Die Denkmalbehörde in Dortmund sucht Geschichten zum Bunker „Danziger Freiheit“

Der Tiefbunker öffnet zum Tag des offenen Denkmals für Führungen

Spannende Einblicke gibt es im ansonsten verschlossenen Tiefbunker „Danziger Freiheit“. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Es gibt Denkmäler, die sind unbekannt. Oder sind nicht zugänglich. Eines der größten und weitgehend unbekannten Baudenkmäler ist der Tiefbunker „Danziger Freiheit“. Aus Sicherheitsgründen ist dieser seit Jahrzehnten verschlossen. Beim Tag des offenen Denkmals ändert sich das – an diesem Wochenende.

Der Tiefbunker öffnet zum Tag des offenen Denkmals die Tür für Führungen

Der unscheinbare Zugang an der Bornstraße. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Die Untere Denkmalbehörde und das Vermessungs- und Katasteramt nehmen den Tiefbunker „Danziger Freiheit“ gerade genau unter die Lupe. Die Denkmalschützer:innen wollen mehr über die Geschichte des Bunkers erfahren und suchen nach Zeitzeug:innen.

Am Samstag und Sonntag (13./14. September) gibt es Führungen. Der Bunker liegt etwas versteckt und von Efeu berankt an der Bornstraße hinter dem Fritz-Henßler-Haus. Der Tiefbunker „Danziger Freiheit“, benannt nach dem Platz, den es an dieser Stelle einmal gab.

Viele Hoch- und Tiefbunker, Luftschutzstollen und Luftschutzkeller wurden in Dortmund während des Zweiten Weltkriegs von Zwangsarbeiter:innen und bergmännischen Fachkräften errichtet. Die „Danziger Freiheit“ ist einer davon und wurde 1941 gebaut.

Nur wenige Meter unter der Erde

Die „Danziger Freiheit“ liegt nur wenige Meter unter der Erde – im Gegensatz zum großen Tiefstollen unter der City und vielen anderen. Warum er nicht tiefer gebaut wurde, ist noch nicht geklärt.

Ingmar Luther ist Leiter der Unteren Denkmalbehörde. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

„Letztendlich ist er ein rechteckiger Schutzraum, der in den Boden eingebracht wurde“, sagt Ingmar Luther, Leiter der Unteren Denkmalbehörde.

Mit einer Größe von 30 mal 36 Metern und einer Fläche von gut 1.000 Quadratmetern, konnte der Bunker etwa 1.200 bis 2.000 Menschen beherbergen.

Zum Ende des Krieges wurden die Anlagen durch Zerstörung weniger, die Bunker waren dann überbelegt. „In Spitzenzeiten waren hier über 3.000 Menschen untergebracht“, berichtet Luther.

Unsichtbarer Schutz unter der Stadt

Der Zugang zur „Danziger Freiheit“ erfolgte über drei Schleusen bzw. Druckluftkammern. Bei geschlossenen Türen ging der Druck einer Bombe also abgemildert durch die Räume. Die Anlage ist zudem so verschachtelt, dass eine Druckwelle immer wieder umgeleitet und so mit jeder Kurve immer schwächer wurde.

Ungewohnte Einblicke bieten die Führungen. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Damit der Sauerstoff bei Luftangriffen nicht ausging, waren die Schleusen an Abluftanlagen angebunden. Die „Danziger Freiheit“ hatte eine elektrische und eine manuelle Belüftung. Bei Luftalarm wurden die Luftschächte verschlossen, so dass sie einen möglichen Überdruck kompensieren konnten.

Der Bunker hat rund 80 Räume mit einer Größe von etwa 6 Quadratmetern. Neben den Schlafräumen gab es auch Gemeinschaftsküchen und Bäder für Männer und Frauen. Die Menschen konnten duschen, es gab eine zusätzliche Wasserzufuhr für die Toiletten. Ein Brunnen versorgte die Bewohner*innen mit Frischwasser, es gab auch eine Heizungsanlage.

Ingmar Luther ist froh über die vielen authentischen Funde: „Hier sind noch Zeitungsausschnitte aus den 60er-Jahren zu finden, Schuhe und Lebensmittel in einzelnen Räumen, Schnapsgläschen, eine Pappschachtel für Rasierklingen, sogar die Emaille-Schilder der elektrischen Anlage sind noch komplett. Damit können wir die Hersteller der Pumpen herausfinden.“

Gab es einen tödlichen Bombenangriff auf den Bunker?

Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Hinterlassenschaften, die die Archäologen im Bunkergesichert haben.Ein Zeitzeuge berichtete, dass es am 6. Oktober 1944 zu einem tödlichen Bombenangriff gekommen sein soll. Dabei sollen vor allem viele Kinder umgekommen sein. „Ich kann aber keine Spuren eines schweren Angriffs am Bunker erkennen, weswegen wir nicht sagen können, ob diese Aussage wirklich stimmt“, erklärt Luther.

