Als Geflüchteter aus dem syrischen Daraa zum Versicherungskaufmann in Dortmund-Eving

SERIE (7): „Wir haben es geschafft “ - Omar Alfarhan berichtet:

Rückkehr ist für den 31-Jährigen keine Option: „Ich fühle mich als Deutscher“, betont Omar Alfarhan. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

„Es war kein Ort für Entwicklung.“ So beschreibt der 31-jährige Omar Alfarhan rückblickend sein Leben in Syrien. Im Jahr 2015 floh er aus Daraa in Syrien vor dem Krieg nach Deutschland. Sein erster Eindruck von Deutschland war sehr positiv. Nur die deutsche Sprache empfand er zunächst als befremdlich und fragte sich, ob er sie überhaupt würde lernen können. „Ich bin aber anpassungsfähig und engagiert. Nach zwei Jahren konnte ich dann Deutsch sprechen.“

Fehlende Anerkennung der Zeugnisse – Abschluss neu gemacht

Dabei half ihm unter anderem eine Gruppe von Ehrenamtlichen, die sich nach der Arbeit mit ihm und anderen Geflüchteten traf, um die Sprachkenntnisse zu verbessern. Doch es ging nicht nur um Sprache: Neben den Kursen gingen sie auch Fußballspielen oder machten gemeinsam Spaziergänge. „Ich bin sehr dankbar, dass wir so gut aufgenommen wurden“, berichtet der 31-jährige.

Omars syrischen Schulabschluss erkannten die deutschen Behörden nicht an. Deshalb holte er von 2018 bis 2021 den Realschulabschluss nach. Währenddessen hatte er verschiedene Minijobs. „Ich habe immer gearbeitet, zum Beispiel als Verkaufshilfe oder als Versandmitarbeiter.“ Zusätzlich schloss er eine Ausbildung als Triebfahrzeugführer ab.

Seit 2023 ist er Versicherungsvermittler und Betreuer bei der Axa Versicherung in Eving. „Ich mag die Büroarbeit einfach. Der Beruf ist mir ans Herz gewachsen“, berichtet Omar Alfarhan. Sein Tagesablauf in Deutschland ist strukturiert. Auf die Frage, wie ein typischer Alltag bei ihm aussieht, antwortet er lachend: „Kaffee und dann ab zur Arbeit.“

Freundschaft statt Einsamkeit: „Ich habe hier mein Leben aufgebaut“

Trotz seines beruflichen Erfolgs lebt Omar Alfarhan in Dortmund allein. Seine Familie lebt weiterhin in Syrien und seit seiner Flucht hat er sie nicht mehr gesehen. Dennoch stehen sie in Kontakt.  Einsam fühlt er sich nicht: Er hat viele Freunde.

Seit 3,5 Jahren besitzt der Versicherungskaufmann Omar Alfarhan die deutsche Staatsbürgerschaft. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

„Ich bin ein sehr aktiver und neugieriger Mensch. Ich finde es auch wichtig, mit wem man sich umgibt. Von meinen Freunden konnte ich viel lernen – sie sind alle Akademiker.“

In seiner Freizeit spielt er außerdem Badminton, Frisbee und Fußball in der Freizeitliga Bochum. Und er geht dem deutschesten Zeitvertreib nach: Er geht gerne spazieren.

Seit dreieinhalb Jahren besitzt der Versicherungskaufmann die deutsche Staatsbürgerschaft – darauf ist er besonders stolz. „Ich fühle mich hier heimisch. Ich fühle mich als Deutscher.“ Auf die Frage, ob er jemals daran gedacht habe, nach Syrien zurückzukehren, antwortet er entschieden: „Nein, nie. Ich habe mit meinem Leben dort abgeschlossen.“

Mit Engagement gegen Vorurteile im „Projekt Ankommen“

Auf die Frage, ob er manchmal mit Vorurteilen konfrontiert wird, antwortete der Freizeitkicker: „Nein, eigentlich nie. Letztens ist etwas vorgefallen, aber der Betroffene hat sich entschuldigt. Sonst ist es einfach wichtig, engagiert zu sein, zu arbeiten und etwas aus sich zu machen. So kann man sich beweisen.“

Vor zehn Jahren sagte Angela Merkel: „Wir schaffen das.“ Omar Alfarhan blickt auf diese Worte mit Dankbarkeit zurück: „Uns wurde gesagt, dass wir es schaffen können – uns wurde Mut gemacht. Ich finde es wichtig, zu zeigen, dass man es schaffen will. Jetzt habe ich es auch geschafft.“

Mittlerweile engagiert er sich selbst ehrenamtlich im „Projekt Ankommen“, das Integrationshilfe leistet. Da er selbst viel Unterstützung erfahren hat, berichtet Omar Alfarhan: „Ich möchte dem Land etwas zurückgeben, mich engagieren und den Menschen helfen sich zu integrieren – so wie mir geholfen wurde. Damit auch sie es irgendwann schaffen.“


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