Nach 37 Jahren ein schönes Bekenntnis von Pfarrer Ekkehard Brach: „Die Gemeinde war mein Hobby“

Am 28. September wird er in einem feierlichen Gottesdienst verabschiedet:

Über 37 Arbeitsjahre war Pfarrer Ekkehard Brach in ein und derselben Kirchengemeinde in der Nordstadt tätig. Fotos: privat

Von Susanne Schulte

Wenn Ekkehard Brach Ende des Monats verabschiedet wird, dauert das anschließende Beisammensein bestimmt dreimal so lang wie der Gottesdienst. Über 37 Arbeitsjahre in ein und derselben Gemeinde gibt es viel zu reden und viele Erinnerungen auszutauschen. Ekkehard Brach ist zurzeit Dortmunds dienstältester Pfarrer. Auch nach den 37 Jahren will er unbedingt eines: zusammen mit seiner Frau in der Nordstadt wohnen bleiben. Am liebsten im Hafenviertel.

Weil die Gemeindeglieder nicht in die Kirche kamen, ging er in die Kneipe

Die Dortmunder Nordstadt – hier wollte er 1988 seine erste Pfarrstelle übernehmen. „Ich war ein Sozialromantiker“, erzählt er heute. Geprägt durch Kollegen, vor allem durch den als Arbeiterpfarrer bekannten Superintendenten des Kirchenkreises Gladbeck-Bottrop-Dorsten, Helmut Disselbeck, den Brach während seines Vikariats in Dorsten sehr schätzen lernte, wollte er eine Arbeiterpfarrei übernehmen.

Pfarrer Ekkehard Brach im Garten des Gemeindehauses – die Schatten der Pauluskirche. Foto: Susanne Schulte für Nordstadtblogger.de

Wie ernst es ihm damit war, bewies er noch in einem zusätzlichen Sondervikariat in Villigst, der evangelischen Bildungsstätte an der Ruhr, mit dem Schwerpunkt Kirche und Arbeit. Als er von der zu besetzenden Pfarrstelle in der Paulusgemeinde hörte, bewarb er sich sofort.

Bei einer Rundfahrt durchs Quartier habe sein damaliger Kollege auf drei Einrichtungen hingewiesen: „Bordell, Moschee, Arbeitslosenzentrum.“ Damit sei für ihn klar gewesen: „Hier will ich hin.“

Nach Dienstantritt dann kamen die Zweifel an seiner sozialromantischen Einstellung: „Ich habe gedacht, ich gehe auf die Leute zu, die finden mich gut und kommen dann in die Kirche.“ Das war nicht so. „Die Gemeinde war kirchenfern.“

Schwieriger Start: „Experimente waren nicht gewünscht“

Ja, es habe ein reges Leben in der Gemeinde außerhalb der Kirche mit Pfadfindern und in Jugend- und Musikgruppen gegeben, mit den Konfirmand*innen – „Damals waren das drei Gruppen pro Jahrgang“ – und bei den Gemeindefesten, aber viele der Menschen, die da so aktiv waren, kamen sonntags nicht zum Gottesdienst. „Paulus war eine extrem konservative Gemeinde“, erinnert sich Brach. „Mein Kollege damals predigte immer genau 30 Minuten.“ Das muss man sich anhören wollen. „Experimente waren nicht gewünscht.“

Die Pfarrer*innen Birgit Worms-Nigmann, Ekkehard Brach und Carola Theilig.
Die Pfarrer:innen Birgit Worms-Nigmann, Ekkehard Brach und Carola Theilig. Foto: Susanne Schulte für Nordstadtblogger.de

Nach einem halben Jahr, so der damals desillusionierte Pfarrer, „habe ich überlegt, abzuhauen“. Doch der gebürtige Bochumer hielt durch. Wenn die Nachbarschaft nicht in die Kirche kam, musste er zur Nachbarschaft gehen.

In der Gaststätte Kronentreff an der Kirchenstraße verbrachte er, zu der Zeit noch alleinlebend, manchen Abend, sang im Chor mit, lernte Gitarren zu spielen und steckte viel Energie in die Arbeit mit dem Konfirmand*innen.