Man müsse sich dazu noch einmal genauer die Bausubstanz anschauen, ob Spuren eines größeren Bombenangriffs zu finden sind. „Es könnte auch sein, dass die Bombe vor dem Objekt detoniert ist und dann durch die entstandene Druckwelle Kinder verstorben sind.“ Der Druck einer Bombe am Bunkereingang könnte zu Lungenrissen geführt haben.

Nutzung noch nach Kriegsende und Mahnmal für die Zukunft

Nach dem Krieg diente der Bunker bis weit in die 1950er-Jahre als Übernachtungsstelle. Denn der Krieg hatte die Dortmunder Innenstadt in Trümmer gelegt. Sie war zu 92 Prozent zerstört, entsprechend viele Menschen hatten kein Dach mehr über dem Kopf.

Hinterlassenschaften, die die Archäologen im Bunkergesichert haben. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Pro Jahr gab es etwa 60.000 bis 80.000 Übernachtungen. „Das Deutsche Rote Kreuz hatte diese Bunker angemietet und darin die Menschen versorgt“, so Ingmar Luther.

Luther betont: „Selbst, wenn ein Krieg beendet ist, sind die Folgen noch lange sicht- und spürbar. Die Menschen lebten auf Schuttbergen. Wir sollten uns bewusst machen, was es bedeutet, wenn Krieg herrscht.“ Erst 1961 wurde die Anlage stillgelegt.

Zeitzeug:innen und persönliche Geschichten gesucht

Der Zahn der Zeit – vor allem die Feuchtigkeit – nagt an der Technik. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Ingmar Luther kann sich vorstellen, den Bunker häufiger für Besucher*innen zu öffnen, um die Folgen eines Krieges anschaulich und erlebbar zu machen. „Diese Anlage ist rein städtisch. Hier könnten wir großartige Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit anbieten“, so Luther.

Dafür sucht Luther Geschichten von Zeitzeug*innen, die erzählen, wie es ihnen hier ergangen ist – sowohl während der Luftangriffe im Krieg, als auch später beim Übernachten, als Dortmund in Trümmern lag.

Auch die Menschen vom Roten Kreuz, die mit dieser Anlage zu tun hatten, können etwas erzählen. All das soll gesammelt und aufbereitet werden. Wer dazu Kontakt mit der Denkmalbehörde aufnehmen will, meldet sich am besten per Mail: denkmalbehoerde@dortmund.de.

Führungen durch den Bunker und Kunst beim Tag des offenen Denkmals

Beim „Tag des offenen Denkmals“ wird sich zeigen, wie groß das Interesse der Dortmunder*innen an dem Bunker ist. Bei Insidern ist die „Danziger Freiheit“ ein beliebter „Lost Place“.

Studierende setzen sich mit der Geschichte und dem Raum auseinander. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Am Samstag und Sonntag (13. und 14. September) bietet die Denkmalbehörde die Gelegenheit, sich selbst ein Bild von dem Innenleben zu machen: Am Samstag von 10 bis 15.15 Uhr und am Sonntag von 13. Sep 2025 10 bis 17 Uhr.

In neun der Räume in der Danziger Freiheit präsentieren Studierende des Fachbereichs Design der Fachhochschule Dortmund eine Kunstausstellung. Einige Arbeiten greifen die Vergangenheit des Schutzraumes im Zweiten Weltkrieg auf, andere thematisieren die Nachnutzung als Übernachtungsstelle.

Einer der experimentellen Räume in Form einer Pilzlandschaft. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Darüber hinaus öffnen die Studierenden abstrakte, experimentelle Räume, etwa in Form einer Pilzlandschaft oder eines „Alien-Raums“. Auch Themen wie mentale Gesundheit und psychische Belastung werden aufgegriffen.

Mit Licht- und Soundinstallationen, fotografischen Arbeiten sowie raumgreifenden Inszenierungen entsteht so ein intensives Wechselspiel von Geschichte, Gegenwart und Imagination. Die Ausstellung lädt dazu ein, sich auf die besondere Atmosphäre des Ortes einzulassen – zwischen Vergangenheit, Gegenwart und künstlerischer Freiheit.

Virtueller Rundgang in der Zukunft

Vermessungsingenieure der Stadt haben den Bunker mit Spezialtechnik untersucht, der nichts entgeht. Auf den hochauflösenden Bildern wird man zum Beispiel erkennen können, wie feucht die Wände tatsächlich sind oder wie stark der Verfall an verschiedenen Stellen ist. Auch ein virtueller Rundgang fürs Internet soll entstehen. Denn die Danziger Freiheit, dieser besondere Ort der Geschichte, kann nicht immer geöffnete Türen haben.

 


Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

Unterstütze uns auf Steady

 Mehr auf dazu auf Nordstadtblogger:

„Wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich?“ ist Thema beim Tag des offenen Denkmals

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert