser an die Verantwortlichen.
Die Beratungsstellen für Antidiskriminierungsarbeit in NRW sind wichtige Anlaufstellen bei Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung. Wer Diskriminierung erlebt, findet den passenden Kontakt in der Region unter: www.ada.nrw. In Dortmund gibt es neben der Beratungsstelle beim Planerladen (Schwerpunkt Rassismus auf dem Wohnungsmarkt) mit ADIRA (Antisemitismus, rassistische Diskriminierung) und Train of Hope (antimuslimischer Rassismus und Queerfeindlichkeit) zwei weitere Anlaufstellen.
Mehr Informationen:
- Der Jahresbericht ada.nrw 2024 ist abrufbar unter: https://www.ada.nrw/jahresbericht-2024.