Wenig später änderte sich vieles in den fünf evangelischen Gemeinden der Nordstadt. Unter anderen mit Birgit Worms-Nigmann und Carola Theilig kamen neue Kolleginnen dazu. Später verstärkte das Ehepaar Sandra und Friedrich Laker den Kreis.

„Wir waren alle gleich alt und feierten gemeinsame Nordstadtgottesdienste.“ Dann fusionierten die Lukas-, Luther- und Johannesgemeinde zur Friedensgemeinde, seit 2007 gibt es nur noch eine evangelische Gemeinde in der Nordstadt, die Lydiagemeinde.

Brach ist stolz auf zwei Projekte: auf den Talk to Heaven und den Gospelchor

Dem letzten Zusammenschluss gewinnt Ekkehard Brach viel Positives ab: „Wir hatten die selben Vorstellungen, wie Gemeindearbeit laufen sollte. Es war eine Freude, mit Birgit, Carola und den Lakers zusammen zu arbeiten.“

Der „Talk to Heaven“ wird vom Gospelchor unter Leitung von Ulrich Naumann gestaltet.
Der „Talk to Heaven“ wird vom Gospelchor gestaltet. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Bereits Jahre zuvor machte ein Projekt der Nordstadt-Gemeinden von sich reden: Talk to Heaven, auf Deutsch: Gespräch mit dem Himmel. „Darauf bin ich stolz, zusammen mit den Lakers dieses Format gestartet zu haben.“ Noch heute erinnert er sich an den Titel der ersten Veranstaltung, zu der 1998 eingeladen wurde: „Was würde Jesus zu Ottmar Hitzfeld sagen?“. Die Johanneskirche sei dafür im Innern zum Westfalenstadion umgebaut worden.

Die zweite Sache, die ihn mit Stolz erfüllt, ist die Gründung des Gospelchores im Jahr 2001. Die Leitung hatte von Beginn an Heike Winter, die auch seine Gitarrenlehrein war und die im Frühjahr dieses Jahres unerwartet starb. Auf sie und alle anderen Kolleg*innen in der Gemeinde lässt er nichts kommen: „Wir sind so gesegnet mit Mitarbeiter*innen, haupt- wie ehrenamtlichen“, schwärmt er.

Jetzt muss er kein Spiel der Frauen der SGS Essen mehr versäumen

So sehr Ekkehard Brach die Dortmunder Nordstadt und die Gemeinde mag, das Team, das er auf dem Fußballplatz anfeuert, ist die Bundesliga-Frauenfußball-Mannschaft SGS Essen. Ja, früher habe er eine Dauerkarte für den VfL Bochum gehabt. „Aber vom Männerfußball bin ich lange weg.“

Der nächste Abschied steht an: Nach Pfarrerin Birgit Worms-Nigmann geht jetzt Ekkehardt Bracht. Das Pfarrer-Ehepaar Laker hält alleine die Stellung. Klaus Hartmann für nordstadtblogger.de

Ist er im Ruhestand, kann er sich zudem intensiver mit der Geschichte der Nordstadt beschäftigen, mit dem Lesen und mit dem Sammeln von Briefmarken. Dass er während des Arbeitslebens wenig Zeit für seine Leidenschaften hatte, störte ihn nie. „Mein Hobby ist die Gemeinde.“

Der Abschiesgottesdienst für Ekkehard Brach beginnt am Sonntag, 28. September, um 11.30 Uhr in der Pauluskirche an der Münsterstraße. Nein, so lange wie der für Kollegin Birgit Worms-Nigmann werde der Gottesdienst nicht dauern.

Nach anderthalb Stunden sei Schluss, so habe er das mit dem Vorbereitungsteam ausgemacht. Dann ist sicher auch der Grill im Garten schon auf die richtige Temperatur gebracht. Wer nach dem gemütlichen Teil noch nicht nach Hause gehen möchte, bleibt vor Ort. Um 15 Uhr beginnt das Rockkonzert mit der Paulus-Band. Diese Veranstaltung hatte sich Ekkehard Brach ausdrücklich zum Abschied gewünscht.


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